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Ab die Post

Ab die Post

Titel: Ab die Post Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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glänzenden Augen eine faustdicke Lüge erzählt.
    »Komisch, dass du ausgerechnet heute Abend gekommen bist«, sagte Harri.
    »Wieso?«
    »Weil heute Nachmittag jemand vom Großen Strang kam und uns viel Geld für das Geschäft angeboten hat. Zu viel Geld, könnte man sagen.«
    Oh, dachte Feucht. Da beginnt etwas…
    »Aber du, Herr Lipwig, bietest uns nur große Worte und Drohungen«, sagte Anton. »Bist du bereit, den Einsatz zu erhöhen?«
    »Na schön, größere Drohungen«, erwiderte Feucht. »Ich biete einen neuen Anstrich für die Kutschen, gratis. Seid vernünftig, meine Herren. Für euch lief alles leicht und glatt, aber jetzt sind wir wieder im Geschäft. Ihr braucht nur das zu tun, was ihr immer getan habt, und außerdem werdet ihr Post befördern. Kommt schon, es wartet eine Dame auf mich, und ihr wisst ja, dass man Damen nicht warten lassen sollte. Na, was meint ihr?«
    »Ist sie ein Engel?«, fragte Harri.
    »Er hofft wahrscheinlich, dass sie keiner ist, har, har.« Antons Lachen klang wie ein sich räuspernder Stier.
    »Har, har«, erwiderte Feucht würdevoll. »Nehmt einfach die Beutel mit, Leute. Das Postamt hat viel vor, und ihr könnt dabei auf dem Kutschbock sitzen.«
    Die Brüder wechselten einen Blick. Dann grinsten sie. Ein Grinsen schien sich in zwei glänzenden, geröteten Gesichtern auszubreiten.
    »Du hättest unserem Vater gefallen«, sagte Anton.
    »Die Mistkerle vom Großen Strang hätte er ganz bestimmt nicht gemocht«, sagte Harri. »Man muss sie in ihre Schranken weisen, Herr Lipwig, und es heißt, dass du der richtige Mann dafür bist.«
    »Leute sterben auf den Türmen«, sagte Anton. »Wir sehen es. Klar und deutlich, verdammich! Die Türme stehen an den Straßen, über die die Kutschen rollen. Wir hatten Verträge, um die Jungs zu den Türmen zu fahren, und wir haben ihre Gespräche gehört. Früher wurde der ganze Strang während einer Stunde stillgelegt, um ihn zu warten.«
    »Die Stunde der Toten, so nannte man sie«, sagte Harri. »Kurz vor Tagesanbruch. Dann sterben die Leute.«
     
    Eine Kette aus Lichtern, wie kleine Perlen in der Dunkelheit vor dem neuen Tag, reicht über den Kontinent. Dann beginnt die Stunde der Toten, an beiden Enden des Großen Strangs, als die Klappen der Oben- und Unten-Linien ihre letzten Mitteilungen weitergegeben haben und dann nacheinander aufhören, sich zu bewegen.
    Die Männer der Türme waren stolz darauf, wie schnell sie ihre Türme von den Schwarz-und-weiß-Sendungen am Tag auf den Hell-und-dunkel-Modus der Nacht umschalten konnten. An einem guten Tag wurden die Sendungen dabei kaum unterbrochen. Die Männer klammerten sich hoch über dem Boden an wacklige Leitern, während um sie herum die Klappen klapperten. Sie waren Helden, die alle sechzehn Lampen eines großen Turms in weniger als einer Minute anzündeten, an Leitern herunterglitten, an Seilen schwangen und den Turm am Leben hielten. »Am Leben« – diesen Ausdruck gebrauchten sie. Niemand wollte einen dunklen Turm, nicht für eine Minute.
    Die Stunde der Toten war anders. Sie war dazu da, Dinge zu reparieren und defekte Teile auszutauschen. Manchmal wurden auch Schreibarbeiten erledigt, aber hauptsächlich ging es um die Wartung. Es war schwer, eine Klappe ganz oben am Turm zu reparieren, während der Wind den Turm zittern und das Blut in den Fingern gefrieren ließ. Es war immer besser, die alten Klappen zu Boden zu lassen und neue zu montieren. Aber wenn die Zeit knapp wurde, geriet man in Versuchung, dem Wind zu trotzen und zu versuchen, die verdammten klemmenden Klappen mit der Hand zu lösen.
    Manchmal gewann der Wind. Die Stunde der Toten war die Zeit, in der Männer starben.
    Und wenn ein Mann starb, schickte man ihn mit den Klackern heim.
     
    Feuchts Mund klappte auf. »Wie bitte?«
    »So nennen sie es«, sagte Harri. »Es ist natürlich im übertragenen Sinne gemeint. Sie schicken den Namen von einem Ende des Strangs zum anderen, bis zu dem Turm, der seinem Heimatort am nächsten ist.«
    »Ja, aber angeblich bleibt der Tote manchmal in den Türmen«, sagte Anton. »›Er lebt im Overhead‹, sagen sie.«
    »Und meistens sind sie sehr besoffen, wenn sie das sagen«, fügte Harri hinzu.
    »Oh, ja, verdammt besoffen, und ob«, bestätigte sein Bruder. »Sie müssen zu hart arbeiten. Jetzt gibt es keine Stunde der Toten mehr; sie haben nur zwanzig Minuten. Und sie sind weniger geworden, weil Leute entlassen wurden. Früher konnten sie es am Oktotag ruhiger angehen lassen,

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