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80 Days - Die Farbe der Begierde: Roman (German Edition)

80 Days - Die Farbe der Begierde: Roman (German Edition)

Titel: 80 Days - Die Farbe der Begierde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vina Jackson
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gewesen, inmitten einem Wirbel von Farben, als wären wir die einzigen Menschen in den Straßen von New York und alle anderen nur unscharfe Schatten, einer so gesichtslos wie der andere.
    Wir gingen ein ganzes Stück den Broadway entlang, am Union Square vorbei, bogen ab zum University Square und vermieden den verblichenen Glanz und Glamour der Fifth Avenue. Als wir mein Haus erreicht hatten, war der Schmerz in meinen Füßen nahezu unerträglich geworden, trotz der beiden Bier, die ich zum Essen getrunken hatte, und der prickelnden Freude, neben Dominik herzugehen. Er hatte mich untergehakt, und zumindest in dieser Nacht und für den kommenden Tag schienen alle meine Sorgen weit fort.
    Dominik wusste es nicht, aber wir standen vor dem Haus, in dem ich mir eine Wohnung mit einem kroatischen Paar teilte. Marija und Baldo, zwei Blechbläser, spielten in meinem Orchester und waren abends meist unterwegs. Wenn sie mal daheim blieben, beherrschten sie die Wohnung mit den Geräuschen ihres Liebesspiels, dem schweren Atmen, dem Quietschen ihres Betts und Marijas Stöhnen, so laut, dass ich neidisch wurde, obwohl sie womöglich nur so tat. Eigentlich ging ich davon aus, dass die beiden ein Ehepaar waren, aber ganz genau wusste ich das nicht – wie auch immer, eine »wilde Ehe« war es bei den beiden so oder so. Vielleicht hatten sie sich auch gerade von ihren jeweiligen Partnern getrennt, eine mögliche Erklärung für ihre offenbar nie verlöschende Leidenschaft.
    »Ich könnte meine Geige holen«, sagte ich, »und mein Versprechen einlösen, noch einmal für dich zu spielen.«
    Dominik stand hinter mir. Er rückte näher an mich heran, sodass ich seinen festen Körper an meinem Rücken spürte. Zugleich strich er mir mit der Hand zärtlich an der Innenseite des Oberschenkels entlang.
    »Gerne. Ich warte hier, wenn du willst«, flüsterte er mir ins Ohr.
    Er klang ausgesprochen entspannt und ein bisschen amüsiert. Vor Aufregung zitterten meine Hände so sehr, dass ich ewig mit dem Schlüsselbund herumhantieren musste, bis es mir gelang, die Eingangstür aufzuschließen, und er genoss es offensichtlich, eine solche Wirkung auf mich zu haben.
    »Nein«, sagte ich, »komm mit rein. Es ist Samstagabend, meine Mitbewohner sind wahrscheinlich ausgeflogen. Wenn nicht, mache ich dich mit ihnen bekannt. Sie sind nett und haben nichts gegen Besuch.«
    Ich weiß nicht, wann ich zum letzten Mal einen Mann mit zu mir in die Wohnung genommen hatte. Weder Dominik noch Darren, der Typ, mit dem ich in London sechs Monate lang zusammen war, ehe ich Dominik begegnete, hatte mich zu Hause besucht. Und wenn ich solo war und mir mal einen Typen aufgabelte, bestand ich stets darauf, zu ihm zu gehen.
    Dabei konnte ich nicht einmal sagen, warum ich in dieser Hinsicht so zugeknöpft bin. Es ist mir wichtig, meinen Privatbereich zu schützen. Außerdem bin ich unordentlich und hasse das Pendlerdasein, darum lebe ich lieber in der teuren Innenstadt in einer kleinen, aber billigen Wohnung, als mir irgendwo in einem günstigeren Vorort etwas Größeres zu mieten und jeden Tag mit der U-Bahn fahren zu müssen. Ich hatte nur ein winziges Zimmer in dieser Wohnung im East Village; um mehr Platz zu haben, hätte ich nach Brooklyn umziehen müssen. Weil Marija und Baldo den Großteil der Wohnung für sich beanspruchten, zahlten sie gemeinsam auch zwei Drittel der Miete. In meinem kleinen Zimmer war nicht mehr als ein schmales Bett, ein Ständer mit all meinen Kleidern und den Schuhen darunter, einige Fotos von zu Hause und ein paar verstreute Bücher. Ich besaß weder einen Schreibtisch noch irgendein weiteres Möbelstück. Seit ich aus Neuseeland weggegangen war, hatte ich darauf geachtet, stets nur mit leichtem Gepäck zu reisen. So konnte ich ohne große Umstände überall mein Zeug zusammenpacken und weiterziehen. Wenn ich mehr Sachen habe, als in einen Koffer passen, werde ich nervös.
    Ich stieß die Wohnungstür auf, tastete an der Wand nach dem Lichtschalter und warf meine Handtasche auf die Küchenanrichte.
    »Hallo?«, rief ich, nahm Dominik bei der Hand und zog ihn hinein.
    In der Küche blieb er stehen und sah sich um. Ich klopfte leise an die Tür des Pärchens. Keine Antwort.
    »Sie sind ausgegangen.«
    »Gut«, sagte er. Er kam zu mir, griff mir ins Haar und zog sanft daran. Dann wirbelte er mich urplötzlich herum, sodass ich mit dem Gesicht vor dem Erkerfenster des Wohnzimmers stand, das auf den kleinen Gemeinschaftsgarten unseres Blocks

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