Aasgeier
massiven Auto zusätzlich Flügel verlieh. Habicht Nummer Eins wirbelte am Volant, Habicht Nummer Zwei glotzte rundum, während er sich mit der Hand am Dach gegen die Fliehkraft stemmte. Winston saß riesig in der Rücksitzmitte und schien sich zu amüsieren, den fliegenden Dreadlocks nach. Der Cop hinter uns war über dem Reifengekreische nicht mehr zu hören.
Zehn Minuten später rollten wir den Freeway entlang nach Süden, immer die vorgeschriebene Geschwindigkeit einhaltend, so unauffällig wie möglich. Bei Victorville verließen wir den Freeway, fuhren noch ein Stündchen über die stillen Wüstenhighways 395 und 58 nach Mojave und hielten am Flughafen. Winston kam zum Jeep, fand auf den schmalen Rücksitz Platz und meinte, er würde mich zu unserem Ziel lotsen. Seine Leute bogen hinter mir auf die Straße und folgten in gebührendem Abstand.
Wir rollten durch ein offenes Zauntor und waren plötzlich auf einem der größten Flughäfen Kaliforniens. Hunderte Jets aus aller Welt standen hier eingemottet, manche schon seit Jahren. Die Stadt Mojave ist einer der trockensten Flecken der USA und somit der Welt, und die Flughafenbetreiber hatten die Not zur Tugend gemacht. Denn ursprünglich sollte ihr neuer Flughafen die Großstadt Los Angeles bedienen, aber Fluggäste lehnten eine Zweistundenfahrt in die heiße Wüste dankend ab. Lieber die beiden Stunden vor dem alten innerstädtischen LAX-Flughafen im Freewaystau verbringen. Also flog von hier aus kaum ein Verkehrsflugzeug, aber Hunderte standen herum, warfen Millionen an Standgebühr ab und warteten auf ihren Einsatz, sobald sich irgendwelche Umstände besserten. Hier oben rosteten sie nicht. Zu trocken.
Wir fuhren an einer elend langen Reihe Vierstrahliger vorbei, bis Winston mich anhalten ließ. Hinter den Riesen standen kleinere Frachtflugzeuge, und zu einem von ihnen gingen wir nun.
„Gehört mir", ließ Winston wissen, als er die Ladetür der Zweimotorigen aufschloss und die Rampe am Heck hydraulisch senkte. Ignacio und ich folgten ihm in den Bauch der Maschine, während die beiden Habichte unten blieben und uns vermutlich beschützten.
Alles machte einen frischen, professionellen Eindruck. Nicht als Wochenendvergnügen normalerweise eingemottet, sondern auf Kommando einsatzbereit. Aber was wusste ich schon von Flugzeugen?
„Hast recht“, stimmte Winston zu. „Ich kann jederzeit damit losfliegen, und muss es auch oft. Sie wird von meiner eigenen Firma in Kingston gewartet, schön in Schuss gehalten und ist immer betriebsbereit. Ich setze sie normalerweise auf kürzeren Strecken ein, aber gelegentlich fliege ich doch von Jamaica hierher.“
„Einfach so, aus Spaß?“ Kam mir verschwenderisch vor.
„Klar, aus Spaß, und wenn möglich, mit etwas Business gekoppelt. Ich fliege nun mal für mein Leben gern.“
Verstehe ich, sowas. Ich surfte mal für mein Leben gern. Fuhr für mein Leben gern Harley, liebte mein altes Cadillac Cabrio. Alles futsch. Alles hin.
„Business?“ musste ich dämlich fragen.
Winston schaute mich prüfend an. Dann merkte er, dass die Frage nicht sarkastisch gemeint war, dass ich keine Witze machen wollte. Ich wusste wirklich nicht.
Er lachte etwas freudlos. „Kleiner, sag nur, du weißt nicht, dass ich das beste Marihuana der Welt verkaufe. Frisches Gras aus Saint Ann´s in den Bergen Jamaicas, bombiges Marihuana aus dem Hochland Kolumbiens, einheimisches Dope aus kalifornischem Anbau. Hast du echt nicht gewusst?“
Ich schüttelte nur den Kopf. Was soll man da sagen. Gratuliere?
Also saßen wir drei Freunde da und waren verlegen. Ich wegen Blödheit, Ignacio, weil sich nicht gehört, dass der beste Freund eines Priesters mit Ganja handelt, und Winston, weil er annahm, dass jeder wusste, dass er das beste Marihuana der Welt vertrieb.
Au, Mann. Heute lief aber auch alles schief.
14 Dope
Winston haute mir die Pranke auf den Rücken und grinste mich wieder an, wenn sein Grinsen auch etwas bemüht wirkte. „Ist ein prima Geschäft, Amigo. Mit Dope kenne ich mich aus, Dope tut keinem weh,“ – ich hatte da meine eigene Meinung, wollte aber keinen Streit anfangen – „und man muss sehen, wo man bleibt.“
„Entschuldige, dass ich ein bisschen naiv bin, aber ich wusste wirklich nicht...“ Mann, war mir das peinlich. Ich merkte selbst, wie dünn meine Lippen geworden waren als ich erfuhr, wie er sich ernährte. Wäre mir früher nicht passiert. Man wird älter.
„Hör
Weitere Kostenlose Bücher