Abgezockt
detailliert einen Durchschnittstypen, und es erstaunte ihn, wie schwierig dies war. Die Rezeptionistin mit der Zuckerwattefrisur fiel ihm wieder ein. Sie hatte gesagt: Diese Beschreibung passt auf viele in unserem Motel.
»Vielen Dank, Bob.« Der jüngere Beamte notierte die Angaben, doch sein strahlendes Lächeln konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass er sie für wertlos hielt.
»Wie geht es jetzt weiter?«, fragte Bob.
»Wir werden Ihre Aussagen überprüfen und Sie zu gegebener Zeit verständigen«, antwortete Williams.
Eine Antwort aus dem Polizeidiensthandbuch,
dachte Bob.
»Aber bei dem, was Sie und Mr. Michaels uns gegeben haben, bin ich nicht sicher, ob irgendetwas herauskommt«, fügte der Beamte hinzu.
Bob runzelte die Stirn. »Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben.«
»Keine Ursache, Sir.« Officer Williams streckte ihm die Hand hin.
Bob schüttelte sie, dann die von Brady, der nichts sagte, sondern ihn nur mit durchbohrendem Blick ansah. Bob vermutete, dass er für Brady einfach ein Spielverderber war, und ließ sich aus dem Polizeirevier bringen.
Beim Aufschließen des Autos bemerkte er, dass auf der Parkuhr noch fünfzehn Minuten fehlten.
Da kann sich jemand freuen,
dachte er, während er einstieg und zurückfuhr.
Wieder in seinem Büro, starrte Bob aus dem Fenster.
Scheiß auf die Bullen,
dachte er.
Die nehmen die Sache erst ernst, wenn Josh als Leiche daliegt und Mitchell mit rauchender Kanone danebensteht.
Wenn die Polizei nichts unternahm, dann würde er etwas tun. Jemand musste der Angelegenheit auf den Grund gehen. Außerdem hatte er keine Lust, Josh zu sagen, dass die Polizei nichts zu tun gedachte. Er wollte seinem Freund etwas Positives vorweisen. Aber was? Da kam ihm die rettende Idee: Es gab doch noch Margaret Macey.
Bob rief Margarets Datei auf, griff zum Telefon und wählte die angezeigte Nummer.
Eine zitternde Stimme sagte: »Hallo?«
»Ist dort Margaret Macey?«, fragte Bob.
»Ja.«
Sie war den Tränen nah. Ihre Angst und ihr Elend gingen ihm an die Nieren. Er sprach ruhig und unaufgeregt. »Hallo, ich bin Bob Deuce. Erinnern Sie sich an mich?«
»Nein«, antwortete sie knapp.
»Ich bin von der Family-Stop-Versicherungsagentur.«
»O nein! Nicht Sie schon wieder! Sie wollen doch bloß, dass ich sterbe. Sie wollen mich umbringen.«
Die Angst der alten Frau war sogar durch die Telefonleitung zu spüren.
Bob kribbelten die Nackenhaare, und der Schweiß brach ihm aus. Stotternd versuchte er, ihr alles zu erklären, drang aber nicht zu ihr durch. Sie bombardierte ihn mit Beschimpfungen und Vorwürfen.
»Ich weiß, dass Sie es sind, und sagen Sie nicht wieder, Sie wären der Pizzabote. Ich bin doch nicht blöd«, schrie sie.
Bob bemühte sich, zu Wort zu kommen. »Nein … nein … Mrs. Macey, Sie verstehen das falsch. Hören Sie doch zu.«
»Ich habe gleich gewusst, dass Sie es sind. Ich merke das immer, und ich weiß, Sie waren in meinem Haus.«
»Aber Mrs. Macey …«
»Sie können mir nichts tun, Sie Schwein!«
Und bevor Bob dazu kam, noch etwas zu sagen, brach die Verbindung ab. Margaret Macey hatte aufgelegt.
Ihre Aggressivität ließ ihn atemlos zurück, und sein Herz raste. Das Blut rauschte ihm in den Ohren, und mehrere Minuten saß er einfach nur da, um sich zu beruhigen. Plötzlich fühlte er sich sehr alt. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn. Was, zum Teufel, war in diese Frau gefahren?
»Das war jedenfalls nicht die positive Nachricht, die ich mir erhofft hatte, Josh«, murmelte Bob bei sich.
Josh und Kate redeten kein Wort. Sie saßen an entgegengesetzten Ecken der Couch, und die Distanz zwischen ihnen war nicht nur in Zentimetern messbar. Abby lag schon im Bett. Das Hauptabendprogramm im Fernsehen war zu Ende, und die Spätnachrichten liefen. Eine Programmvorschau wurde zwischengeschaltet: die Kanal-Drei-Nachrichten, angesagt von einem Sprecher. Mit der Hauptmeldung hatte Josh bereits gerechnet.
»Mehr von dieser Affäre exklusiv auf Kanal Drei – Korruptionsskandal beim Bau der Mountain Vista Apartments in Dixon. Unsere Quelle hat erstmals Namen von Beteiligten genannt«, verkündete der Moderator.
Kate fragte trocken über den Fernsehton hinweg: »Bist du das?«
»Ja, vermutlich«, antwortete Josh.
Während sie wieder verstummten, wartete Josh auf den Beginn der Nachrichtensendung.
Als Erstes kam eine Schlagzeilenvorschau. Dann ging der Moderator mit ernstem Gesicht zur Hauptmeldung über.
»Letzte Woche
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