99 Särge: Roman (German Edition)
an jenem Abend keineswegs depressiv oder anders als sonst. Die Verpflegung war gut, und er scheint seinen Appetit nicht verloren zu haben, denn er hatte zum Abendessen bereits eine große Portion Bratreis nach Yangzhou Art zusammen mit einer Rinderbrühe verzehrt. Drei Stunden später ließ er sich dann die Nudeln aufs Zimmer bringen.«
Allmählich dämmerte es Chen. Die Behörden hatten Zhous Tod von Anfang an als Selbstmord darstellen wollen, der unter diesen Umständen ja durchaus plausibel erschien. Chen würde also, abgesehen von seiner Beratertätigkeit, kaum etwas zu tun haben. Andererseits konnte ein derartiger Vorfall, ein Mord während der Internierung durch die Partei, für die Stadtregierung unangenehme Fragen aufwerfen. Dennoch schienen Hauptwachtmeister Weis Ermittlungen in genau diese Richtung zu deuten. Dies offenzulegen wäre keinesfalls im Interesse der Partei. Deshalb verweigerte Jiang die Kooperation.
Aber Wei war Polizist. Es war seine Aufgabe, in alle Richtungen zu ermitteln. Und Chen war ebenfalls Polizist.
Nachdem Hauptwachtmeister Wei das Büro verlassen hatte, brütete der Oberinspektor lange über seinen Notizen, bevor er zum Hörer griff und Yu anrief.
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Peiqin war allein zu Hause und las einen Blogeintrag über vergiftetes Schweinefleisch, das auf den Markt gelangt war. Wie immer versuchte sie, sich nicht über Politik aufzuregen, sondern sich mit den kleinen, aber wichtigen Belangen zu befassen, die ihre Familie unmittelbar betrafen.
Der Blog war überschrieben mit »Schweinemäster essen kein Schweinefleisch«. Er enthüllte die schockierende Tatsache, dass die meisten Schweine mit einer Futtermischung gemästet wurden, die unter anderem Hormonzusätze enthielt, damit die Tiere schneller wuchsen, außerdem Schlafmittel, damit sie den ganzen Tag schliefen und kein Gewicht verloren, sowie Arsen, das sie rosig und gesund erscheinen ließ. Zu den Zusätzen zählten auch gängige chemische Verbindungen wie Ractopamin und Clenbuterol, auch unter dem Namen Magerfleischessenz bekannt. Sie machten es den Bauern möglich, trotz geringerer Futtermenge mehr mageres Fleisch zu produzieren. Um die Folgen für die Verbraucher kümmerten sich die Schweinemäster nicht. Für ihren privaten Konsum hielten sie ein oder zwei Schweine, die sie mit natürlichem Futter aufgezogen.
Frustriert hämmerte Peiqin mit der Faust auf den Tisch und fragte sich, wie verlässlich solche Informationen waren. Sie hatte tatsächlich den Eindruck, dass das Schweinefleisch heutzutage anders schmeckte als früher.
Es hieß, dass für hochrangige Kader ausreichend Schweinefleisch und andere Fleischsorten aus organischer Aufzucht zur Verfügung stünden, die zwar wesentlich teurer waren, aber über das Spesenkonto abgerechnet wurden. Einfache Leute wie Peiqin und Yu konnten sich solche Produkte natürlich nicht leisten.
Und nicht nur das Schweinefleisch war vergiftet, überlegte Peiqin, als sie aufstand, um sich eine Tasse Tee einzuschenken. Gemüse wurde mit DDT besprüht, Fische in kontaminiertem Wasser aufgezogen und sogar die Teeblätter – zumindest manche – waren angeblich mit grüner Farbe behandelt. Misstrauisch starrte sie in ihre Teetasse.
»Was ist los mit China?«
Natürlich standen solche Artikel nicht in Tageszeitungen wie der Wenhui. In den offiziellen Medien fand man nur Berichte über das großartige moderne China; die Behörden wollten den Anschein einer harmonischen Gesellschaft erwecken und ließen daher keine negative Berichterstattung zu. Es blieb Peiqin also nichts anderes übrig, als sich der wachsenden Zahl von Netzbürgern anzuschließen, die sich ihre Informationen aus dem Internet holten. Dort gab es trotz staatlicher Kontrolle immerhin Artikel, die nicht so stark gefiltert waren.
Peiqin benutzte einen Computer, den Qinqin ihr überlassen hatte. Die Rechner auf dem Campus waren wesentlich schneller, und Qinqin arbeitete meist dort. Wenn er an den Wochenenden nach Hause kam, überprüfte er bloß seine Mailbox oder unterhielt sich mit Computerspielen. Peiqin konnte seinen Computer unter der Woche nach Belieben benutzen.
Plötzlich hörte sie Stimmen und Schritte, die sich der Tür näherten.
Als sie öffnete, stand dort zu ihrer Überraschung nicht nur Yu, sondern auch Chen.
»Welcher Wind hat dich denn heute hergeweht, Oberinspektor Chen!«
»Er hat mit mir über den Fall gesprochen«, erklärte Yu. »Wegen der Suche im Internet. Da habe ich ihm erzählt, dass du ein
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