Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abendfrieden

Abendfrieden

Titel: Abendfrieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Buttler
Vom Netzwerk:
werden kann. Als Schenkung. ›Mit warmen Händen schenken‹, heißt das. Das ist steuerlich günstiger.«
    »Seit wann liest du Zeitung? Und seit wann verstehst du was von Steuern?« Amalie Mewes lachte höhnisch auf. Erst leise und scharf, dann immer lauter. Ihr Lachen steigerte sich bis in einen Krampf, der nicht mehr aufzuhören schien, bis er endlich in einer prustenden Ermattung abebbte. Sie zog ein Taschentuch hervor und wischte sich über die Stirn. »Vorzeitig«, wiederholte sie. »Damit meinst du vor meinem Tod.«
    »Ja – äh – ich dachte –«
    »Du gehst jetzt besser«, sagte Amalie Mewes. Ihre Stimme hatte einen schneidenden Unterton angenommen.
    »Gib mir wenigstens einen Hunderter.« Er richtete sich auf, in einer Art verzweifeltem Stolz. »Immerhin bin ich dein Sohn.«
    Seine Mutter sagte nichts mehr. »Regine!! Kommst du mal?«
    Der Befehl war so laut gewesen, dass die Schwiegertochter umgehend auf der Schwelle stand. »Ja?«
    »Gib ihm hundert Euro.« Amalie Mewes wandte sich ab und griff nach einem Glas Wasser. Sie schluckte so intensiv, als müsse sie eine komplette Lebensphase wegspülen.
    Regine reichte ihrem Schwager mit spitzer Hand einen Schein und ging zum Flur. Während er hinauswankte, schob sie die Tür so schnell hinterher, dass sie ihm fast ins Kreuz stieß.

12
    Die Sonne fiel streifig ins Zimmer, in ihrem Licht tanzte Staub. Werner Danzik saß mit verquollenem Gesicht am Schreibtisch und warf das zirka fünfzehnte Tempo-Taschentuch in den Papierkorb. »Dir geht’s nicht gut«, stellte Torsten Tügel fest. »Ach was, das macht mir überhaupt nichts.« Danzik knipste mit mürrischem Gesicht eine Tablette aus der Packung und griff zu einem Glas Wasser.
    »Diese Antihistamine sollen ja müde machen.«
    »Tun sie aber nicht. Wie oft soll ich dir das noch erklären?«
    »Klar Chef, aber warum sprichst du dann so schleppend?«
    Danzik machte mit der Hand ein »Lass das!« und schlug in einer heftigen Bewegung die Akte auf. »Was haben deine Recherchen zu dem Tarot-Spiel ergeben?«
    »In der Holthusen-Wohnung haben wir kein Tarot-Spiel gefunden. Ansonsten habe ich sämtliche Eso-Shops abgeklappert: ›Mandala‹, ›Hier und Jetzt‹, den ›Crystal-Lebensladen‹ und so weiter.«
    »Wie viele waren es?«
    »Zehn.«
    »Und?«
    »Alle Läden haben dieses Spiel verkauft, allerdings nur wenige Male. Es ist seit drei Monaten auf dem Markt und sehr teuer.«
    »Wer hat es gekauft?«
    »Tja, wer, Werner? Du erwartest ja wohl keine Namen, oder? Jedenfalls haben es nur Frauen gekauft, man kennt die Gesichter, weil die immer wieder kommen, aber man kennt die Namen nicht.«
    »Dennoch sind das Stammkundinnen.«
    »Ja. Übrigens sind auch sämtliche Ladeninhaber Frauen, und so hab ich einfach mal meinen Charme spielen lassen …«
    »Deinen Charme.« Danzik blickte noch immer mürrisch.
    »Ja, natürlich. Alle zehn sind zur Kooperation bereit und werden beim nächsten Besuch der Kundinnen irgendwie die Namen rauskriegen. Unter dem Vorwand, sie wollten sie in eine Kartei aufnehmen, sie über Neues informieren und so weiter. Außerdem haben einige Kundinnen mit Scheckkarte bezahlt, so dass wir diese Namen vorab kriegen.«
    »Alle Achtung, wie hast du das gemacht?«
    »Na ja, zusätzlich zu meinem berühmten jungenhaften Lächeln hab ich noch meine esoterische Ader hervorgekehrt und jeweils ein Wahrsagebüchlein gekauft.«
    Danzik brach in ein herzliches Lachen aus. »Du hast jetzt zehn solcher Bücher zu Haus?«
    »Sind doch nur kleine Hefte.«
    »Na wunderbar.« Danzik lachte noch immer. »Dann nehmen wir jetzt einfach die Hefte, schauen in die Zukunft und lassen uns verraten, wer uns als Mörder ins Netz geht.«
    Tügel schwieg. Er schaute ein wenig beleidigt.
    Danzik zupfte versonnen an seinem Schnauzer. »Im Zusammenhang mit solchen Kartenspielen stellt man sich immer vor, dass eine Zigeunerin in die Wohnung kommt, vielleicht auch noch aus der Hand liest und dann mit einem Obolus von dannen zieht.«
    »Ausgeschlossen. Wer lässt heute noch Fremde ins Haus? Übrigens: Zigeuner sagt man nicht mehr. Also, selbst wenn sich nun solche Sinti und Roma eingeschlichen hätten, dann hätten sie höchstens was gestohlen. Und wenn sie nicht gestohlen, sondern einen Raubmord begangen hätten, dann hätten sie vielleicht zugestochen oder zugeschlagen. Aber so ein Medikamentencocktail –«
    »Du hast ja Recht, Torsten. So oder so: Die Person wurde hereingelassen, es muss eine Verabredung gegeben haben.«

Weitere Kostenlose Bücher