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99 Särge: Roman (German Edition)

99 Särge: Roman (German Edition)

Titel: 99 Särge: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Xiaolong Qiu
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die Öffentlichkeit.
    Chen suchte Zhou im Internet. Zu seiner Überraschung waren mehrere Websites blockiert, deren Einträge sich mit dem Fall beschäftigten. Selbst von Seiten, die er öffnen konnte, ließ sich Material zum Fall Zhou nicht herunterladen; er bekam nichts als Error-Meldungen. Insgesamt fand er im Internet zu Zhou kaum mehr als eine Kurzfassung dessen, was in den offiziellen Medien über ihn berichtet wurde. Die Kontrolle des Internets war Chen zwar nicht neu, aber ihr Ausmaß und ihre Effizienz beunruhigten ihn.
    Chen wandte sich wieder dem leidigen Papierkram zu, der ihm alle Energie raubte. Er massierte sich die Schläfe zunächst mit einem, dann mit beiden Fingern, und sein Blick wanderte zu der vergilbten Ausgabe des Diamant-Sutra , eine buddhistische Schrift, die seine Mutter ihm geschenkt hatte. Darin wurde man belehrt, dass alles in dieser Welt des roten Staubes Illusion sei und man sich an nichts binden und sich im Loslassen üben solle. Er fragte sich, ob er wohl die Zeit finden würde, heute Nachmittag bei seiner Mutter im Krankenhaus vorbeizuschauen.
    Er wollte das Buch eben zur Hand nehmen, als Hauptwachtmeister Yu, ohne anzuklopfen, hereinplatzte.
    Yu war sein langjähriger Partner und Freund. Genaugenommen war Chen nach wie vor Leiter der Sonderkommission, aber da er häufig unterwegs war, hatte Yu praktisch die Leitung der Abteilung inne.
    Es war nicht das erste Mal, dass Yu das neue Büro betrat. Dennoch glitt sein Blick über die imposante Ausstattung, bevor er den großen 25-Zoll- LCD -Bildschirm auf Chens Schreibtisch eines Kommentars würdigte.
    »Dieselbe Größe wie der von Parteisekretär Li, Chef.«
    »Du bist doch wohl nicht gekommen, um mir das zu sagen, oder?«
    »Nein, Peiqin hat gerade angerufen und gefragt, ob du am Wochenende zum Essen kommst.«
    Yus Frau Peiqin war eine wunderbare Gastgeberin und Köchin. Sie hatte Chen schon oft mit ihren Kochkünsten verwöhnt.
    »Gibt es einen Anlass?«
    »Wir feiern, dass Qinqin die Aufnahmeprüfung für die Fudan-Universität geschafft hat. Wir hätten das eigentlich schon vor einem Monat tun sollen.«
    »Das ist tatsächlich ein Grund zum Feiern. Der Besuch einer so ausgezeichneten Universität wie der Fudan sichert ihm gute Chancen für die Zukunft. Aber wegen des Wochenendes bin ich mir nicht sicher, da muss ich erst im Kalender nachsehen. Ich sage dir dann Bescheid.«
    »Wäre schön, wenn es klappt. Außerdem hat sie gesagt, du könntest gern jemanden mitbringen.«
    »Nicht schon wieder!« Chen wusste genau, was damit gemeint war – er sollte eine Freundin mitbringen. »Peiqin ist ja noch schlimmer als meine alte Mutter.«
    »Übrigens habe ich Wei heute Morgen im Großraumbüro getroffen. Er sei mit einem Fall betraut worden, sagt er, aber eigentlich solltest du diese Ermittlungen führen.«
    »Welchen Fall meint er denn?«
    »Ein Parteifunktionär, der während eines shuanggui Selbstmord begangen hat.«
    »Ach, den. Wir arbeiten gemeinsam an dem Fall, aber ich fungiere nur als Berater.«
    »Wieso das? Vermutet man etwa, dass da nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist?«
    »Wahrscheinlich ist es nur eine Formsache«, erwiderte Chen. »Wo wir gerade dabei sind, was weißt du über die Marke 95 Supreme Majesty?«
    »Hast du denn nie eine geraucht?«
    »Habe nur davon gehört.«
    »Aber die Marke Panda kennst du doch.«
    »Ja.«
    »In den Achtzigerjahren wurde diese Marke für Deng Xiaoping hergestellt – und zwar exklusiv für ihn. Die besten Zigaretten der Welt.«
    »Und davor gab es die Marke China, exklusiv für Mao«, sagte Chen und nickte. »Im alten China nannte man ein solches Produkt gongpin – dem Kaiser vorbehalten.«
    »Heutzutage kann man sowohl China als auch Panda auf dem freien Markt kaufen, sofern man es sich leisten kann. Deshalb produziert mittlerweile jede Provinz ihre Spezialmarke für die führenden Kader in der Verbotenen Stadt, und 95 Supreme Majesty ist eine davon, sogar noch teurer als die Marken China und Panda.«
    »Ja, das leuchtet ein. 95 Supreme Majesty – allein schon der Name. Die Anspielung auf den Kaiser macht Eindruck in einem Zeitalter des ostentativen Konsums.«
    »Aber was haben die Zigaretten mit dem Fall zu tun?«
    »Zhou wurde angeprangert, weil im Internet ein Bild auftauchte, auf dem er eine Packung 95 Supreme Majesty vor sich liegen hat.«
    »Interessant, ich erinnere mich, dass Peiqin davon erzählt hat: Ein Parteikader, der interniert wird, erkennt die Zeichen an der Wand

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