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Abgebrezelt

Abgebrezelt

Titel: Abgebrezelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Schmidt
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’ne Tüte Haferflocken gehalten!«
    »Immer noch die alte Spaßmacherin! Hahaha. Aber jetzt mal im Ernst, hast du nicht mal darüber nachgedacht, beruflich irgendwann was anderes zu machen?«
    »Wer sagt, dass man dauernd den Job wechseln muss? Ich bin ganz zufrieden.«
    »Sag mal«, wechselt Jens abrupt das Thema, »kennst du vielleicht einen guten Makler hier in Köln? Ich such nämlich immer noch ’ne Wohnung, was richtig Großes, schöner Altbau … « Und dann redet er die nächsten zehn Minuten über die Wohnung, die er sucht, und ich verfalle in eine Art Wachkoma.
    »Terrasse wäre gut, nach Süden natürlich … blablabla … großer Stellplatz … ab 180 Quadratmeter … blablabla … Parkett, bloß kein Laminat … bodentiefe Fenster müssen schon sein … blablabla.«
    Hunger habe ich keinen mehr, aber es merkt ja auch keiner, dass ich mein Essen noch nicht mal probiert habe. Ich schiebe ein paarmal meine Gabel über den Teller, damit es sich so anhört, als würde ich essen. Jens redet und redet in einem fort. War der Mann schon immer so? Oder haben die Hanseaten ihn zu so einem ignoranten Angeberarsch gemacht? Ich bin mir seltsamerweise nicht ganz sicher und muss mir eingestehen, dass sein gutes Aussehen für mich schon immer eine sehr große Rolle gespielt hat. Ich war verliebt in sein Lächeln, in seine schönen grünen Augen und seinen tollen Körper. Aber war ich auch verliebt in sein Wesen? Wenn man ihn auf das reduziert, was er so von sich gibt, hat er tatsächlich was von einer Tüte Haferflocken: Trocken und langweilig! Aber der Gedanke, dass ich mich vielleicht wegen eines Mannes mehrere Jahre verrückt gemacht habe, aus dessen Mund nur Müll rauskommt, verwirrt mich, und ich beschließe zu glauben, dass er erst in Hamburg zu einer hohlen Hupe mutiert ist. Alles andere wäre nicht gut für mich.
    »Hörst du mir überhaupt zu?«, fragt er mich.
    »Ähmm, klar! Höchstens vierzig Quadratmeter, kein Balkon und Einbauküche! Keller wäre schön, muss aber nicht unbedingt sein. Wenn ich was höre, sag ich dir natürlich Bescheid.«
    »Nein, Jessie. Ich sagte mindestens hundertachtzig Quadratmeter, Terrasse, Tiefgaragenstellplatz und Sauna wär nicht schlecht.«
    »Meint ich doch! Wie gesagt, wenn ich was höre … «
    »Sehr gut! Darfst mich auch gerne mal besuchen!
    »Klasse!«
    So langsam wird mir übel.
    »Sag mal, auf deine Geburtstagsparty, was kommen denn da so für Leute?«
    »Nur Arschgeigen und Kotzbrocken!«, rutscht es mir raus. »Wieso?«
    »Ach Jessi! Schön, dass du nach so vielen Jahren bei deiner Badewannenfirma deinen Humor nicht verloren hast. Echt bemerkenswert. Aber jetzt mal ernsthaft.«
    »Na ja, Freunde und ein paar Arbeitskollegen eben, warum fragst du?« Ich kann ihm ja nicht sagen, dass die Party höchstwahrscheinlich aufgrund kleiner körperlicher Indispositionen ins Wasser fällt.
    »Tja, ich kenne ja jetzt nicht mehr allzu viele Leute hier in Köln, und das wäre natürlich schon eine gute Gelegenheit, ein paar Kontakte zu knüpfen. Social Networking ist mittlerweile eine meiner großen Stärken!«
    Also, jetzt reicht’s! Dieses dumme Gelaber muss sich noch nicht mal eine Frau mit Matschauge antun. Da ist mir ja die dicke RTL-Psychologin noch lieber, sogar mit Herrn Rademann würde ich eher essen gehen, als noch mal mit diesem ungefüllten Arschkrapfen.
    »Du, Jens, ich müsste mal kurz auf die Toilette. Bin gleich wieder da!«
    Ich rufe nach Peter, der direkt neben unserem Tisch gestanden haben muss, denn der antwortet wieder sofort. Dann führt er mich, indem ich meine Hände auf seine Schulter lege und wie ein kleines hässliches Entenkind hinter der blinden Enten-Mama herwatschle, aus dem Raum. Man muss zunächst durch eine Art Schleuse, damit kein Licht in das Restaurant fällt. Als ich aus der Schleuse komme, bin ich zunächst schwer geblendet, aber glücklich über das Licht und noch glücklicher, dass ich diesen Vollidioten los bin. Nach und nach kann ich wieder normal sehen und bin sehr erleichtert.
    »Die Toiletten sind rechts, Fräulein Jessica.«
    »Ich muss gar nicht zur Toilette. Können Sie mir bitte meine Jacke bringen?«
    »Sie wollen schon gehen? Aber Sie haben doch noch gar nichts gegessen und Ihre Begleitung –«
    »Meine Begleitung bleibt und zahlt!«
    »Aber er weiß doch gar nicht, dass Sie gehen. Soll ich ihm sagen, dass –«
    »Nein! Er wird schon irgendwann merken, dass ich nicht mehr wiederkomme, und ehrlich gesagt, der Mann braucht

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