Aber bitte fuer immer
Grüße
Jane
PDA von Cal Langdon
Habe darauf bestanden, die anderen zum Mittagessen einzuladen, weil alle völlig deprimiert sind (außer mir natürlich).
Es scheint, als würde die italienische Bürokratie mir die Arbeit abnehmen, indem sie Mark und Holly den Ehesegen (beziehungsweise -fluch) verwehrt. Offenbar kann das junge Paar ohne einen speziellen Stempel auf einem bestimmten Formular, das nur von der amerikanischen Botschaft in Rom ausgestellt werden kann, nicht getraut werden. Die beiden haben nun die Wahl, die ganze Sache abzublasen oder morgen früh ins Auto zu steigen und nach Rom zu fahren.
Im Moment tendiert Mark scheinbar dazu, die Fahrt auf sich zu nehmen. Überraschenderweise ist es seine Holde, deren Entschlossenheit zu wanken scheint. Ich frage mich, ob Holly tatsächlich so begeistert ist von dem Plan, Mark zu heiraten, wie ich – und ihre Freundin Jane – bisher angenommen haben.
Das erklärt zumindest, warum Ms. Harris darauf besteht, unsere Unterhaltung via E-Mail fortzuführen. Sie muss gewusst haben, dass die Begeisterung ihrer Freundin nicht so groß ist, wie sie sein sollte.
Und ich muss sagen, wenn schon Kleinigkeiten wie ein offizieller Stempel und eine achtstündige Fahrt reichen, um Ms. Caputo derart aus der Fassung zu bringen, ist Mark wahrscheinlich besser dran als Single.
Die Frauen sind gerade auf der Toilette, wo sie das tun, was auch immer Frauen auf solchen Örtlichkeiten zusammen tun. Mark telefoniert mit der Mietwagenagentur in Ancona. Offenbar ist das Ersatzfahrzeug, das ihm das New York Journal zugesagt hat, nicht mehr verfügbar. Gut, dass er angerufen hat, bevor wir dorthin gefahren wären.
Das Essen war übrigens köstlich. Wir entdeckten ein kleines,
familienbetriebenes Restaurant, das bei den vielen Akkordeonbauern in der Stadt sehr beliebt ist. Für insgesamt zwanzig Euro genossen wir exquisit zubereitete Pasta al limone , gegrillte Jakobsmuscheln, Insalata caprese und eine Karaffe Frizzante Bianco . Natürlich ernteten wir viele seltsame Blicke von den Einheimischen. Es handelt sich offenkundig um ein Lokal, in dem nicht viele Amerikaner verkehren.
Und in dem man offenkundig noch nie etwas von einem Nichtraucherbereich gehört hat.
Trotzdem, das Essen war köstlich, alles in allem.
Ich nehme an, dass wir nun ins Rathaus zurückkehren, um mit den zuständigen Behördenvertretern weiterzudiskutieren. Mit etwas Glück bekommen wir Verstärkung von Inge Schumacher – was diese Tragikomödie auf eine ganz neue Ebene der Heiterkeit hebt – und ihrem Urenkel, der uns nicht mehr von der Seite zu weichen scheint… nicht, dass seine beinahe ständige Anwesenheit Ms. Harris stören würde. Tatsächlich glaube ich allmählich, dass sie diesen Burschen gerne um sich hat. Peters Dauerpräsenz macht es mir sehr schwer, all die Dinge zu sagen, die ich seinem Objekt der Verehrung gerne sagen würde …
Aber vielleicht ist das ja gut so. Ich scheine nämlich ständig die merkwürdigsten Dinge zu denken – und zu sagen – in Gegenwart dieser Frau. Ich sagte ihr, sie sei niedlich, wenn sie sich aufregt. Was habe ich mir dabei gedacht? Ich sage sonst NIE so etwas, geschweige denn, dass ich es schreibe.
Richtig. Sie hat es schriftlich, den ewigen Beweis meiner Idiotie.
Man sollte mich erschießen.
Vor allem, seit sie mir unmissverständlich klargemacht hat, sie halte mich für einen … was war es noch? O ja. Einen Arsch. Wie reizend, von einer Frau, die ihren Lebensunterhalt mit einem Katzencomic verdient, für einen Arsch gehalten zu werden. Verzeihung, aber habe ich etwas erfunden, mit dem ich ständig
konfrontiert werde, weil es mit Saugnäpfen befestigt an Autoscheiben hängt? Nein, habe ich nicht.
Das liegt nur an diesem verdammten Perlwein. Genau das ist der Grund. Ich brauche einfach ein Bier. Da es nicht so aussieht, als könnten wir den Wagen in Ancona umtauschen, überrede ich Mark vielleicht zu einem Kneipenbesuch heute Nachmittag – in Porto Recanati gibt es diese Crazy Bar – und rede ihm die Sache mit der Hochzeit bei einem kühlen Blonden aus…
Obwohl ich denke, dass ich meine Ansichten über Ms. Harris für mich behalten werde. Genau wie die Tatsache, dass sie heute Schuhe trägt, die ich noch nie gesehen habe. Offene Schuhe natürlich, mit pinkfarbenen Riemchen, die kreuz und quer über das Katzentattoo laufen …
Ich brauche dringend frische Luft.
Reisetagebuch
von
Jane Harris
Arme Holly. Sie ist am Boden
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