abgemurkst: Maggie Abendroth und das gefährliche Fischen im Trüben (German Edition)
sie sagte:»Scheißtherapie. An den Händen fassen, Lichter visualisieren, alles Quatsch. So löst man keine Probleme. Aber Sibylle hat nie auf mich gehört. Und die Mistkerle hatten es verdient. Wer sich aufführt wie ein Tier, soll sterben wie ein Tier. Ich habe die Frauen aus ihrem Elend befreit. Ich! Keiner von diesen Psychofritzen hat sich jemals getraut, Nägel mit Köpfen zu machen!«
Eine Krankenschwester verließ Türen knallend den Behandlungsraum. Aber die Künstlerin war noch nicht fertig, denn als Nächstes erzählte sie, wie sie ihre Geliebte, Sibylle Schröder-Fröse, aus ihrem Elend befreit hatte. Das hätte sie lieber nicht tun sollen. Denn den Geräuschen nach zu urteilen, war die Forelle, die im übernächsten Behandlungsraum verarztet wurde, mit dem Geständnis nicht einverstanden. Es schepperte plötzlich laut, so als wäre ein Behandlungstisch mitsamt den Gerätschaften umgeworfen worden. Ich hörte Ariadnes schrilles Lachen, dazwischen das Schluchzen der Forelle und die aufgeregten Stimmen der Ärzte und Pfleger, die wahrscheinlich versuchten, die Therapeutin davon abzuhalten, der Künstlerin die Luft abzudrehen. Ich verstand in dem ganzen Chaos nur so viel: Sibylles Ehemann war der Erste gewesen, den Ariadne aus dem Leben einer Frau expediert hatte, nicht ganz uneigennützig, denn sie war schon lange in die Forelle verliebt, die allerdings noch auf den rechten Pfad der Frauenliebe hatte geführt werden müssen. Da hat Ariadne mal eben nachgeholfen. Es war gar nicht schwer gewesen, den Mann mit K.o.-Tropfen zu betäuben, in den Wald zu fahren und dort nackt aufzuknüpfen, betonte sie.
Da hatte Sattelmann ja noch richtig Glück gehabt, dass sie ihm seinen Anzug gelassen hatte, dachte ich wenig pietätvoll.
Die Forelle bekam das Geld aus der Lebensversicherung, weil alles auf Selbstmord hindeutete, konnte die Schulden bezahlen und bekam eine Freundin dazu, die sie abgöttisch liebte und ihr nie mehr von der Seite wich. »Meine erste wirklich wichtige Ausstellung! Mit aller Liebe, zu der ich fähig war!«, brüllte Ariadne. Ein Arzt verlangte nach zwei Ladungen Diazepam für die außer Rand und Band geratenen Frauen. Vermutlich hatte eine der Krankenschwestern schnell reagiert, denn bis auf das Piepsen eines Monitors war es plötzlich ganz still. Sogar mein Assistenzarzt hatte aufgehört, in meiner Vene herumzustochern, und lauschte andächtig. Und als es nichts mehr zu belauschen gab, schloss er endlich die Tür zum Nebenraum und kam lächelnd mit hocherhobener Spritze wieder auf mich zu.
Das war der Moment, um vom Behandlungstisch zu springen. Der junge Assistenzarzt war zu verblüfft, um sich mir in den Weg zu stellen. Ich machte einen großen Satz an ihm vorbei, riss mir die Blutdruckmanschette vom Arm und schaffte es bis vor die Tür. Gott sei Dank stand Winnie im Gang und baute sich schützend vor mir auf. Ich klammerte mich an ihm fest und verkündete laut, dass ich endlich nach Hause will. Aus den Behandlungsräumen kamen diverse Weißkittel, Schwestern und Pfleger, die wissen wollten, wem sie die nächste Ladung Diazepam verabreichen sollten. Winnie versicherte allen, die entnervt auf dem Gang herumstanden, dass er mich durchaus im Griff hätte, auch ohne Betäubungsgewehr. Und dann sah die Idsteiner Ärzteschaft endlich ein, dass es für alle Beteiligten besser wäre, mich ziehen zu lassen. Man lieh mir netterweise ein blaues OP-Outfit und Gummiclogs. Vorher musste ich mit meinem Blut einen Wisch unterschreiben, dass ich weitere Untersuchungen abgelehnt hatte und dadurch meinen vorzeitigen Tod billigend in Kauf nahm.
Ich bekam meine nassen Sachen in einem Müllbeutel ausgehändigt. Und ehe ich noch »Nein, ich will lieber ein Taxi« sagen konnte, hatte ich schon einen Helm auf dem Kopf, steckte in Winnies zentnerschwerer Lederjacke, saß auf einer Harley und wurde von Idstein zurück nach Bad Camberg katapultiert.
Dank Onkel Wallas Umsicht waren im Hotel Taunus zwei Zimmer für uns reserviert. Als mich der Nachtportier in meinem unkleidsamen OP-Outfit frieren sah, erbarmte er sich und warf die Kaffeemaschine und die Fritteuse an. Er versprach, sich sofort um meine nassen Sachen zu kümmern. Kurze Zeit später durfte ich unter Winnies Aufsicht in der Badewanne Pommes rot-weiß essen und Kaffee trinken.
Während wir die Fritten in uns reinstopften, erzählte er mir, wie er mit dem Motorrad nach Bad Camberg gerast war, um noch rechtzeitig beim großen Showdown mitzumischen. Die
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