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Aasgeier

Aasgeier

Titel: Aasgeier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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mal“, schlich sich ein pampiger Ton ein. „Eure seltsame amerikanische Moral blendet dich, Kleiner. Ihr überfallt fremde Länder, bringt ganze Völkerstämme um und finanziert den Mord durch die Drogengeschäfte eures Geheimdienstes, alles im Namen eines selbst gestrickten Fundi-Christentums und einer Freiheit, die nur den Reichen was bringt. Bestraft eure Tabakfirmen durch gewaltige Strafsteuern, damit die ihre Zigaretten nicht im eigenen Land verkaufen, aber der gleiche Gesetzgeber gibt ihnen Milliardensubventionen und Exportförderung, wenn sie die Stängel ins Ausland verscheuern. Und dann sperrt ihr Leute ein, die friedlich einen durchziehen wollen. Lasst nicht mal die unablässig beschworene Demokratie gelten – wenn Wählermehrheiten die Legalisierung Marihuanas beschließen, kommt euere Bundesjustiz und erkennt die Wählerentscheidung einfach nicht an. Fast die Hälfte eurer acht Millionen Bürger, die entweder einsitzen oder auf Bewährung draussen sind wurden wegen Marihuanabesitzes verknackt. Dass sich da keiner mehr an die Gesetze hält, ist doch logisch. Weshalb ich mich in meinem Gewerbe pudelwohl fühle“.
    Mensch, na ja. Aber die Ausrede war doch abgedroschen. Ich kannte die Tour – hatte als studentischer Dopeanbieter sehr ähnlich argumentiert. Weil es gut klang. Aber im Prinzip war´s ein Scheißdreck. Shit wächst in unseren Breiten wild, da braucht sich der Gärtner nichtmal groß anstrengen. Etwas gießen, beizeiten die männlichen Pflanzen aussortieren, dass sie nicht die weiblichen versauen, bisschen zurückschneiden und auf den September warten. Mehr war nicht dran. Und wer in die Berge ging, wer dort kultivierte, der konnte darauf hoffen, eine schicke Ernte völlig umsonst sein eigen zu nennen. Sofern Drogenpatrouillen im Sheriffshubschrauber die Plantage nicht entdecken, Hiker nicht drüberstolpern, die böse Konkurrenz nicht die Pflanzen klaut und Förster nicht mit der entsicherten Knarre auf den Hobbybotaniker lauern. Dass deshalb nur Leichtsinnige oder Mutige anbauen, leuchtet ein, dass viele einfach das Fertigprodukt kaufen und sich dadurch die Risiken des Ertapptwerdens ersparen, treibt die Preise nach oben. Was ich ihm auch sagte.
    „Hast recht, Jon. Natürlich. Geld spielt eine große Rolle – wer will schon arm ins Gras beißen? Aber davon abgesehen – ich weiß, dass meine Ware keinem schadet, dass sie weder abhängig noch krank macht, denn ich verarbeite und verkaufe nur das Beste. Keine Zusätze, alles Natur, und auf schonendste Weise getrocknet, ehrlich gewogen und luftdicht verpackt. Das ist Qualität, mein Lieber! Nicht der zehnmal verlängerte Mist, den du auf dem Schulhof verscherbelt hast!“
    Nicht gerade Schulhof. Campus. An Volljährige.
    „Siehste, jetzt bist du schon in der Defensive. Macht alles euere Verlogenheit. Ihr Superchristen, ihr Überdemokraten“.
    Ich war nicht ganz überzeugt, aber ich wollte wirklich nicht mit ihm streiten. Wir einigten uns darauf, dass er sein Ding macht und mir keine Scheiße erzählt.
    „Also gut, abgemacht. Und nun sprechen wir nicht mehr darüber“. Themenwechsel. Er forderte mich auf, den Verlauf der letzten Wochen so genau wie möglich zu schildern. Was ich auch tat.
     
    Die Sonne war schon lange untergegangen, als ich mit dem Erzählen zu Ende war. Ignacio hatte still zugehört – der war ja an allem irgendwie beteiligt, hatte immer eine Rolle gespielt und wusste daher, was mir widerfahren war. Winston dagegen was alles neu. Der schwieg, als ich mit der Story fertig war.
    „Schöne Scheiße,“ war endlich sein etwas überflüssiger Kommentar. Logisch, schöne Scheiße. Das merkte ich jeden Tag seit einem Monat. Große Scheiße.
    „Du weißt ja, dass die Witwe Moreno einen neuen Geschäftspartner hat, oder?", fragte er aus heiterem Himmel.
    „Wusste ich nicht. Die gibt´s also noch. Ist sie noch immer im Santa Maria Valley?“
    Kam mir irgendwie unwahrscheinlich vor. Das war alles so lange her, dass ich schon halb vergessen hatte, welch riesige Verteilerzentrale der Moreno mitten in den Weinfeldern aufgezogen hatte, clever durch seinen Landgasthof getarnt, sodass seine Abnehmer in der Schar seiner Gäste untergingen. Ein derartiges Kommen und Gehen war das im beliebten Landgasthof, dass ein paar Autos mehr überhaupt nicht aufgefallen waren. Deshalb hatte auch so lange niemand etwas gemerkt.
    Winston nickte nur.
    „Und was macht sie nun?“
    „Mir Konkurrenz. Wenn du´s genau wissen willst. Der Moreno war

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