Abenteuer mit Archimedes, Pythagoras & Co.
als würde er etwas auseinanderreißen.
So einfach sollte das sein? Ich packte an und zerrte, bis ich glaubte, mir würden gleich alle Adern in Gesicht und Armen platzen, doch das
Unüberwindliche Schloss
blieb hart!
Opa holte eine Schere aus seiner Gesäßtasche und reichte sie mir. »Damit funktioniert es vielleicht.«
Wirklich? Ich gab mein Bestes, aber das
Unüberwindliche Schloss
tat ebenfalls gute Arbeit.
Nun setzte Opa die riesige Zange an den Schlossbügel an. »Versuch’s mal mit dem Bolzenschneider!«, forderte er mich auf.
Ich runzelte die Stirn skeptisch. Noch einmal würde ich nicht auf seine Tricks hereinfallen. »Komm schon!«, ermunterte er mich. Ich griff zu, und die Zange durchschnitt den Bügel, als bestünde er aus Lakritze. Als das Schloss vor meinen Füßen auf den Boden fiel, keuchte ich vor Überraschung.
Die Tür war verzogen und klemmte im Rahmen. Opa und ich zerrten mit aller Kraft am Griff und an einem losen Brett – ohne Erfolg. »Das ist wohl die
Unüberwindliche Tür
!«, mutmaßte ich.
»Wir werden sehen«, antwortete Opa, verschwand im Arbeitskeller und kam kurz darauf mit einer Eisenstange wieder. Diese steckte er etwa eine Handspanne breit zwischen Rahmen und Tür und wies mich an zu drücken.
Mit etwas »Hau Ruck!« stand der Schuppen schließlich offen.
Ich hatte mich noch niemals so stark gefühlt.
Aufgeregt trat ich hinein und erwartete Gold und Silber oder verstaubte Kisten oder das Gerippe eines verhungerten Gefangenen. Muffig roch es, wie ein Handtuch, das zu lange feucht im Korb gelegen hatte. Spinnweben legten sich um mein Haupt, doch ich behielt meine ritterliche Würde bei. Ich hoffte auf einen Schatz, doch bis auf eine alte Schaufel fand ich nichts.
»Ach, hier ist die!« Opa freute sich, ich machte ein langes Gesicht.
Er deutete auf die Tür. »Wunderst du dich nicht über deine neu entdeckte Stärke?«
Eigentlich schon.
Opa nahm die Eisenstange. »Mit so einem Muskelschmalzverstärker kann selbst eine Fliege wie du Berge versetzen.«
»Muskelschmalzverstärker?«
»Eigentlich ist es ein Hebel.« Er deutete auf den Rahmen. »Hier haben wir die Stange aufgelegt. Das ist die Achse oder der Drehpunkt, um den wir die Stange bewegen. Du kannst es auch Stützpunkt nennen, denn der Hebel stützt sich da auf. Die Stange besteht nun aus zwei Armen: ein kurzer an der Tür, das ist der Lastarm, denn da liegt die Last drauf, und ein langer in deiner Hand, das ist der Kraftarm, denn ...?«
»Da drücke ich mit aller Kraft drauf.«
Opa nickte.
»Die Tür klemmte, und wir beide waren nicht stark genug, sie aufzuziehen. Wenn du aber am Kraftarm des Hebels drückst, scheint sich deine Kraft zu vervielfachen.«
»Scheint?«
»Oder glaubst du, du hast Kraftkackbällchensuppe gegessen und bist jetzt Superman?«
Ich lachte. »Wieso war ich denn so stark, wenn ich nicht kräftiger geworden bin?«
Nun lächelte Opa: »Darüber kannst du mal etwas nachdenken. Wenn du mir das Geheimnis verrätst, winkt dir eine ritterliche Belohnung!« Er schlug ein loses Brett mit der Eisenzange heraus und deutete auf einen hervorstehenden Nagel. »Zieh den mal raus. Mit der Hand!«, fügte er an, als ich nach der Zange griff.
Ich zerrte daran und brach mir beinahe einen Fingernagel ab. »Das Ding bewegt sich nicht.«
»Genau! Deswegen gibt es Werkzeuge.«
Nun durfte ich die Zange benutzen. Ich setzte sie an und bog den Nagel mit Leichtigkeit heraus.
»Siehst du: noch ein Hebel! Den langen Arm hältst du fest, der kurze beißt in den Nagel und auf dem Drehpunkt liegen die Backen auf.«
»Meinst du die?« Ich plusterte meine Backen auf. »Oder die?« Ich deutete grinsend auf meinen Hintern.
Opa lachte.
»Was ist, wenn beide Arme gleich lang sind?«
»Dann heben sie sich in ihrer Wirkung auf. Ich habe eine Idee: Du findest mir elf Hebel und gewinnst zu der ritterlichen noch eine fürstliche Belohnung. Abgemacht?«
»Abgemacht«, antwortete ich und deutete auf den Bolzenschneider. »Nummer eins! Und Nummer zwei!«, rief ich und hielt die Schere hoch.
Opa lächelte bestätigend und ich sauste ins Haus.
Vergessen war der Wettstreit der Gewichtigsten. Was wohl die fürstliche Belohnung war? Eine Krone? Ein Pferd? Vielleicht sogar ein Schloss? Ich schaute mich zuerst in der Küche um. Etwas mit Hebel und Drehpunkt suchte ich, das meine Muskelkraft verstärkte. Im Wohnzimmer zog ich alle Schubladen auf und öffnete die Vitrinen, kramte in der Speisekammer in allen Kisten und Kästen
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