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Autonomie zu vergrößern, abseits der Straßen und ausgetrampelten Rollenbilder.
Diese Frauen gab es nicht nur als PR- oder Magazin-Fantasie, sondern logischerweise auch in der Realität. So eine wie die promovierte Medizinerin Hedda Heuser, die mit 35 Jahren als jüngste Parlamentarierin 1962 für die FDP in den Bundestag einzieht. Die großgewachsene ehemalige Leistungssportlerin fordert ihre Zeit heraus. Früh plädiert die Medizinerin für eine unverklemmte Sexualaufklärung nach skandinavischem Vorbild. Das Life-Magazin macht sie mit einem großen Porträt in Amerika berühmt, die »Zeit« nennt sie daraufhin 1964 das »Glamour-Girl« der deutschen Politik. Fast ein wenig stereotyp wird in Porträts der Liberalenstets herausgestrichen, dass Frau Dr. Heuser einen Porsche fährt, modernen Goldschmuck trägt und einen Pelzmantel. In der biederen, keifend egalitären Bonner Republik war sie Botschafterin liberalen Freisinns und eine kultivierte Provokation zugleich. Hochtourig machte sie sich als Präsidentin des Ärztinnenverbandes daran, die Chancen für ein emanzipiertes Leben auch für ihre Kolleginnen zu erstreiten. Es ging um Teilzeitweiterbildung, Wiedereingliederung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sie raste durch ihr engagiertes Leben und in »Christophorus« gestand sie, dass sie gerne schnell fährt. Das passte nur zu gut.
Überraschend kommt der erste Katalog des Elfers, damals noch 901 genannt, auch ohne Mann am Steuer aus. Doch die blonde Dame, die wie eine schwäbische Doris Day in ihrem nachlässig androgynen Outfit zwischen karierten Koffern und Taschen vor der geöffneten Kofferraumhaube steht, wirkt eher wie die Ehefrau, die für den Wochenendtrip packt, als wie eine Amazone der Überholspur. Schon bei der Werbung für den 356er wird die Frau auf die Trophäe des Mannes reduziert. »Auf dem Tennisplatz sah ich neulich eine junge Dame mit fein geschnittenen Zügen«, ich-erzählte es 1960. »Bildhübsch gewachsen. An der Leine hielt sie zwei Windhunde. Und dann stieg sie in einen PORSCHE ein. Wunderbares Bild, sagte ich mir. Kann auch gar nicht anders sein: Rasse unter sich; sie verrät sich durch Schönheit und Qualität.« Da waren die Konsumenten weiter und besonders »Christophorus«-Chefredakteur Richard von Frankenberg, ein progressiver Adliger, achtete in seiner Regentschaft bis zu seinem Tod 1973 darauf, dass der bürgerliche Biedersinn zumindest in der Firmenzeitschrift nicht wucherte.
In der offiziellen Porsche-Kommunikation findet die Frauihren Platz auf dem Beifahrersitz, gerne den männlichen Fahrer bewundernd, oder beim Streicheln des Fahrzeugs als eine erotische Praktik an der automobilen Prothese des geliebten Mannes und Ernährers. Einen Tiefpunkt dieser bestenfalls archaischen Weltsicht bietet die Kommunikation zum Porsche Carrera RS, einem vermeintlichen Männerauto. Da heißt es in der Anzeige 1972: »Der Porsche Carrera RS: Nur 500 Männer werden ihn fahren.« Drei Jahre später ziert ein roter Lippenstift das Heck eines Carrera. Dabei identifizierten auch berühmte, zum Teil offen homosexuell lebende Frauen wie Jil Sander, Gräfin Dönhoff oder Martina Navrátilová im Elfer jene Freiheitsmöglichkeiten, die im egalitären Volksmund gerne noch als maskuline Vorherrschaft begriffen wurden. Der Schriftsteller Ralf Bönt, der 2012 mit »Das entehrte Geschlecht« ein umstrittenes Manifest für den Mann schrieb, freute sich, als ihn die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Ulm in einem Elfer vom Bahnhof abholte, um ihn zur Lesung zu fahren. Er: »Schicket Auto.« Sie: »Die Autos kauft mein Mann. Ist aber praktisch, hat nämlich Allrad.« Die Frau habe auch sonst Stil gehabt, ergänzt Bönt, der vor seinem Physikstudium eine Lehre als Kfz-Mechaniker gemacht hat. Für Bönt ist es nur eine Frage der Zeit, dass ihn bald mehr Frauen fahren als Männer, weil das wie einst das Rauchen als Zeichen der Emanzipation und der Freiheit gilt. Zudem verschieben sich die ökonomischen Realitäten. In den USA verdienten 2010 in der Gruppe der unverheirateten Kinderlosen unter 30 die Frauen schon 12 bis 25 Prozent mehr als die Männer.
Eine ebenso bedeutsame wie prägende Anfangsklientel waren Adlige. Der erste internationale Rallyetriumph in Gestalt eines Doppelsieges bei der Mittsommerrallye in Schwedenwar zwei blaublütigen Teams zu verdanken. Erbprinz Joachim zu Fürstenberg siegte mit Graf Berckheim und Prinz Fritzi zu Fürstenberg wurde mit Graf Hardenberg Zweiter. Die nächsten
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