80 Days - Die Farbe der Lust
Herrin scheint durstig, und ich wollte vermeiden, dass der Champagner warm wird.«
»Oh, sie hat Talent«, sagte Clarissa an Victor gewandt. »Wann ist sie frei zum Gebrauch?«
»Heute Abend«, erwiderte er knapp.
»Ach, ich dachte, du wolltest sie morgen gemeinsam mit den anderen markieren.«
»Das hatte ich auch vor«, erklärte er. »Aber diese hier ist etwas Besonderes.« Er sah auf seine Uhr. »In zwei Stunden ist es so weit. Um sechs. Uns bleibt also noch genügend Zeit. Behalte sie doch bitte im Auge, Clarissa. Ich muss noch einige Vorbereitungen treffen.«
Victor nahm sein Telefon und zog sich in den Flur zurück.
»Entschuldigung«, sagte ich. »Ich komme gleich mit dem Whisky.«
Wie ich vermutet hatte, beachtete mich Clarissa nicht weiter, als ich am Barschrank verstohlen mein Handy einschaltete. Rasch überflog ich die Liste der verpassten Anrufe. Dominik hatte es zweimal versucht und eine Nachricht hinterlassen. Sie abzuhören war unmöglich, ebenso wenig konnte ich eine längere Antwort tippen, denn ich wusste ja nicht, wie schnell Victor zurückkehren würde. Deshalb schrieb ich nur eine kurze SMS : »Nachricht erhalten. Bin in NYC . Ruf mich wieder an. S.«
Blieb nur die Hoffnung, dass er es weiter versuchte.
Ich legte das Handy zurück in das Fach, klappte sorgfältig die Tür des Barschranks zu, schloss sie aber nicht ab.
Als Victor wiederkam, gab ich ihm den Schlüssel zurück. »Braves Mädchen«, sagte er. »Du wirst eine ausgezeichnete Dienerin abgeben, Sklavin Elena.«
»Ich kann es kaum erwarten, Herr.«
»Bald wird es so weit sein. Aber erst sollst du gebadet werden.«
Er schnipste mit den Fingern, und Cynthia kam zu ihm. Sie nahm meine Hand und führte mich durch den Flur in ein Schlafzimmer, in dem eine riesige, reich verzierte und bereits mit dampfendem Wasser gefüllte Badewanne stand. Eigentlich hatte ich irgendwelche Duftzusätze erwartet, doch ich sah weder Seife noch Badesalz auf ihrem Rand. Offenbar sollte ich mich so präsentieren, wie ich war, nur eben makellos sauber.
Ich ließ mich ins Wasser sinken, während Cynthia sich schweigend auf einen Hocker in der Ecke setzte. Sollte sie mich bewachen? Brauchte ich überhaupt eine Wächterin? War ich etwa eine Gefangene?
Nein, das konnte ich mir nicht vorstellen. Schließlich befand ich mich aus freien Stücken hier. Victor hatte zwar meine Kleider und mein Handy, aber nichts konnte mich davon abhalten, geradewegs aus der Tür zu marschieren und die Polizei zu rufen. Ich konnte aus voller Kehle schreien und die Nachbarn alarmieren. Keine der anderen hier dienenden »Sklavinnen« war in ihrem Bewegungsspielraum eingeschränkt. Sie waren freiwillig erschienen, um an einem sexuellen Rollenspiel teilzunehmen und dabei ebenso wie die Herrinnen und Herren ihre gar nicht so geheimen Fantasien auszuleben.
Ich dachte daran, dass Victor gesagt hatte, bei ihnen sei ich am rechten Platz, nirgends komme meine Schönheit so zur Geltung wie hier. Das hatte mich getroffen, obwohl ich nicht abstreiten konnte, dass eine gewisse Wahrheit darin lag. Sein Verhalten stieß mich zwar ab, doch zur gleichen Zeit erregte es mich auch. Er konnte meinen Geist in Bereiche lenken, wo für mich nichts mehr zählte, wo ich zwar körperlich gefesselt war, mich innerlich aber ganz frei fühlte.
Irgendwann ging die Tür auf. Victor. Er trug nun einen Smoking, in dem er aussah wie Danny DeVito als Pinguin in Batmans Rückkehr , und ich musste mir das Lachen verkneifen.
»Sklavin Elena«, sagte er. »Es ist Zeit für dich.«
Dominiks Flugzeug landete bei klarem Wetter auf dem JFK International Airport. In New York war es erst kurz nach zwölf Uhr Mittags – die Zeitverschiebung. Die Schlangen am Einreise-Schalter waren lang und bewegten sich nur zäh voran. Vielleicht hatte er einen ungünstigen Tag erwischt, offenbar waren alle Flieger aus Europa gleichzeitig gelandet, um ihre menschliche Fracht in den Flaschenhals des Terminals zu entlassen. Neunzig Prozent der Ankommenden waren keine US -Bürger, und die Einwanderungskontrolle war mit lediglich drei Uniformierten besetzt, die sich durch die Ungeduld der Wartenden kein bisschen zur Eile antreiben ließen.
Dominik hatte nur Handgepäck, kam deswegen aber auch nicht schneller voran, da sich die Gepäckbänder jenseits der Einwanderungskontrolle befanden.
Auf die Frage, ob er aus beruflichen Gründen oder als Tourist einreise, überlegte er kurz und entschied sich dann für Ersteres.
Logischerweise kam
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