Abgehauen
leid.«
Ich fühle mich zusammensacken, aber meine Schale bleibt gerade sitzen.
Ich habe Sehnsucht nach einem letzten Wort, nach Frieden. Ich sitze da und wage nicht, den Seufzer der Erleichterung hören zu lassen.
Lamberz: »Ich ziehe mein Veto zurück.« Pause. »Wo willst du denn hin?« »Ich weiß es noch nicht.« Lamberz: »Ins Ausland?« Ich: »Vielleicht.« Lamberz: » Nach Amerika? «
Ich: »Nein, nicht so weit weg. Ich möchte Schauspieler bleiben, ich brauche meine Sprache.« Lamberz, nach einer langen Pause: »Viele haben sich besonnen, viele sind zurückgekehrt. Tolstoi. Ehrenburg. Du kannst auch zurückkommen. Wenn du willst.« Ich: »Wenn ich zurückkommen will, werde ich nicht zu feige dazu sein. Aber ich kann nur kommen, wenn es mir gutgeht. Und vielleicht komme ich in eine etwas andere DDR.«
»Kann der Überbringer deines Tagebuchs ein Duplikat davon anfertigen?« »Nein.«
»Ich werde den Innenminister anrufen und sagen, daß ich meinen Einspruch zurückziehe. Auf Wiedersehen, Manfred.« »Auf Wiedersehen, Werner.«
Berlin, 15. Sept. 1977
Sehr geehrter Werner Lamberz,
mein Freund, der Schriftsteller Jurek Becker, wird das Päckchen überbringen; für ihn lege ich meine Hand ins Feuer.
Ich muß um Entschuldigung dafür bitten, daß die verabredete Übersendung des Manuskripts mit einiger Verspätung stattfindet. Es war so ungünstig versteckt, daß ich nicht eher herankommen konnte. Nur sehr wenige Stellen möchte ich unkenntlich machen, einfach um Personen und persönliche Aussagen in einigen Fällen zu verwischen.
WIR HATTEN VEREINBART, DASS DIESES MANUSKRIPT NUR FÜR DICH PERSÖNLICH BESTIMMT IST. ( …)
….. Sei gegrüßt
Manfred Krug
Knapp ein halbes Jahr später, am 6. März 1978, stürzte Lamberz während eines Staatsbesuchs in der Sozialistischen Libyschen Arabischen Volksyamahiriya mit einem Hubschrauber ab und verunglückte tödlich.
BERICHT ÜBER DEN LETZTEN ABEND
BV für Staatssicherheit Berlin, den 21.6.1977
Berlin Mü./Tel. 315
Abteilung
Operative Information
OV »Oldtimer« – Krug, Manfred und Personen aus dem Umgangskreis.
Quellen: IMV »Salmann« und Ehefrau, zuverlässig, überprüft.
Sonnabend, den 18.6.1977:
K r u g befand sich bis in die Nachmittagsstunden auf seinem Grundstück und war mit den Verladearbeiten beschäftigt. Da keine fremden Personen auf dem Grundstück sein durften, war es dem IMV nicht möglich, daran teilzunehmen.
Gegen Abend erschienen dann der Krug und seine Ehefrau sowie der Jurek Becker beim IMV und man verbrachte den Abend gemeinsam in einer ruhigen Trinkerrunde. Dabei wurden allgemeine Gespräche geführt und Ferngesehen und es wurde peinlichst vermieden, über die Problematik der bevorstehenden Ausreise zu sprechen. Gegen 2.00 Uhr verließ der Krug mit seiner Frau die Wohnung und begab sich nach Hause. Jurek Becker begab sich ebenfalls nach Hause.
Es wurde so verblieben, daß alle Personen zum Mittagessen gegen 12 Uhr wieder zum IMV kommen.
Sonntag, den 19.6.1977:
Gegen 14 Uhr erschien der Krug mit Familie und der Haushälterin »Engelchen« sowie Jurek Becker zum Mittagessen beim IMV.
Danach verließ der Krug wieder das Haus des IMV und begab sich zu seinem Grundstück, um die letzten Sachen zu verpacken.
Der IMV und seine Ehefrau begannen unter kräftiger Mithilfe von Jurek Becker die Abschlußfeier für den Abend vorzubereiten. Zu diesem Zwecke wurden die angefertigten kalten Platten aus dem Restaurant »Stockinger« Schönhauser Allee von Jurek Becker und der Ehefrau des IMV abgeholt und die alkoholischen Getränke eingekauft. (25 Flaschen Wodka, 60 Flaschen Sekt).
Gegen 19.30 erschienen dann die ersten Gäste zur Abschlußfeier. Es waren anwesend:
- Krug, Manfred und Ehefrau Ottilie sowie die Haushälterin »Engelchen«.
- Günter Kuner und Frau
- Klaus Poche und Frau
- Jutta Hoffmann allein
- Jurek Becker und seine geschiedene Ehefrau Rikke
- Pröbrock und Ehefrau
- Willy Moese und Ehefrau Maria
- Armin Müller-Stahl und EhefrauSarah Kirsch erschienen gemeinsam
- Ehepaar Schädlich
- Klaus Schlesinger und Bettina Wegner mit Sohn David
- Lothar Reher und
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