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33 Cent um ein Leben zu retten

Titel: 33 Cent um ein Leben zu retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louis Jensen
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MEINE VERRÜCKTE REISE
    Meine verrückte, merkwürdige und folgenschwere Reise begann im Grunde an jenem Tag, als ich beschloss, nur noch jeden zweiten Tag zur Schule zu gehen.
    Es war am Montag in der Schule.
    In der letzten Stunde sagte ich zu Herrn Olsen, meinem Klassenlehrer, dass ich am Dienstag nicht käme. Herr Olsen nickte.
    Am Mittwoch sagte ich in der letzten Stunde zu Frau List, die Geographie unterrichtet, dass ich am Donnerstag nicht käme. Freitag war ich wieder in der Schule, so wie ich das mit mir selbst ausgemacht hatte. Andere Absprachen hatte ich nicht, weder mit der Schule noch mit meinem Vater oder meiner Mutter.
    Das war eine ganz neue Regelung. Sie war zwar nur mit mir selbst abgesprochen, aber die Regelung war notwendig.
    Jeden zweiten Tag. Das reichte. Ich kam ohne Weiteres mit. Für mich war das einzige Problem, dass ich Anne nicht jeden Tag sehen konnte. Damals gingen wir nicht miteinander. Aber ich hielt in jeder Pause nach ihr Ausschau. Ließ sie nicht aus den Augen, die ganze Zeit. Aber von da an nur noch jeden zweiten Tag.
    Ist doch alles total easy. Ich behalte, was ich einmal gehört habe. Ich weiß, was man antworten muss, auch wenn ich finde, dass die Antwort falsch ist. Jede Menge Gerede. Jede Menge Nichts. Jeder zweite Tag reicht völlig.
    Jede Woche das Gleiche. So ging ich also nur montags, mittwochs und freitags zur Schule.
    »Schon wieder?«, fragte Herr Olsen. Es war der dritte Montag in Folge.
    »Schon wieder«, antwortete ich. »Ich komme am Mittwoch.«
    Herr Olsen runzelte die Stirn.
    So ging es weiter. Herr Olsen und die anderen Lehrer verlangten eine Erklärung. Das konnte ich eigentlich gut nachvollziehen. Wenn etwas passiert, was man nicht versteht, möchte man eine Erklärung haben, ganz egal, ob als Kind oder Erwachsener.
    »Warum?«, fragte Herr Olsen. Er war nach der letzten Stunde am Montag noch geblieben. »Und am Donnerstag bist du auch nicht da?«
    Das stimmte.
    »Das reicht mir«, sagte ich. »Ich komme gut mit.«
     
    »Schon möglich«, sagte Herr Olsen. »Aber du darfst nicht fehlen. Nur wenn du krank bist. Bist du krank?«
    »Nicht krank«, sagte ich. »Nicht ich bin krank.«
    »Wer ist dann krank?«
    »Ziemlich viele«, sagte ich. »Sehr viele sind krank.«
    »Aber du nicht.«
    »Gesund und munter.«
    »Warum also?«, fragte Herr Olsen noch einmal.
    »Weil einige«, sagte ich, »ziemlich krank sind, so krank, dass sie daran sterben. Nicht einmal den zweiten Schritt dürfen sie tun, ehe sie sterben.«
    »Deshalb kommst du nicht?«
    So war’s. Ich musste den Kranken helfen. Herr Olsen selbst hatte mir das beigebracht. Er hatte viel von denen gesprochen, die starben. Die nicht genug zu essen hatten. Nicht die ganze Zeit, aber oft. Die brauchten Hilfe.
    Herr Olsen hatte Broschüren ausgeteilt. Afrika. Kinder. Hunger. Diarrhö. Es sah nicht gut aus. Große Köpfe. Fliegen in der Nase und einprägsame Zahlen: 33 Cent. Ich ging zum Schrank und zog eine Schublade auf. Dort lagen die Broschüren. Ich nahm eine, ging zu Herrn Olsen und deutete darauf. Dort stand es schwarz auf weiß: Für 33 Cent kann man einem Kind Essen für einen ganzen Tag kaufen, für morgens, mittags und abends. Für 33 Euro kann man ein unterernährtes Kind vorm Verhungern retten.
     
    Und dort stand, wie viele jedes Jahr sterben. Nicht eins, nicht hundert, nicht tausend, sondern hunderttausend. Jeden Tag, jede Stunde!
    »Denen muss ich helfen.«
    »Du musst zur Schule gehen«, sagte Herr Olsen.
    »Ziviler Ungehorsam«, sagte ich. Herr Olsen selbst hatte der Klasse erklärt, in manchen Fällen sei es in Ordnung, gegen das Gesetz zu verstoßen, etwas Verbotenes zu tun, was man eigentlich nicht darf. Dann, wenn sonst jemand sterben würde und wenn man nur helfen könnte, indem man gegen das Gesetz verstößt. Dann war das nicht verkehrt.
    »Ziviler Ungehorsam«, wiederholte ich.
    Herr Olsen und ich redeten mehrfach darüber, immer wieder, aber ich blieb dabei, dass ich helfen müsse und deshalb nicht jeden Tag zur Schule gehen könne.
    Dann kam der Rektor. Ein netter Mann, ein freundlicher Mann. Ich musste mit nach oben in sein Büro gehen. Dort war ich noch nie gewesen. Es roch nicht gut. Keine frische Luft. Er nahm die Brille ab und putzte sie die ganze Zeit, obwohl das nicht nötig war. Die Gläser waren ganz klar.
    »Du hast viel versäumt«, sagte er und sah mich fragend an.
    »Ein bisschen«, sagte ich. »An zwei Tagen in der Woche. Am Dienstag und am Donnerstag, aber in der nächsten

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