Aasgeier
doch auf die Ranch – da sind wir garantiert unter uns. Können in der Gegend herumlaufen und uns unterhalten. Die Kleine stört sicher nicht.“ Er war nicht weiter erstaunt, als ich erzählte, wie sehr die Süße abgeschifft hatte. „Kommt bei diesen Weibern dauernd vor,“ war sein einziger Kommentar. Na gut.
Wir stiegen in die Autos und fuhren zurück zur Ranch. Winston schüttelte den Kopf und zeigte durchs Rückfenster auf die beiden kaputten Löwen als sein Fahrer die Einfahrt passierte und auf der langen Zufahrt zur Akademie Gas gab.
Er stellte die Limousine hinter dem lang gezogenen Bau ab, wo sie von Näherkommenden nicht gesehen werden konnte. Ich parkte den Jeep daneben. Dann gingen wir zum Haus.
Winston wusste noch, wie man die Küchentür auch ohne Schlüssel aufmachte. Er ging durch Küche und Wohnzimmer zur Haustür und ich ließ Ignacio den Vortritt. „Nicht unbedingt empfehlenswert, hier zu tagen,“ grinste der Rastafarian. Es stank nach Staub, es roch alt, ein Skunk oder eine Ratte verweste irgendwo. Die Bude war seit Jahren nicht bewohnt. Entweder hatten die Erben des krummen Rechtsbeistandes Sammy Sheerstein JD keine Ahnung vom Grundbesitz, den ihr Erblasser kurz vor seinem gewaltsamen Ableben noch gekauft und bar bezahlt hatte, oder sie wollten nichts damit zu tun haben. Wir schauten in die unteren Räume – immerhin wohnte Winston viele Jahre hier, Ignacio war einst drauf und dran, hier einzuheiraten, und mich hätte um ein Haar das gleiche Schicksal ereilt. Wir hatten also unseren Bezug zum Haus.
Allerdings war der Trennungsschmerz von kurzer Dauer. Der Gestank wurde umso penetranter, je länger wir hier drin waren. Ich hielt den beiden Freunden wieder höflich die Tür auf – der Jüngste im Bunde weiß schließlich, was sich gehört – und folgte ihnen auf den Hof.
Winston strebte dem Trailer zu, in dem ich einen Teil meines Vormittags verbracht hatte. Die eklige Süße schlief wohl, denn sie hatte sich nicht gemeldet, trotz des Radaus, den wir gemacht hatten. Er zog die Aluminiumtür auf und blieb wie angenagelt stehen. Eine blonde Mähne fiel aus dem Türspalt an seinem Knie vorbei und landete mit einem dumpfen Aufschlag vor seinen Füßen. Ihre schmuddlige Bluse hing in Fetzen von ihrem einst so schönen Busen, die linke Gesichtshälfte, die sie nach oben streckte, war voller Blut. Die Süße war offenbar mausetot.
Im Nu standen die Habichte auf dem Treppchen, Pistolen im Anschlag, und schauten uns böse an. Winston fegte sie mit einer Handbewegung weg.
Der Rasta bückte sich zu der Blonden hinunter und suchte vergeblich ihren Puls. Er stieg über ihren Körper hinweg, verschwand ins Innere des Anhängers und kam gleich darauf wieder hinaus. Er nahm die Tote, richtete sie halb auf und warf sie in die Dunkelheit der Behausung. Dann zog er die Tür zu. „Fahrt hinter mir her", befahl er.
Die beiden Rattigen feuerten die Lincoln Limousine an, machten einen großen, staubigen Bogen und beschleunigten die Einfahrt hinunter. In der Ferne sah ich einen rotierenden blauen Scheinwerfer. In dieser Wüste sieht man meilenweit. Wenn das die Bullen waren, wenn sie hierher kamen, waren wir dran. Aber gewaltig.
Der Fahrer riss das Steuer des Lincoln herum und sauste mit Vollgas den schmalen Asphaltstreifen entlang, der uns zehn Meilen weiter direkt zum Überlandhighway bringen würde. Ich immer hinterher. Der Jeep war wirklich einsame Spitzenklasse, hielt mit dem dicken Achtzylinder ohne Murren Schritt und hatte sicher noch einiges zu bieten, wenn Gelände angesagt war. Ich musste grinsen, als ich Ignacio sah. Der hielt sich krampfhaft am Windschutzscheibenrahmen fest und schaute verbissen nach vorn. Er warf mir einen schnellen Blick zu und musste über sich selbst lachen.
Hinter uns hörte ich abgerissene Sirenentöne, aber ich bezweifelte, dass der Cop näherkam. Denn wir hatten eine für kalifornische Verhältnisse selbstmörderische Geschwindigkeit drauf. Gottseidank liegen diese Wüstensträßchen meist tagelang unbefahren in der ewigen Sonne. War also kaum anzunehmen, dass uns jemand entgegenkam.
Winstons Fahrer machte wieder so eine Wendung aus dem Handgelenk. Ein jamaikanischer Racer. Lenkrad in gewünschte Richtung einschlagen, Vollgas, stramm gegenlenken, sobald das Heck ausbrach, und immer feinfühlig auf dem Gas bleiben. So schaukelt man dreieinhalb Tonnen Stanzblech, Stahl und feinstes Leder um fast jede Kurve. Wobei der viele Flugsand dem
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