Abgründe

sicher ging ihm auf, dass es sich um das Ende eines Metallstifts handelte, der tief im Kopf des Mannes steckte.
    Die Leiche war stark verwest.
    Sigurður Óli nahm an, dass er seit mindestens drei Monaten tot war.

Fünfundfünfzig
    Ein Angestellter der städtischen Friedhofsbetriebe kam am Montagmorgen zur Arbeit und öffnete einen der Schuppen mit den Arbeitsgeräten auf dem alten Friedhof. Es war kalt, in der Nacht hatte es Frost gegeben, und jetzt blies ein scharfer Wind aus dem Norden. Der Mann war gut dagegen gerüstet, er trug eine Mütze und dicke Wollhandschuhe. Er hatte etwas auf dem Friedhof zu erledigen, was er schon eine ganze Weile aufgeschoben hatte, und holte sich die dazu erforderlichen Geräte aus dem Schuppen. Er hatte es nicht eilig, er rechnete damit, dass der ganze Morgen damit draufgehen würde. Er durchquerte den Friedhof in Richtung Suðurgata. An die Stelle auf dem Grab von Jón Sigurðsson hatten Jugendliche Nonni rules gesprüht. Er fand das nicht weiter schlimm, sondern nahm es eher als ein Zeichen dafür, dass junge Leute sich Gedanken über die isländische Unabhängigkeit machten. Irgendeiner von ihnen hatte doch zumindest gewusst, wer Jón Sigurðsson war. Er warf einen Blick nach links, hielt unwillkürlich inne und sah genauer hin. Es kam ihm so vor, als hocke da ein Mann auf einem der Gräber. Er betrachtete ihn lange, und als die Gestalt sich überhaupt nicht rührte, ging er langsam auf das Grab zu. Dort angekommen sah er, dass der Mann tot war. Er trug abgerissene Sachen und hatte die Knie angezogen, wie um sich gegen die Kälte zu schützen. Das Gesicht war leichenblass, und die Augen richteten sich halb geöffnet zum Himmel, als habe der Mann in der Stunde seines Todes zu den Wolken hochgeblickt und um nichts weiter gebeten, als dass sie für einen Augenblick aufrissen und ein Stück klarblauen Himmel freigäben.