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Abendfrieden

Abendfrieden

Titel: Abendfrieden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Buttler
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eingemauert in der dunklen Menge, die Sektgläser vor die Brust gepresst, und lauschten angespannt auf die ersten Kommentare. Vorn neben einem Stehpult in Vogelaugen-Ahorn beugte sich gerade Henri Holthusen über die Hand einer dauergewellten, etwa 50-jährigen Blondine, deren dreireihige Perlenkette mit ihren Zähnen um die Wette blitzte. »Er sieht nicht besonders traurig aus«, zischte neben Danzik eine weibliche Stimme. »Na, den Ersatz hat er doch schon lange gefunden«, hörte er eine tiefere Frauenstimme antworten.
    Danzik drehte sich herum. »Das ist wohl Madeleine Singer?«
    »Sie kennen Sie nicht?« Das alte Gesicht vor ihm blickte erstaunt, der Mund fletschte sich zu einem Lächeln. »Das sollten Sie aber schnellstens nachholen.«
    »Oder haben Sie etwa Angst vor Hundeleinen?«, kicherte die Jüngere. »Ich hab’s gelesen«, lächelte Danzik. »Aber ich bin natürlich nicht so eingeweiht wie Sie. Sie sind sicher viel besser informiert.«
    »Wieso? Halten Sie uns etwa für Klatschweiber?« Das Raubtiergebiss klappte zu. »Aber nein. Sie gehören im Gegensatz zu mir eben dazu.« Danzik sah ihr in die kalten, gelb-grauen Augen. »Und ein bisschen Klatsch tut doch jeder Seele gut, oder?«
    Torsten Tügel starrte weiter nach vorn, er schien nur noch aus Ohren zu bestehen. »Da haben Sie Recht«, sagte die Ältere und fixierte Danzik mit einem Frau-zu-Mann-Blick.
    »Und was sagt Erik Singer zu dem Verhältnis? Ist der nicht eifersüchtig?«
    Die Raubtier-Dame winkte ab. »Ach, was. Geschäft, Geschäft, Geschäft. Die Holthusen war und ist sein bestes Pferd im Stall. Da legt er sich doch nicht mit dem Gatten an.«
    »Ein Duell, das hätten Sie wohl gern?«, gluckste die Jüngere. »Gibt’s aber heute nicht mehr.« Sie beugte sich näher. »Außerdem soll der doch selbst mit der Lissy Holthusen … Weil nämlich seine Frau an Sex nicht mehr interessiert ist.«
    Danzik blickte zwischen Sprayhaar-Köpfen nach vorn, wo Madeleine Singer mit angestrengtem Dauerlächeln weitere Spezialgäste begrüßte. Ihre tief liegenden blauen Augen funkelten gekonnt.
    Insgesamt eine attraktive Erscheinung, konstatierte Danzik. Eine Frau ohne praktizierenden Sex? Wirklich das frigide Zickenmodell?
    Tügel stieß ihn an. »Keine nennenswerten Frauen in Sicht.«
    »Deshalb bist du doch wohl nicht hier!« Danzik fauchte, wenn auch im Flüsterton.
    In dem Moment trat Erik Singer ans Pult. »Der schöne Erik«. Schön, dachte Danzik. Das musste schon etwas her sein. Ein übergroßer Typ, wahrscheinlich über einsneunzig, zerfurchte Züge, balkige dunkle Brauen unter dichtem grauen Haar. Was war die männliche Aura daran? Ein schiefes Lächeln hing ihm im Mundwinkel, auch an diesem Tag, war es das, was die Damen bezauberte?
    Danzik trat von einem Fuß auf den anderen. Eine Rede durchstehen – was konnte schlimmer sein? Aber er und Tügel mussten zuhören, genau sogar. Am Ende war es dann doch das Übliche gewesen. »… eine begnadete Künstlerin … Werke, die sich in ihrer unverwechselbaren Handschrift nicht nur im Heute einprägen werden … grausamer Schlusspunkt eines Lebens, das noch so viele Möglichkeiten barg … wer sie uns nahm, wissen wir noch immer nicht, die Polizei tappt im Dunkeln …«
    An dieser Stelle zuckte Danzik zusammen. Er blickte zur Seite zu den Damen, als hätte man ihn entlarvt. »Typisch«, sagte die Ältere. »Von denen kann man nichts erwarten.«
    »Wer könnte sie denn ermordet haben?«, flüsterte Danzik. »In diesem Raum liegen doch alle Motive beisammen.«
    »Ach, was. Das sind doch keine Beziehungsdramen, das sind Arrangements, die keinem wehtun.«
    »Aha. Na dann …« Danzik und Tügel schlossen sich erleichtert der Menge an, die sich jetzt nach allen Seiten auflöste.
    Wo gibt’s denn hier Stühle, fragte sich Danzik. Natürlich gab es keine. Das war bewusst so angelegt, die Inneneinrichter waren von ihren Auftraggebern entsprechend gebrieft. In diesem Fall: Alles schön im Fluss halten, nicht sitzen, sondern Bilder anschauen. Und die dann möglichst auch kaufen.
    Wie aufs Stichwort stand plötzlich die Architektin Isabel Ackermann vor ihnen. »Oh, die Herren Ko –«
    »Psst!« Danzik legte die Hand auf den Mund. »Wir sind inkognito hier.«
    »Wie aufregend!« Anja Holthusens Freundin glitzerte die Kommissare aus kajalumschwärzten Augen an. »Diese Einrichtung hab ich gemacht. Alles von mir. Von der Sternchen-Beleuchtung bis zum goldenen Gästebuch.«
    »Alle, Achtung!«, sagte Tügel, und es

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