Abgezockt
seiner Opfer zu diesem Anlass erschienen. Er hatte immer geglaubt, er werde einmal allein sterben, ohne Freunde oder Feinde in seiner Nähe.
»Ich will Ihnen meinen Namen sagen«, antwortete der Profi. Das Blut in seiner Kehle erschwerte es, zu sprechen.
»Ich dachte, der ist James Mitchell. Aber bitte, sagen Sie ihn. Mir ist es scheißegal«, erwiderte Josh.
Das mangelnde Interesse tat dem Killer weh. Als er die Pistole sah, fürchtete er, Michaels werde schießen, bevor er dazu kam, seinen Namen zu nennen. Er wartete nicht auf eine Aufforderung.
»John Kelso. Mein Name ist John Kelso.« Er platzte damit heraus wie ein Beschuldigter im grellen Licht eines Vernehmungsraums.
John Kelsos Opfer murmelten seinen Namen.
»Gott, ist Ihnen das so wichtig?«, fragte Josh.
Kelso schluckte und schmeckte das Blut, das ihm aus der Nase in den Hals lief. »Ja.«
Michaels wandte ruckartig seinen Kopf ab und sah aus dem Fenster.
Das Geheul von Polizeisirenen erfüllte die Luft. Noch klangen sie fern und gedämpft, aber bald wären sie da. Nachbarn, die die Schießerei gehört hatten, mussten sie verständigt haben.
Von der näher kommenden Polizei in Panik versetzt, merkte Josh, dass die Zeit knapp wurde.
»Sagen Sie, haben Sie an meinem Flugzeug herumgepfuscht?«, fragte er.
Kelso warf einen Blick zu Keegan in der ersten Reihe. »Ja, das hab ich.«
Michaels atmete tief durch und schloss sekundenlang die Augen. »Ich wünschte, ich könnte Sie noch mal töten.«
Langsam nahmen Kelsos Opfer festere Gestalt an, dafür wurden Josh Michaels und das Haus nebulös. Kelso wusste, dass seine Zeit bald abgelaufen war.
Die Sirenen wurden lauter. Josh wollte zur Haustür gehen. Kelso hielt ihn an einem Bein fest. Josh stoppte und sah zu ihm herab.
»Sagen Sie meinen Namen«, verlangte Kelso.
»Leck mich!«, spie Michaels hervor.
»Sagen Sie meinen Namen. Dann sage ich Ihnen etwas, das Sie wissen sollten. Dringend wissen.«
»Und das wäre?«
»Sagen Sie meinen Namen«, forderte Kelso unnachgiebig.
Michaels zögerte. Die Sirenen waren jetzt ganz nah – unbehaglich nah. »Na schön. John Kelso. Ihr Name ist John Kelso. Jetzt reden Sie!«
»Sie können sie nicht mehr retten. Sie kommen zu spät.«
»Wen
retten?« Michaels’ verwirrter Blick kehrte zurück.
»Ihre Familie. Sie können sie nicht mehr retten.«
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31
J osh erstarrte das Blut in den Adern. Es schien, als würde sein Körper bei der leisesten Berührung in Stücke zerfallen. Er weigerte sich, das zu glauben. Egal, was Kelso sagte, es war noch nicht zu spät. Er konnte immer noch etwas dagegen tun. Mit einem Tritt schüttelte er Kelsos Hand ab, die sein Bein umklammerte.
»Was haben Sie mit Kate und Abby gemacht?«
Der Killer lachte. Sein Blick huschte in alle Richtungen. »Sie kommen zu spät«, wiederholte er.
»Sagen Sie das nicht.«
Josh war verwirrt. Der Mann lachte ihn aus. Vor Wut hätte Josh ihn am liebsten ein Leben lang gequält. Er wollte ihn bereuen lassen, was der Kerl ihm, seiner Familie und Bell an Elend zugefügt hatte. Anscheinend waren die Sirenen jetzt direkt vor der Tür. Es blieb keine Zeit mehr.
»Sind die beiden noch am Leben?«
»Bis Sie hinkommen, nicht mehr.«
»Was soll das heißen?«
Kelso schüttelte den Kopf und lachte. Josh wusste, mehr würde er aus dem Killer nicht herausholen.
»Zeit, dass Sie es mit gleicher Münze heimgezahlt kriegen«, sagte Josh.
Er streckte seinen aufgerichteten Daumen aus und drehte ihn langsam abwärts. Als er ganz nach unten wies, schoss Josh dem Killer mitten ins Gesicht.
John Kelsos Lachen verstummte.
Den Revolver noch in der Hand, rannte Josh aus dem Haus. Nachbarn spähten hinter Vorhängen hervor. Er sprang in sein Auto und warf die Waffe in den Fußraum der Beifahrerseite. Von beiden Enden der Straße kamen jetzt Polizeiwagen, aber sie waren noch mehrere hundert Meter entfernt. Josh brauste davon. Die Scheinwerfer schaltete er gar nicht erst ein. Er bog nach links in eine kleine Wohnstraße, ohne an der Kreuzung zu bremsen. Es war ein kleiner Umweg, der seine Fahrt ein paar Sekunden verlängern würde, aber dafür käme er nicht den Bullen in die Quere.
Er schaute in den Rückspiegel und stellte erleichtert fest, dass ihn niemand verfolgte. Als er in eine zweite Straße bog, sah er einen Streifenwagen über die nächste Kreuzung auf Bells Haus zujagen. Jetzt war er aus dem Schneider. Die Polizei würde ihn nicht aufhalten; fürs Erste jedenfalls. Wahrscheinlich hatten
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