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Abaton

Abaton

Titel: Abaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Jeltsch
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gerechnet.
    Das Büro war spärlich eingerichtet. Japanisch eben.
    „Setz dich“, sagte Ono und hockte sich hinter seinen Schreibtisch. Er fixierte Linus freundlich. „Wie geht es deiner Mutter?“, fragte er und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Wir leben getrennt ...? So war es doch?“
    Linus nickte.
    „Also, wie geht es ihr?“
    „Verraten Sie es mir“, sagte Linus kühl.
    Ono lächelte. Er goss Wasser in zwei Gläser und hielt inne. „Was soll das Theater?“, fragte er, dann schenkte er die Gläser voll und stellte eines davon vor Linus hin. „Wer bist du?“
    Linus begann zu reden. Er beschrieb, was passiert war, und brachte nach und nach alle Beweise vor, die er gegen M.O.T. Nanos und Ono gesammelt hatte. Ono starrte Linus an.
    „Du glaubst also, wir haben deine Eltern verschwinden lassen ...?“ Linus wurde bewusst, dass Ono die Vorwürfe tief trafen. Er schüttelte den Kopf. „Sie sind damals nicht zu dem Gespräch erschienen. Ich dachte, sie hätten es sich anders überlegt. Bis ich von ihrem Verschwinden erfuhr.“ Ono wendete sich Linus zu. „Aber ich versteh schon. Die Erfindung deiner Eltern, wenn sie denn funktionierte ...“
    „Hat sie!“
    „Du glaubst, es hätte uns das Geschäft kaputt gemacht.“
    „Ja!“ Linus ließ Ono nicht aus den Augen.
    Ono trat ans Fenster und winkte Linus zu sich. „Sieh dir das an. Die Menschen da unten. Wie sie wuseln und rennen. Ein großes Chaos, so scheint es. Und doch hat jeder Einzelne ein klares Ziel.“
    Linus zuckte die Achseln. „Und?“
    „So ein Ziel habe ich auch. Und deine Eltern sollten mir helfen, es zu erreichen.“
    Linus spürte, dass er bereit war, diesem Mann zu glauben. Das war nicht gut, sagte sein Kopf. Linus lehnte sich zurück. Ihm war, als bahne sich ein Schmerz in seinem Kopf an.
    Sie hatten wieder Platz genommen. Ono legte ein Foto vor Linus auf den Tisch. Das Bild zeigte einen Eisbunker in Norwegen. „Dort werden die Samen aller existierenden Pflanzen eingelagert. Unser Konzern hat viel Geld dafür ausgegeben.“
    Linus nickte. „Klar. Damit Sie den Zugriff darauf haben. Das Monopol.“ Linus’ Misstrauen war wieder geweckt.
    „Richtig“, gab Ono überraschend zu. „Aber wir haben längst begriffen, dass unsere Ressourcen bald nicht mehr ausreichen werden, um neun Milliarden Menschen zu ernähren.“
    Ono machte Linus klar, dass diese Samen so degeneriert waren, dass ihr Ertrag bald zu gering sein würde.
    „Unsere Schuld, könnte man sagen. Verfehlte Konzernpolitik.“
    Ono war auf Linus’ Eltern aufmerksam geworden und hatte sie treffen wollen, um ein neues Zeitalter einzuläuten. Mit den Samen der Urpflanzen. Ono hatte vor, den Anbau von Getreide und anderen Pflanzen ohne Insektizide zu revolutionieren. Linus blickte auf und im selben Moment, als er in Onos Augen sah, wurde ihm klar, dass er dem Falschen gegenübersaß. Er wusste einfach, dass Ono die Wahrheit sagte.
    Linus’ Theorie brach wie ein Kartenhaus zusammen. Linus musste die Augen schließen, doch es half nichts. Er spürte, wie ihm der Schwindel übers Genick in den Kopf kroch.
    „Ist dir nicht gut?“ Ono hockte sich zu Linus. Er gab ihm zu trinken.
    Linus schluckte, hustete. Dann aber hatte er sich wieder gefangen. Er schüttelte den Kopf.
    „Es tut mir sehr leid, Linus“, sagte Ono. „Ich kann dir wirklich nicht weiterhelfen.“ Doch er versprach, dass seine Tür immer für ihn offen stehen würde.
    Einige Minuten später stand Linus erneut vor dem Gebäude. Er fühlte sich ratlos und geschafft. Was hatte ihm seine Angstfreiheit genützt? Er war der falschen Spur gefolgt. Hatte er etwas übersehen, weil ihm die Angst fehlte? Was hatte er falsch gemacht? Wen sollte er fragen?
    Linus holte sein I-Phone hervor. Hatte Edda zurückgerufen? Hatte sie den Anruf überhaupt bekommen? Er dachte an die Panik, die er nach dem Traum empfunden hatte, und schämte sich jetzt dafür, dass er Edda in einem so schwachen Moment angerufen hatte.
    Sie hatte nicht zurückgerufen. Niemand hatte angerufen. Olsen hatte recht gehabt. Es war einsam ohne Angst.
    [ 1306 ]
    Während Simon auf die nächste S-Bahn wartete, suchte er in den sozialen Netzwerken nach Thorbens Namen und schickte ihm eine Freundschaftsanfrage mit seiner Telefonnummer. Thorben war der Einzige außer Bobo, den Simon in Berlin kannte.
    Der Zug kam.
    Simon stieg in einen leeren Wagen. Es dauerte nicht lange, da klingelte es: Rufnummer unterdrückt. Typisch für Thorben und seine

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