Baccara Exklusiv Band 23
1. Kapitel
"Dieser Mr. Danforth scheint ein Partylöwe zu sein. Er ist auf einem Champagnerkorken ausgerutscht und mit dem Kopf voran die Außentreppe seines Hauses hinuntergefallen, die den Balkon mit der Terrasse verbindet." Nina studierte die oberste Seite der Akte. "Das linke Bein an zwei Stellen gebrochen, drei angeknackste Rippen, ausgerenkte Schulter, zahlreiche Kratzer und Beulen und eine Kopfwunde, die zum Verlust der Sehkraft geführt hat."
Nina Morrisons Haar war wie üblich zu einem strengen Knoten aufgesteckt. Ihre klare, makellose Haut zeigte keine Spuren von Make-up. Jetzt schloss sie die Akte, legte sie auf den Schreibtisch neben ihr schwarzes Brillengestell und sah zu Dr. Elizabeth Cameron auf. "Wird er blind bleiben, oder rechnen Sie damit, dass er irgendwann sein Augenlicht wiedererlangt?"
"Walter meint, es besteht eine fünfzigprozentige Chance, dass die Sehkraft von allein wiederkehrt. Er will drei Monate warten. Danach ist eine Operation möglich, aber sie wäre sehr schwierig. Ich werde mich einmal in der Woche zu einer Therapiesitzung mit Steve treffen, aber der Hauptteil der Last liegt auf Ihren Schultern."
"Können Sie voraussagen, wie lange ich an diesem Fall arbeiten werde?"
"Das ist schwer einzuschätzen. Falls es Ihnen gelingt, seine Sturheit zu überwinden, vielleicht nur eine Woche. Ansonsten …"
Nina nickte. "Ich verstehe. Was hat er für einen Beruf?"
"Er ist Architekt, und nach allem, was ich gehört habe, ein sehr guter. Für jemanden, der erst vierunddreißig ist, hat er erstaunlich viel erreicht."
Nina verzog das Gesicht. "Oje. Das ist eine Arbeit, die stark aufs Sehen ausgerichtet ist. Ich wette, so ist es mit seinem ganzen Leben. Bestimmt ist er sehr wütend."
"Ja, und auch sehr frustriert. Wir haben es mit einem tatkräftigen Mann zu tun, der gewohnt ist, Entscheidungen zu treffen und alles zu beherrschen, was um ihn herum vorgeht. Sie müssen darauf vorbereitet sein, dass er bei jedem Schritt gegen Sie ankämpft."
"Nun ja." Nina stand auf und strich abwesend ihr übergroßes Hemd und die weite Hose glatt. "Es sieht so aus, als hätte ich viel zu tun."
Nina fuhr vom Universitätsviertel von Seattle über die Brücke zur Mercer-Insel hinüber, fand ohne Schwierigkeiten am südlichen Ende die Adresse und bog in die Einfahrt eines großen Hauses am Wasser ein.
Nachdem sie ihren Koffer aus dem Auto geholt hatte, ging sie auf die hölzerne Doppeltür zu. Bevor sie klingeln konnte, wurde schon geöffnet.
"Sie müssen Miss Morrison sein." Eine füllige Frau von Ende fünfzig lächelte freundlich und wischte sich die Hände an ihrer Schürze ab. "Dr. Cameron sagte, dass Sie heute Morgen kommen würden. Ich bin Edith Haggarty, Mr. Danforths Köchin und Haushälterin." Sie führte Nina in die große zweistöckige Eingangshalle und schloss dann die Tür. "Ich komme zweimal in der Woche her, um sauber zu machen und ein paar Sachen zu kochen." Sie senkte die Stimme, als wären noch andere Leute da, die zuhören könnten. "Auf diese Weise weiß ich, dass er ein paar ausgewogene Mahlzeiten erhält – zusätzlich zu all dem wertlosen Zeug, das er sonst isst." Sie seufzte. "Er gönnt sich wirklich zu wenig Pausen. Wenn er mit einem Projekt zu tun hat, lebt er von Pizza oder was immer er sich liefern lassen kann, damit er seine Arbeit nicht unterbrechen muss."
Dann verzog Edith schmerzhaft das Gesicht, und ihre Unterlippe zitterte, als sie weitersprach. "Natürlich wird von jetzt an alles anders sein." Tränen standen ihr in den Augen. "Wird er gesund, Miss Morrison? Wird er je wieder sehen können?"
Nina mochte diese offenherzige, liebevolle Frau. Steve Danforth bedeutete Edith anscheinend wesentlich mehr als sonst ein Arbeitgeber seiner Haushälterin. "Der Doktor meint, er hätte eine gute Chance, seine Sehkraft zurückzuerlangen. Und bitte nennen Sie mich Nina."
Die Erleichterung war Edith deutlich anzumerken, als sie jetzt schnell das Thema wechselte. "Kommen Sie, ich zeige Ihnen Ihr Zimmer, damit Sie sich einrichten können, bevor Mr. Danforth eintrifft." Sie führte Nina in einen großen, geschmackvoll eingerichteten Raum im Erdgeschoss mit eigenem Bad. Das antike Himmelbett war genau wie die Kissen mit Spitze geschmückt. Die Farben waren gedeckt, etwas stärker als Pastelltöne. Kleine Schalen enthielten verschiedene Duftmischungen.
Die Bilder an den Wänden waren künstlich verblasste Fotografien in alten Rahmen. Auf den meisten waren nackte Frauen zu sehen,
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