Abraham Kann Nichts Dafür. 66 Neue Satiren.
durch.
Er verstand ihn nicht. »K wie Kamel«, brüllte ich, »I wie Ipsilon, S wie Sicherheit, H wie Höhenluft, O wie Oma und N wie
Napoleon.«
»Wie was?«
»Wie Napoleon. Napoleon! «
»Welcher Napoleon?«
»Den französischen Kaiser meine ich.«
»Also K wie Kaiser.«
»Nein, Napoleon, mit N.«
»Entscheiden Sie sich, bitte.«
»Nena.«
»Ist sie Französin?«
»Nein.«
»Aber Sie haben vorhin einen französischen Kaiser erwähnt.«
»Vergessen Sie's.«
»Meinten Sie vielleicht Napoleon Bonaparte?«
»Ja, genau den.«
»Was ist mit ihm?«
»Er ist tot. Aber mein Nachbar noch nicht. Hoffentlich. Er wird von einem Gangster mit einem Messer bedroht.«
»Moment. Wie ist Ihr Vorname?«
Ich nannte meinen Vornamen.
»Die Polizei muß in diesen Dingen sehr genau sein«, erklärte mein Gesprächspartner. »Nur so ist es möglich, einen Anrufer später zu identifizieren, falls er die Polizei irregeführt hat.«
Ich versicherte ihm, ich hegte die ehrenhaftesten Absichten.
Dann erkundigte sich Eins-Null-Null nach meinem Beruf. Und dann nach meiner Adresse.
»Ramat Gan«, sagte ich, »Reuvenistraße 64, Block 3, Tür 7.«
»Wo ist das?«
»Das ist sehr einfach«, erklärte ich ihm. »Sie fahren mit dem Autobus Nr. 21 bis zum Friedhof, dort steigen Sie aus, biegen nicht die erste, nicht die zweite, aber die dritte Straße nach rechts ab, dann noch einmal nach rechts, dann gehen Sie geradeaus, bis Sie die großen weißen Häuser mit den hellgrünen Rolläden sehen. Das ist die Reuvenistraße.«
»Ja, ich kenne die Gegend. Warum erzählen Sie mir das eigentlich alles?«
»Lassen Sie mich einen Moment überlegen«, ich dachte nach. »Leider fällt es mir im Augenblick nicht ein. Ich habe es irgendwie vergessen. Bitte, entschuldigen Sie die Störung.«
»Nicht der Rede wert.«
In der Nacht, die auf Seligs Trauerfeier folgte, hatte ich einen Alptraum: Ich jagte mit einem Bluthund die Polizei. Vergeblich. Der Bluthund hieß Napoleon. Mit Z wie Polizei.
Post mortem
In gut unterrichteten Kreisen ist es längst kein Geheimnis mehr, daß im gelobten Land eine bemerkenswerte Inflationsrate von 400 Prozent pro Jahr herrscht. Jedenfalls war sie heute morgen noch nicht höher.
Die Lage ist allerdings nicht ganz so ernst, wie sie sich anhört. Manchmal können ganze Stunden vergehen, ohne daß die Preise erhöht werden.
Wie dem auch sei, auch ein so gut prosperierendes Wirtschaftsgefüge kann nicht umhin, mit der Zeit die Mentalität der Bevölkerung entscheidend zu prägen. Dieser Mißstand wurde mir an dem Tage bewußt, als unser Hofelektriker namens Abulafia kam, um irgendwelche ausgefransten Kurzschlußkabel zu reparieren. Nach getaner Arbeit hinterließ er auf dem Küchentisch eine detaillierte Rechnung, die er auf eine leere Zigarettenschachtel hinkritzelte: »2400 Shekel bis morgen mittag abzuliefern in Jaffa, Balkanstraße 12, Abulafia.« Wir verfielen in Panik.
»Wenn Abulafia bis morgen mittag sein Geld nicht hat«, sagte die beste Ehefrau von allen, »wird er uns nie wieder etwas reparieren. Ephraim, du mußt morgen früh sofort nach Jaffa und diesem Gauner sein schmutziges Geld bringen.«
»Morgen kann ich nicht«, erwiderte ich. »Ich muß zur Stadtverwaltung, um ein Ratenabkommen für die Wasserrechnung vom Swimmingpool des Hilton-Hotels zu vereinbaren, die wir seit zwei Jahren irrtümlicherweise zugestellt bekommen.«
»Dann schick diesem Abulafia das Geld.«
»Wie?«
»Mit der Postsparkasse. Wir haben doch seine Adresse.«
»Du weißt, daß Abulafia keinen Scheck annimmt«, erinnerte ich sie, »die Leute vom Finanzamt kennen ihn nicht, und er zieht es vor, diesen Status beizubehalten.«
»Von mir aus«, konzidierte die beste Ehefrau von allen. »Aber die Postsparkasse ist keine normale Bank. Und du kannst dem Mann dort immer noch erzählen, daß du diesem Abulafia keinen Lohn zahlst, sondern ihm nur eine steuerfreie Wohltätigkeitsspende schickst.«
Der Mann-dort erwies sich als das Mädchen-dort. Rundlich, drall und made im Nahen Osten wie die meisten ihrer Artgenossinnen auf der Post. Es dauerte eine ganze Weile, ehe ich sie aus der Nähe betrachten konnte, denn vor ihrem Schalter befand sich eine längere Schlange, die sich nur sehr träge vorwärtsbewegte. Die Leute vor mir machten auch entsprechend treffende Bemerkungen über Schneckentempo und das durchaus mit Recht.
»Guten Tag«, sagte ich höflich zur Drallen, als ich ihr endlich gegenüberstand. »Ich möchte bitte ein
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