Abby Cooper 01 - Detectivin mit 7. Sinn
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Meine grundlegende Philosophie ist ganz einfach: Die Menschen sind wie Eiscreme. Nehmen Sie zum Beispiel mich. Man könnte meinen, ich wäre schon aufgrund meines Berufs - ich bin ein professionelles Medium - wie Nutty Coconut. Tatsache ist aber, dass ich viel eher wie Vanille bin - gleichbleibend, ein bisschen langweilig, nicht mal mit heißer Karamellsoße.
Abgesehen natürlich von meiner ziemlich ungewöhnlichen Fähigkeit, die Zukunft vorauszusagen. Na gut, damit komme ich vielleicht an Bourbonvanille heran.
Doch im Großen und Ganzen ist mein Leben dermaßen langweilig. Ich bin Single ohne derzeitige Interessenten, gehe kaum aus (aufgrund der fehlenden Interessenten), bezahle meine Rechnungen immer pünktlich, habe sehr wenige Laster und nur zwei gute Freunde.
Sehen Sie, was ich meine? Vanille.
Naja, ich will nicht sagen, dass mein Leben total schlecht ist. Immerhin nehme ich an den geschmacksintensiven Leben meiner Klienten Anteil. Sehen Sie sich nur mal das Früchtchen an, das gerade vor mir sitzt. Sharon ist eine junge, hübsche Frau Mitte dreißig mit kurzen blonden Haaren, zu viel Make-up, nagelneuen Brustimplantaten und ohne nennenswerten Grips.
An ihrer linken Hand prangt ein opulenter Ehering mit einem Diamanten, und während der letzten zwanzig Minuten konnte ich nichts weiter als Mitleid mit dem armen Kerl empfinden, der ihn ihr geschenkt hat.
»Gut, ich bekomme den Eindruck, dass wir hier ein Dreiecks-Verhältnis haben ... Da scheint sich jemand in Ihre Ehe hineinzudrängen«, sagte ich.
»Ja.«
»Jemand, für den Sie eine romantische Schwäche haben.«
»Ja.«
»Und ich höre, Sie halten das für wahre Liebe ...«
»Ja, aber, äh, Abigail? Von wem hören Sie das?«, fragte sie und sah sich nervös um.
Diese Frage wird mir ständig gestellt, und man möchte meinen, ich hätte inzwischen gelernt, meine Klienten auf die Sitzungen vorzubereiten, aber ich konnte mich noch nie gut zu Veränderungen durchringen.
»Oh, Entschuldigung. Ich höre das von meiner Crew, genauer gesagt, von den Geistern, die mich leiten. Sie sprechen mit Ihren Geistern und erzählen mir dann alles.«
»Wirklich? Können die Ihnen sagen, wie sie heißen?«, flüsterte sie und blickte wieder mit großen Augen um sich.
Wir schweiften zu weit ab. Damit der Gedankenfluss nicht abriss, der mir durch den Kopf ging, korrigierte ich sachte unseren Kurs. »Nein, Sharon, normalerweise kommen mir keine Namen, sondern nur Bilder und Gedanken. Also, wie ich schon sagte, geht es hier um diese Dreiecksgeschichte, richtig?«
»Ja«, antwortete sie und beugte sich gespannt vor.
»Gut, ich gebe jetzt einfach nur weiter, was ich höre ... Mir scheint, dieser andere Mann sagt genau die richtigen Dinge, etwa dass er Interesse an Ihnen hat und mit Ihnen zusammen sein möchte. Aber er sagt nicht die ganze Wahrheit.« Sharons große Augen wurden schmal; sie sah mich kritisch an. »Ist er blond?«, fragte ich.
»Ja.«
»Und er arbeitet nachts ... Ist er Barkeeper?«
»Oh mein Gott... ja!«
»Und Ihr Mann ist der mit den braunen Haaren und dem Bart, ja?«
Sharon holte verblüfft Luft. »Kinnbart, ja.«
»Und Ihr Mann hat mit Computern zu tun ... baut Computer.«
»Er ist Computeringenieur.«
»Gut, Sharon, die Geister sagen mir, dass der Blonde ein Lügner sei und dass Ihr Mann Sie liebe, auch wenn Sie ihn nicht für den geborenen Liebhaber halten. Sie sagen auch, dass es für Sie kein Zurück gebe, wenn Sie Ihren Mann wegen des Blonden verlassen. Das ließe sich nicht wieder einrenken. Und mir scheint, dass Sie erwischt werden, wenn Sie weiter etwas nebenher haben. Da gibt es wohl eine rothaarige Frau - ich glaube, sie ist älter als Sie die sehr neugierig ist und schon Verdacht geschöpft hat. Sie würde nicht zögern, Ihrem Mann alles auf die Nase zu binden. Offenbar ist sie eine Nachbarin oder ...«
»Oh mein Gott! Meine Nachbarin, Mrs O’Connor, hat rote Haare, und sie würde es meinem Mann mit Sicherheit erzählen!«
»Sehen Sie? Die Frau ist jetzt schon sehr argwöhnisch, und wenn Sie sich die Sache nicht bald anders überlegen, sind Sie am Ende geschieden und allein. Der Barkeeper wird keine geschiedene Frau mit zwei Kindern heiraten. Sie haben doch zwei, nicht wahr? Einen Jungen und ein Mädchen?«
»Ja, aber ...«, piepste sie.
»Nein, kein Aber«, unterbrach ich sie energisch. »Sie müssen darüber gründlich nachdenken, denn es wird kein Zurück geben, und wenn Sie so weitermachen, sehe ich in Ihrem Leben nur
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