Ab die Post
dürfen Menschen nichts tun!«
»Falsch«, sagte Feucht. »Ein möglicherweise tödlicher Irrtum.«
»Dann rufen wir eben die Wache«, sagte Harri Aufrecht und hielt seinen Bruder noch immer fest. »Alles ordnungsgemäß und offiziell. Na, wie gefällt dir das?«
»Gut, ruft die Wache«, entgegnete Feucht. »Dann kann ich ihr sagen, dass ich Anspruch auf gestohlenes Eigentum erhebe.« Er hob die Stimme. »Gladys!«
Wieder hörten sie Holz brechen.
»Gestohlen?«, entfuhr es Harri Aufrecht. »Die Kutschen gehören uns!«
»Ich fürchte, das ist ein weiterer Irrtum«, sagte Feucht. »Herr Pumpe?«
»Die Postkutschen Sind Nie Verkauft Worden«, polterte der Golem. »Sie Sind Eigentum Des Postamts. Es Sind Keine Leihgebühren Für Die Benutzung des Postamteigentums Entrichtet Worden.«
»Jetzt reicht’s mir!«, donnerte Anton und stieß die Hand seines Bruders beiseite. Herr Pumpe hob sofort die Faust. Die Welt verharrte.
»Warte mal, Anton, nur einen Augenblick«, sagte Harri Aufrecht vorsichtig. »Was willst du, Herr Postmann? Die Kutschen haben immer Passagiere befördert. Und dann gab es keine Post mehr, aber die Leute wollten noch immer reisen, und die Kutschen standen einfach da, und die Pferde mussten gefüttert werden, und so hat unser Vater das Futter und die Tierärzte bezahlt, und niemand…«
»Nehmt einfach nur meine Post mit«, sagte Feucht. »Das ist alles. Jede Postkutsche nimmt meine Postbeutel mit und lässt sie an den Orten zurück, die ich euch nenne. Das ist alles. Sagt mir, wo ihr heute Abend eine bessere Vereinbarung findet. Natürlich könnt ihr auch euer Glück versuchen, euch an Lord Vetinari wenden und euch auf Wer’s findet, dem gehört’s berufen. Aber es dürfte eine Weile dauern, bis eine endgültige Entscheidung fällt, und in der Zwischenzeit verliert ihr alle eure schönen Einkünfte… Nein? Na schön. Glady…«
»Nein! Nein! Warte«, sagte Harri. »Nur die Postbeutel? Das ist alles?«
»Was?«, brummte Anton. »Du willst verhandeln? Warum? Es heißt, das Gesetz schützt denjenigen, der etwas hat.«
»Und ich habe viele Golems, Herr Aufrecht«, sagte Feucht. »Und ihr habt keine Eigentumsurkunden, Pfandbriefe oder Verkaufsbestätigungen.«
»Ach? Und du hast gleich keine Zähne mehr, mein Lieber!«, sagte Anton und rollte die Ärmel hoch.
»Ich bitte dich«, sagte Feucht, trat rasch vor Herrn Pumpe und hob die Hand. »Töte mich nicht noch einmal, Herr Aufrecht.«
Beide Brüder blinzelten verwirrt.
»Ich schwöre, dass Anton dich nicht angerührt hat, und das ist die Wahrheit«, sagte Harri. »Was soll das?«
»Oh, er hat mich angerührt«, erwiderte Feucht. »Er hat die Beherrschung verloren und mich geschlagen, und ich bin gefallen und mit dem Kopf gegen die alte Sitzbank dort gestoßen, und als ich mühsam wieder auf die Beine kam, ohne zu wissen, wo ich bin, hast du versucht, Anton zurückzuhalten, aber er hat mich mit dem Stuhl dort geschlagen, und daraufhin bin ich endgültig zu Boden gegangen. Die Golems haben dich erwischt, Harri, aber Anton konnte entkommen, und die Wache hat ihn schließlich in Sto Lat gefunden, meine Güte, es ging drunter und drüber, die lange Verfolgungsjagd, und schließlich seid ihr beide im Kittchen gelandet, wegen Mordes…«
»He, ich habe dich nicht mit dem Stuhl geschlagen!«, sagte Harri, die Augen aufgerissen. »Es war An… He, Moment mal…«
»… und heute Morgen hat Herr Truper für die letzte Krawatte Maß genommen, und dort habt ihr gestanden, im Raum unter dem Galgen, in dem Wissen, dass ihr euer Geschäft, die Kutschen und die prächtigen Pferde verloren habt und in zwei Minuten auch…«
Feucht ließ das Ende des Satzes offen.
»Und?«, fragte Harri. Beide Brüder sahen ihn mit entsetzter Verwirrung an, die in fünf Sekunden in Gewalt umschlagen würde, wenn dies nicht klappte. Sie durften keine Zeit zum Nachdenken bekommen.
Feucht zählte lautlos bis vier, während er glückselig lächelte. »Und dann erschien ein Engel«, sagte er.
Zehn Minuten können viel verändern. Sie genügten, um zwei Tassen Tee zu kochen, der so dick war, dass man ihn aufs Brot schmieren konnte.
Die Brüder Aufrecht glaubten vermutlich nicht an Engel. Aber sie glaubten an Scheißdreck und wussten ihn zu schätzen, wenn man ihn mit einem Federbusch präsentierte. Es gibt große Männer, die sich gern im Freien aufhalten und bei Wortverdrehern und Flunkerern schnell die Geduld verlieren, aber jemandem applaudieren, der mit
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