Aasgeier
dass es sich bald nicht mehr lohnt.“
„Welcome to the club, mein Lieber. Der Ärger scheint niemanden zu verschonen.”
„Wie geht´s dir? Bist du schon weitergekommen?“
Ich sagte ihm, dass ich mich jetzt entschlossen hätte, zurückzuschlagen. Wegen Ricky und auch wegen meiner eigenen Zukunft. Als ich die Geschichte mit unserer Heimfahrt von Santa Barbara und Julies Verhalten erzählte, staunte er doch.
„Hätte ich nicht gedacht, dass sie so drinhängt. Ich meine, einen Reichen angeln und mit der Muschi bei der Stange halten – sozusagen – ist ja in Ordnung, aber dass sie zusieht, wie jemand auf ihren Sohn schießt, das hätte ich ihr nicht zugetraut.“
„Ich auch nicht. Weshalb ich jetzt klare Verhältnisse will.“
Ich sagte ihm, dass mein Sohn mit einer Freundin unterwegs sei, dass ich mich jetzt frei bewegen konnte, und dass mir Ignacio behilflich sein würde.
„Logisch“, bestätigte er. War´s auch.
Wir tranken unseren Kaffee, knabberten an ein paar schon recht trockenen Keksen aus einer seit Tagen offenen Tüte herum und erzählten. Er hatte sich wieder mit dem Doktor in Silver Strand verabredet und hatte vor, morgen früh dort hinunterzufahren. Das Flugzeug war wieder auf dem Flughafen in Mojave und sie seien über Cuyama gefahren, weil er wusste, dass ich hier wohne.
“Woher eigentlich?“ Lag mir schon seit ich heimkam auf der Zunge, aber ich wollte doch nicht andeuten, dass ich fürchtete, von ihm überwacht zu werden.
„Ich habe dich vor ein paar Tagen angerufen, und deine Leitung war belegt. Da habe ich den Cornell triangulieren lassen. Das geht jetzt natürlich anders als früher, aber es heißt noch so. Cornell kann so was. Er und sein Kumpel Horace, meine beiden starken Männer. Waren früher mal Bodyguards beim jamaikanischen Premier, aber bei mir verdienen sie besser. Na, und der Cornell hat Nullkommanichts herausgefunden, von wo du telefonierst. Wir haben dann die Frequenz durch den Computer überwachen lassen, und jedes Mal wenn du angerufen hast stellte er fest, dass es noch immer von hier war. Also sind wir über Cuyama gefahren, weil ich mich mit dir unterhalten wollte.“
„Worüber?“
„Machen wir morgen früh. Ich bin jetzt müde. Eines deiner Schlafzimmer ist unbenutzt. Kann ich das nehmen?“
Natürlich kann er. Und ich bot seinen beiden Habichten mein Schlafzimmer an. Ich würde auf der Wohnzimmercouch pennen, aber er lehnte für sie ab. „Die holen den Schlaf morgen nach.“
Also gut.
Ich stand früh auf und richtete ein notdürftiges Frühstück. Die beiden Typen sahen etwas mitgenommen aus, als sie um sechs in die Küche kamen. Winston tauchte um halb sieben auf, ausgeschlafen und sehr fidel. Wir tranken unseren Kaffee im Garten, wo sich die Temperatur noch erträglich um zwanzig Grad Celsius herum hielt. Nicht mehr lange, und die Quecksilbersäule würde wieder sichtbar klettern.
So früh am Morgen dufteten die aufgehenden Blüten angenehm, eher leicht, luftig. Gegen Abend überwog der schwere, intensive Duft südländischer Pflanzen, die vor vielen Jahren in keinem Garten fehlen durften, die sich wie Lauffeuer ausgebreitet hatten und deren Nachkommen noch immer profus blühten. Manzanita, Ceanothus, Snowbrush und Honeysuckle verbreiteten in der Frühsonne süße Gerüche, schützten vor dem oft stark wehenden Wüstenwind und gediehen ohne Pflege in der Trockenheit dieses Landstriches.
Winterfeste Hibiskus mit tellergroßen Blüten bildeten eine Hecke zum Nachbargrundstück, Magnolien und blau blühende Jacarandabäume wuchsen im Garten. Der dunkle, undurchdringliche Wald, der die Bergketten im Hintergrund menschenleer hielt, passte nicht ins fast tropische Bild dieser kleinen Siedlung. Einige der Menschen, die hier wohnten, gingen in den Bergen auf Puma- und Bärenjagd, hieß es. Felle, Krallen und Innereien könne man mit riesigem Profit an asiatische Apotheken im Orange County liefern – das Geschäft warf bei geringem Risiko und verhältnismäßig milder Strafandrohung erheblich mehr ab als der Drogenanbau. Man solle sich als Spaziergänger vorsehen, stand auf Anschlägen im Dorf. Die Wilderer schossen immer öfter auf potenzielle Zeugen oder Konkurrenten.
Nach dem Frühstück legten sich die beiden Rachitischen schlafen. Winston schlug vor, eine Runde durch die Nachbarschaft zu spazieren, also räumte ich das Geschirr weg und schloss die Küchentür sorgfältig ab. Wir gingen zum Highway vor, in die Sonne hinein, und grüßten
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