Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters

Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters

Titel: Abenteuer meines ehemaligen Bankberaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Rammstedt
Vom Netzwerk:
muss ich es auch nicht. »Gut«, sage
ich und suche irgendetwas an meinem Hemd, das ich ordnen könnte. »Sie können
gehen«, sage ich. »Sie sind gefeuert«, sage ich. Leider seien Sie eine
kolossale Fehlbesetzung. Sie hätten keine Ahnung von der Figur, die Sie da
spielten, Sie würden sie schlichtweg nicht verstehen. Es tut gut, so etwas zu
Ihnen zu sagen. Es tut gut, zu sagen, dass es mir leidtut, dass es alles mein
Fehler gewesen sei, ich hätte da wieder einmal zu großes Vertrauen gehabt. Und
Sie werden sofort wieder laut. Dass ich Sie überhaupt nicht feuern könne,
behaupten Sie. Ihres Wissens seien Sie nicht bei mir angestellt. Und überhaupt,
was ich mir einbilden würde. »Ich habe Hamlet gespielt«, rufen Sie. »Ich habe
Lear gespielt.« Jeden einzelnen verdammten Tschechowrussen hätten Sie gespielt,
und ich frage, wo Sie die denn bitteschön alle gespielt hätten, ob in einem
Theater oder in der Badewanne, und Sie sagen, darauf komme es überhaupt nicht
an, Schauspielen sei Schauspielen, ganz gleich, auf welcher Bühne. »Wie dem
auch sei«, sagen Sie. Auf jeden Fall käme nun ich an, ein Nichts, ein
Möchtegern-Shakespeare, ein mickriger Katzenbuchdichter, und erzählte Ihnen was
von Rollen, die Sie angeblich nicht verstehen würden. »Ich erkläre Ihnen mal
was«, sagen Sie. »Sie sind es, der den Bankberater nicht versteht.« Sie seien
sich sicher, dass der Bankberater zufrieden gewesen sei, dass er sogar
einigermaßen glücklich gewesen sei, aber das hätte ich ja nicht zulassen
können. Glückliche Menschen seien mir ja verdächtig, glückliche Menschen schienen
für mich immer etwas Fundamentales zu übersehen, und deshalb würde ich ihnen so
lange ihr vermeintlich übersehenes Unglück einreden, bis sie selbst daran
glaubten und mitten drin im Schlamassel seien. »Seine eigene Bank überfallen –
auf so einen Unsinn wäre Ihr Bankberater doch niemals von selbst gekommen«,
sagen Sie, und ich frage, woher Sie das denn bitteschön wüssten, Sie würden ihn
doch überhaupt nicht kennen.
    Sie greifen meinen Arm, Ihre Finger bohren sich in meine Haut, Ihr
Blick in meinen. »Ich habe keine Ahnung«, flüstern Sie. Sie flüstern, dass Sie
das alles überhaupt nicht wissen wollen, dass es Ihnen unheimlich sei, das
alles auf einmal zu wissen, dass Ihnen das Ganze hier mittlerweile mehr als
unheimlich sei und Sie nun auf der Stelle verschwinden würden. Sie beginnen,
Richtung Ufer zu paddeln, und ich nehme mir das andere Ruder und schlage es in
die entgegengesetzte Richtung, das Boot beginnt sich im Kreis zu drehen.
»Lassen Sie das«, sagen Sie, und ich sage, dass Sie das doch lassen sollen, wir
sagen das jeder noch ein paarmal, und dann stehen Sie auf einmal über mir, das
Ruder erhoben, Ihr Blick flackernd, die Ader auf Ihrer Stirn pocht
entschlossen. »Lassen Sie mich gehen«, sagen Sie. »Bringen Sie mich nach Hause.« Ihre Stimme bebt. »Schon
gut«, sage ich und hebe beschwichtigend die Arme.
    Schon gut, Herr Willis.
    Ihr
    Tilman Rammstedt
    Dass er gern mehr reisen wollen würde, erzählte mir mein
ehemaliger Bankberater. Aber er wolle einfach nicht. »So sehr ich mich auch
bemühe«, sagte er. Etwas später sagte er noch: »Japan, zum Beispiel«, aber da
ging es vielleicht schon um etwas anderes.

Sehr geehrter Herr Willis,
    ich weiß, wir haben streng genommen keinen Vertrag. Das
müssen Sie jetzt gar nicht erst von Ihren Anwälten prüfen lassen. Aber glauben
Sie nicht, dass es etwas noch Bindenderes als einen Vertrag gibt? Etwas, das
kein Anwaltsteam der Welt in Paragrafen fassen kann? Ich habe auf Sie gezählt,
Herr Willis. Nennen Sie mich naiv, aber das habe ich. Bedeutet Ihnen das gar nichts?
    Ihr
    Tilman Rammstedt
    PS: Den Erscheinungstermin des Buches habe ich übrigens
auf Mitte November verschieben lassen. Das ist nicht ideal (zu knapp vor dem
Weihnachtsgeschäft, spätere Überweisung des Honorars, Verzögerung in der Lebensplanung),
aber es gibt uns etwas Spielraum, und den brauchen wir, wie es aussieht.
    Er sei früher ein gut aussehender Mann gewesen, behauptete
mein ehemaliger Bankberater und zeigte mir zum Beweis ein Foto von John F.
Kennedy. »Das sind nicht Sie«, sagte ich, das sei John F. Kennedy, und mein
ehemaliger Bankberater nickte. »John F. Kennedy«, wiederholte er ein paarmal,
als probierte er den Namen an und wäre erstaunt, dass er passte.

Sehr geehrter Herr Willis,
    wissen Sie, was ich glaube? Ich glaube, Sie haben einfach Angst.
Ja, Bruce Willis hat Angst. Sie

Weitere Kostenlose Bücher