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Abaton

Abaton

Titel: Abaton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Jeltsch
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Glas geschmolzen. Manche Stäbe waren über zwei Meter lang. Meistens zerbrachen sie in viele Stücke, die Marie an einer kleinen Werkbank in der Scheune bearbeitete. Sie schliff und höhlte sie weiter aus, bis jedes Stück einen anderen Klang hatte – eine andere Frequenz, wie sie immer sagte. Sie glaubte sogar daran, dass die unterschiedlichen Klangfrequenzen Krankheiten heilen konnten.
    Die Unberührtheit der glänzenden Fläche, die vor ihr im Mondlicht lag, sagte Edda, dass Marie nicht hier gewesen war. Edda war beruhigt und beunruhigt zugleich. Denn wenn sie zu einem der anderen Plätze gefahren war, hätte sie doch längst wieder zurück sein müssen!
    Einen Augenblick verharrte Edda noch auf den Fersen hockend an der Einschlagstelle. Es roch leicht verbrannt. Die riesige Menge an Elektrizität hatte das Erdreich aufgeladen und die Luft knisterte vor Energie. Seit Edda ein kleines Mädchen war, hatte Marie sie an die Einschlagstellen von Blitzen mitgenommen. Sie gelehrt, die unterschiedlichen Arten von Blitzen zu unterscheiden. Kugelblitze, Elmsfeuer sowie Elfen und Kobolde, die nur hoch oben in der Atmosphäre zu sehen waren. Die Verbrennungen im Sand stammten vermutlich von Linien- oder Flächenblitzen.
    Obwohl Blitze schon lange erforscht wurden, waren bis heute nicht umfassend alle Erscheinungsformen und Effekte wissenschaftlich geklärt. Zum Beispiel, welche Energien und Frequenzen sie freisetzten und auch nicht, wie diese Frequenzen auf die Erde und die Menschen wirkten. In den letzten Jahren war die Blitzdichte auf der ganzen Welt gestiegen und die ständigen Einschläge hatten die Frequenz der Erde verändert. Jedenfalls hatte Marie das Edda so erzählt. Aber Edda hatte sich nicht genau gemerkt, warum das so war. Jetzt spürte sie jedoch die Kraft, die in der Luft lag. Sie war voller positiver Spannung. Edda hätte gern mehr gewusst über die wahre Natur der Dinge.
    Als sie wieder vor dem Haus ankam, war die Luft klar. Marie war immer noch nicht zurück. Edda wollte nicht länger untätig warten. Nachdem sie die nasse Kleidung aufgehängt hatte und aus den Gummistiefeln gestiegen war, ging sie zum Telefon.
    Sie rief im Krankenhaus an und erkundigte sich, ob Marie eingeliefert worden sei. Die Frau am anderen Ende schaute nach. Nein. Auch bei der Polizei war nichts von einem Unfall bekannt. Die Frau in der Zentrale fragte Edda, ob sie Hilfe brauche, doch Edda beteuerte, sie komme allein zurecht, bedankte sich und legte auf.
    Sie ging in Maries Zimmer und klappte den Laptop auf, den Marie für ihre Korrespondenz mit ihren Freunden in der ganzen Welt benutzte. Im Laufe ihres Lebens hatte Marie fast auf jedem Kontinent gelebt und oft hörte Edda sie noch mitten in der Nacht über Skype telefonieren. Marie brauchte kaum noch Schlaf. Lachend tat sie es mit „seniler Bettflucht“ ab, aber Marie war alles andere als senil. Ihr Geist schien immer jünger zu werden, je mehr Jahre sie auf dem Buckel hatte. „Ach, die paar Jährchen!“, sagte sie, wenn man sie auf ihr Alter ansprach. „Das ist nix im Vergleich zu den Leben und Aufgaben, die noch vor uns liegen und die wir schon hinter uns haben. Nur ein Augenzwinkern.“ Marie dachte in ganz anderen Dimensionen als normale Menschen.
    Edda wollte sich den Browser-Verlauf auf Maries Computer ansehen.
    Komisch, er war gelöscht.
    Das Skype-Fenster erschien und einem Impuls folgend wählte Edda im »Ereignisprotokoll« den letzten Kontakt aus. Sie hörte das Freizeichen und wie sich die Verbindung aufbaute. Ein Bild erschien und mit ihm ein Gesicht, dass Edda sehr bekannt vorkam und mit dem sie überhaupt nicht gerechnet hatte. Es war das Gesicht der Campleiterin.
    „Guten Abend, Marie, wie kann ich Ihnen helfen?“, sagte sie freundlich, als wären sie und Marie alte Bekannte.
    Für einen Augenblick war Edda sprachlos.
    „Hallo, Marie ... bist du es?“
    Edda bemerkte, dass die Kamerafunktion an Maries Computer nicht aktiviert war. Auf der Wand hinter der Campleiterin erkannte Edda die Buchstaben » –sys « – offenbar hielt sie sich nicht im Camp auf. Sah eher nach einem modernen Büro aus. Instinktiv machte Edda einen Screenshot.
    „’tschuldigung. Hab mich verwählt“, nuschelte sie und beendete den Kontakt mit einem schnellen Klick. Woher kannte Marie die Campleiterin? Und war noch dazu per Du mit ihr? Hatte Marie mit ihr telefoniert, als Edda dort war? Möglich. Aber ein formelles Telefonat erledigte man nicht über Skype.
    Was hatte Marie mit

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