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Aasgeier

Aasgeier

Titel: Aasgeier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter J. Kraus
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genossen. Und einen Haufen Geld verdient.“
    „Viel gemalt, was? Kann ich mir vorstellen, in der Einsamkeit.“
    „Quatsch, keinen Pinselstrich habe ich getan. Nee, komm mal mit. Ich zeige dir was.“
    Ich ging neben ihm über den Hof, ins hintere Ende des Tales, wo er in eine durch Büsche versteckte Höhle eintrat. Ich musste mich bücken, um durch die niedrige Öffnung zu kommen und staunte, als ich neben ihm stand. Die Höhlendecke wölbte sich in vier oder fünf Metern Höhe, von links fielen Lichtstrahlen in die Dunkelheit und als wir dem Licht folgten, kamen wir ans Meer zurück. Sahen es durch einen mächtigen Bogen, der im Laufe der Jahrtausende vom Wellengang in den Berg gefressen wurde. Das Wasser donnerte im engen Raum, doch wo wir standen war es ruhig. Eine Jolle lag neben uns auf dem Sand, ohne Segel, dafür mit einem kleinen Außenborder. „Ab und zu fahre ich ein paar hundert Meter raus und angele,“ sagte er nebenher. Was für ein Leben! Mann, Rentner sollte man sein.
     
    Zorbian zeigte auf eine verfaulende hölzerne Plattform. „Damit habe ich ein Schweinegeld verdient – mit Chinesen. Alkoholschmuggler haben die Anlegestelle gebaut, und nach Aufhebung des Alkoholverbotes 1933 waren die zu dämlich, andere Konterbande zu suchen. Also habe ich wegen des geheimen Hafens das Canyon gekauft, habe mein Haus und die umliegenden Hütten gebaut und jede Woche eine Fuhre Chinesen hergebracht.“
    „Wieso Chinesen?“ Ich dachte, der benutzte irgendeinen Fachausdruck für Opium oder so. Aber nein.
    „Na, Chinesen. Gelbe. Von Schanghai. War doch Einreiseverbot für Asiaten, und viele hatten Familie hier, Männer oder Frauen, und durften nicht zu denen ziehen. Also brachte fast jeder Frachter, der in Schanghai eine Ladung aufnahm, schwarz einige Chinesen mit. Und die habe ich hier draußen übernommen. Nie viele, immer nur drei oder vier auf einmal, aber regelmäßig. Na, und die haben mir dann hier die Viecher versorgt und den Rasen getrimmt, bis der Verwandte ankam, mir meine Kohle brachte und seine Leute mitnahm.“ Er grinste mich an. Ein Menschenhändler. Na, prost Mahlzeit.
    „Und das ist nie aufgefallen? Hat keiner gemerkt?“ Konnte ich kaum glauben. So einsam war´s ja nun auch wieder nicht.
    „Der Sheriff und ich haben halbe-halbe gemacht. Der wusste, dass die nicht hierbleiben, in seinem Revier. Die sind doch alle nach San Francisco oder Los Angeles weitergereist, manche kamen sogar aus Chicago hier an, um jemanden abzuholen. Für den Sheriff war´s ein schönes Zubrot und ich habe einiges auf die hohe Kante gelegt.“
    Er gackerte. „Eine habe ich sogar mal geheiratet“, erinnerte er sich. „Die hatte einen Narren an mir gefressen, und als wir mal zusammen in San Luis waren, hielt uns ein Polizist an. Der hatte Lunte gerochen, weil sie kaum Englisch konnte. Da habe ich sie als meine Frau ausgegeben. Was der natürlich nicht glaubte. Also habe ich ihm gesagt, er solle mal beim Priester von San Fermin anrufen, der alten Dorfkirche bei Piedras Blancas. Der Padre soff oft bei mir. Na, und der hat ihm die Geschichte natürlich am Telefon bestätigt. Als wir beide wieder bei mir ankamen, stand der Padre schon vor der Haustür und bestand darauf, uns zu trauen. Natürlich war er besoffen. Wollte unbedingt, dass wir heiraten, damit er nicht gelogen hat. Also haben wir uns hingestellt und Ja gesagt und uns dann drei Tage lang volllaufen lassen. Wir hätten noch länger gefeiert, aber ihr Onkel kam und hat sie abgeholt. Ich habe sie nie wieder gesehen und weiß bis heute nicht, wie sie hieß.“
    „Mrs. Zorbian, nehme ich an.“
    Er stand nicht auf Scherze. Schaute mich prüfend an, zuckte die nackten Schultern, sagte „ahh, fuck it,“ und stapfte Richtung Küche. Ich hatte genug vom Herumsitzen und klopfte bei Bobby.
    Der war mitten in der Arbeit und nicht geneigt, sich mit mir zu unterhalten. Also ließ ich ihn an seinem überlangen Tisch sitzen, zog Schuhe an und ging erstmal spazieren. Unterhalb der Klippen am Meer entlang, bis ich zu einem kaum sichtbaren Pfad kam. Dem folgte ich, stieg die Steilwand empor, genoss den Blick aufs Wasser und war zehn Minuten später auf Straßenhöhe. Der Highway verlief hundert Meter von hier, etwas unterhalb der Weide. Gelangweilte Kühe grasten unter Krüppeleichen. Stiere waren nicht zu sehen, also stakste ich über die Wiese, immer darauf bedacht, nicht in Kuhscheiße zu treten.
     
    Die Straße ist meist wenig befahren, denn sie ist trotz ihrer

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