Abgezockt
Quatsch!
Tyrell hatte keine Zeit für kollegiale Bedenken. »Wollen Sie den Job?«
»Ja«, antwortete der andere Killer.
»Dann verstehen wir uns?«
»Ja.«
»Schön.« Tyrell griff zu seinem Aktenkoffer, legte ihn auf seinen Schoß und zog zwei Aktenordner hervor, die er aufs Bett fallen ließ.
Der neue Killer nahm die beiden Heftmappen. Er machte es sich in einem der Sessel am Fenster bequem, schlug die erste Akte auf und blätterte sie rasch durch. Das Gleiche tat er danach mit der zweiten.
»Wie ich schon zu Ihrem Kollegen sagte: Sie haben zwei Tage Zeit, um Joshua Michaels und Margaret Macey unter die Erde zu bringen. Nichts Umständliches. Okay?«
Der Killer blickte von der Akte auf und nickte. »Was ist mit meinem … Kollegen? Was soll mit ihm passieren?«
»Der stellt ein Risiko dar. Ich hätte ihn gern aus meinem Wirkungskreis entfernt. Wenn Sie ihn finden, können Sie ihn umlegen. Es wird nicht zu Ihrem Schaden sein.«
»Und wie finde ich ihn?«
Tyrell zog noch eine Akte aus dem Koffer und ließ sie aufs Bett fallen. »Ich dachte mir schon, dass die Sache Sie interessieren könnte. Diese Akte enthält sämtliche Informationen.«
Der Killer ergriff den schmalen Heftordner – viel dünner als die beiden anderen –, nahm wieder Platz und überflog das Material. Er nickte zustimmend.
»Name und Anschrift kenne ich nicht. Ich habe nur eine Postfachadresse, an die alle Unterlagen und Gelder gehen. Auch die Handynummer, über die ich ihn kontaktiere, ist beigefügt. Aber nur dass Sie’s wissen: Er ändert seine Nummer regelmäßig. Ich dachte mir, ein Mann Ihres Fachs kann ihn vielleicht über die Nummer aufspüren«, sagte Tyrell.
Der Killer verstaute das Material in seinem eigenen Aktenkoffer, stand auf und kam mit ausgestreckter Hand auf Tyrell zu. Tyrell schloss seinen Koffer, stand ebenfalls auf und schüttelte die Hand.
»Ich glaube, mehr brauche ich nicht zu wissen«, sagte der Killer. »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen, werde ich mich noch heute Abend um einen Flug bemühen. Ich melde mich, sobald es etwas Neues gibt.«
»Wie darf ich Sie nennen? Unser Verbindungsmann hat keinen Namen erwähnt.«
Der Killer zögerte einen Moment. Dann lächelte er. »Mr. Smith.«
Tyler erwiderte das Lächeln. »Ich bin sicher, in Ihrer Branche gibt es viele Männer, die so heißen.«
»Ein paar.« Smith ließ Tyrells Hand los und verabschiedete sich.
Tyrell überprüfte kurz, ob er alles eingepackt hatte. Er war zufrieden. Die Dinge würden sich zum Besseren ändern, und das schnell.
Ich sehe schon die Schecks reinflattern.
»Peng, peng – du bist tot!«, scherzte er.
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22
D ie Trauerfeier für Mark Keegan fand in der anglikanischen St.-Thomas-Kirche statt. Joshs Flugpartner war nicht religiös gewesen, aber seine Schwester. Sie wollte eine kirchliche Beisetzung. Das Gotteshaus war voll mit Angehörigen, Arbeitskollegen, Mitgliedern des Fliegerklubs, Vertretern der Flugplatzführung, Freunden und Bekannten. Josh saß mit seiner Frau und seiner Tochter in einer Bank und wartete auf den Beginn der Feier.
Orgelmusik und lebhaftes Geflüster übertönten das Schweigen von Joshs Familie. Kate starrte auf die Mauern der Kirche. Abby, die zwischen Josh und Kate saß, starrte zu Boden und klackte dabei geistesabwesend mit den Hacken. Sie waren keine glückliche Familie. Ein Segen, dass Kate wieder zur Arbeit ging und Abby in die Schule. So hatte Josh das Haus für sich allein.
Er sah sich um, und sein Blick fiel auf den Sarg. Die schlichte Tannenholzkiste mit Verzierungen aus Messing stand, mit Kränzen geschmückt, vor dem Altar. Josh konnte es kaum glauben, dass Mark wirklich tot war. Es schien so irreal. Marks Körper dort im Innern dieses Sarges – das konnte nicht wahr sein. Mark war sein Freund gewesen und stand ihm noch lebendig vor Augen, doch immer wieder wurde dieses Bild durch ein anderes verdrängt: Mark, zusammengesackt über dem Steuerknüppel. Es schien fast, als wäre die Trauerfeier ein Schwindel, ein Scherz – ein verspäteter Streich zu Joshs Geburtstag. Sein Drang, zu dem Sarg hinzugehen und den Deckel zu öffnen, wurde nahezu unwiderstehlich. Tief im Innern jedoch wusste Josh die Wahrheit. Mark war tot – ermordet vom selben Mann, der auch ihn zu ermorden versuchte. Dort lag ein unschuldiger Mensch, der seinetwegen gestorben war. Josh wünschte sich fort von hier. Er sollte nicht hier sein. Seine Anwesenheit erschien wie ein Frevel.
Er fühlte eine Hand auf
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