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Aasgeier

Aasgeier

Titel: Aasgeier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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immer der Reifenspur nach, bog über die Wiese ab und steuerte auf eine Felsgruppe zu, von der aus das ganze Tal zu überblicken war. Wir setzten uns, und Bobby kicherte wieder in sich hinein.
    „Hab gestern Abend schon dein Staunen gesehen“, grinste er. „Zorbian ist auch ganz traurig, wenn er überlegt, wie seine alte Ranch auf den Hund gekommen ist. Der war schon ewig nicht mehr hier. Kann keine White-Power-Arschlöcher leiden, der alte Bursche. Behauptet immer, sie erinnern ihn an George Lincoln Rockwell und seine American Nazi Party Schläger aus den Sechzigern. Die haben ihn mal unten bei sich zu Hause überfallen, haben ein paar seiner Chinesen krankenhausreif geschlagen und wollten ihm die Bude anzünden. Seither kann er Nazis nicht ausstehen.“
    „Und warum ist hier dann alles voll von dem Zeug?“
    Er hatte die Frage natürlich erwartet. „Überleg mal. Wie könnten wir hier in den letzten Jahren unbehelligt unserem Geschäft nachgehen, wenn die Leute in der Gegend nicht Angst hätten, sich selbst zu bedienen?“ Leuchtet ein. Ich hatte mich auch schon gewundert, wie das ging. Ob die alten Knaben wohl Selbstschussanlagen montiert hatten.
    „Als die Banden in der Gegend auftauchten, weil Marihuana plötzlich für sie interessant wurde, hat Zorbian diesen Spinnern aus Cornwall, diesen Nazi-Ärschen, hier eine Versammlungsstätte eingerichtet. Hat denen sogar was von Heiligem Grund und arischem Erbe vorgefaselt. Die durften die Bude dekorieren und sie als Hauptquartier benutzen. Und im Saal gegenüber können sie saufen und sich kloppen. Dafür müssen sie garantieren, dass hier oben alles ruhig bleibt, keiner in unseren Feldern wildert und die Bullen einen großen Bogen machen. Klappt prima. Mit den Bullen stehen die doch auf bestem Fuß, die Mexikaner haben Angst vor denen, und die Kiffer hüten sich, hier in der Gegend herumzuturnen. Denn unsere Hausnazis sind da unerbittlich. Alle knasterprobt, alle strohdumm und alle überzeugt, die Vorhut des Vierten Reiches zu sein.“ Bobby konnte nicht aufhören, zu grinsen. Ich fand die Geschichte zum Kotzen, sagte ihm das auch.
    „Logisch; hör mal, meinst du, ich hätte eine ungetrübte Freude daran? Besonders, nachdem uns jemand den Jimmy vor die Haustür warf? Ich habe die Hose voll, kann ich dir sagen, aber diese Affen werden wir doch nicht mehr los. Also konzentrieren wir uns nun darauf, soviel wie möglich aus dem Grundstück rauszuholen, und wenn es mal knallt, einfach alles liegen zu lassen und uns davon zu machen.“
    Klar. Die Geister, die ich rief, was? „Sind das also eure Kettenhunde.“
    „Kettenhunde, genau. Ich habe mir im Knast den Oberkettenhund gekrallt, habe mich von dem beschützen lassen. Dafür hat ihm Zorbian diese Bude versprochen und hat sein Versprechen natürlich peinlichst genau gehalten. Der Gründervater des Vereins ist inzwischen zwar heim zu Wotan gegangen – hat beim Raubüberfall auf einen Minimarkt nicht aufgepasst, und der indische Pächter hat die Schrotflinte unter der Theke fassen können und hat ihm durch die Holzverkleidung den Goldenen Schuss verpasst – aber seine Nachfolger sind genauso dämlich und genauso gefährlich. Wie ein guter Kettenhund greifen die alles an, was sie stört. Ich stelle dich nachher vor – du brauchst wirklich keine Angst haben. Hier oben kommt keiner an dich ran.“
    Na gut. Mir war nicht wohl dabei, aber er hatte recht. Solange keiner an mich rankam, war ich hier vor Macmillan sicher. Und das war wichtig.
     
    Wir standen bei den Findlingen und schauten zur höchsten Stelle des Paso Robles Highway, hinunter ins zerklüftete Tal und aufs Meer in der Ferne. Wunderschön, trotz der Autoleiche, die mit himmelwärts gereckten Rädern an der tiefsten Stelle der keilförmig aufgerissenen Erdbebenspalte lag. Das Gras war schon seit Monaten braun, aber die Kühe am Hang taten, als könne es nicht grüner sein. Wie man´s gewohnt ist, nehme ich an. Über dem Wäldchen am gegenüberliegenden Hang kreiste ein Milan, von sehr weit her war Hundegebell zu hören und aus dem lichten Wald hinter den Findlingen ertönte urplötzlich ein Gebrüll. „Kompanie halt!", brüllte einer, und „Links um!“ und dann kamen fünf uniformierte Herren im Gänsemarsch auf die Lichtung. Sie trugen Kackbraun hochgeschlossen, glänzende Reitstiefel und schwitzten alle furchtbar. Vor ihnen, seitlich etwas versetzt, marschierte ein Herrchen, das die Beine fast tänzerisch hochwarf. Mit jedem Schritt in Gürtelhöhe.

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