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Abraham Kann Nichts Dafür. 66 Neue Satiren.

Abraham Kann Nichts Dafür. 66 Neue Satiren.

Titel: Abraham Kann Nichts Dafür. 66 Neue Satiren. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ephraim Kishon
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Geldüberweisungsformular über 2400 Shekel.« Die Dralle richtete ihre Augen auf mich. Sie waren in einem hübschen Schokoladenbraun gehalten, wenn auch in Erbsengröße.
    »Wohin wollen Sie diese lächerliche Summe senden?«
    »Nach Jaffa«, sagte ich ihr, »an Abulafia.«
    »Warum überweisen Sie das nicht durch Ihre Bank?«
    »Ich kenne Abulafias Kontonummer nicht.«
    Das rundliche Fräulein durchdachte die Lage. »Sie können das Geld mit der Post schicken«, lautete das Ergebnis, »aber es wird mindestens zehn Tage dauern, bis Ihr Abusowieso es bekommt.«
    »Die Post wird doch nicht schon wieder streiken, oder?«
    »Keine Ahnung«, sie zuckte die Achseln, »ich weiß nur, daß ich gestern einen Brief meiner Schwester aus Jerusalem bekommen habe, der zwei Wochen lang unterwegs war.«
    Ich fühlte, wie mir das Blut aus den Adern wich. Wenn Abulafia nicht bis morgen mittag sein Geld bekam . . . bei fünfhundertprozentiger Inflation . . . bin ich ihm in zehn Tagen doppelt soviel schuldig . . .
    »Also, was soll ich tun?« flehte ich die Dralle an. »Geben Sie mir einen Rat.«
    »Warum schicken Sie ihm nicht einen ganz normalen Barscheck?«
    »Aber der würde ja auch mit der Post befördert werden.«
    »Ach ja«, pflichtete die Dralle mir bei, »daran habe ich nicht gedacht.«
    Wir versanken in tiefes Schweigen und dachten angestrengt nach. Einige ungezogene Grobiane hinter mir begannen taktlose Bemerkungen über Schneckentempo und ähnliches zu machen, doch wir sahen elegant darüber hinweg, die Dralle und ich.
    »Hören Sie zu«, brach sie unser Schweigen. »Vielleicht brauchen Sie unsere Postsparkasse gar nicht. Stecken Sie das Geld einfach in ein Kuvert und adressieren Sie es an den Sowieso. Moment!« Sie griff nach dem Telefonhörer und wählte eine Nummer. Sie war besetzt.
    »Ich wollte mich nur erkundigen, ob die Briefträger morgen streiken«, erläuterte sie. »Man kann nie wissen.«
    Die Unruhe hinter mir glich inzwischen einer kleinen Revolte.
    »Die Inflation hat Postanweisungen fast unmöglich gemacht«, vertraute mir die Dralle an. »Neulich wollte ich einer Freundin in Haifa 3000 Shekel schicken, weil sie mir vorigen Sommer 30 Shekel geborgt hatte. Aber sie beschwor mich, das Geld keinesfalls mit der Post zu schicken, was ich durchaus verstehen kann.«.
    Man kann über meine Dralle sagen, was man will, als Postbeamtin besaß sie erstaunliche Objektivität. Inzwischen versuchte sie wieder, wegen des Poststreiks zu telefonieren, aber die Leitung war besetzt.
    »Wissen Sie«, erzählte sie mir, »ich habe einen Onkel in Haifa. Er ist dorthin gezogen, nachdem er seine Frau wegen irgendeiner kleinen Schlampe verlassen hatte. Er ist als Versicherungsagent sehr viel unterwegs, verstehen Sie. Also ich überreichte ihm meine 3000 Shekel und Sie werden es nicht glauben: ich gab ihm das Geld um drei Uhr hier in Tel Aviv und um fünf war es bei Kachel in Haifa.«
    »Tss«, sagte ich bewundernd. »Kommt Ihr Onkel nicht auch hin und wieder nach Jaffa?«
    »Ich weiß nicht, ich kann ihn nur über seine Frau erreichen, aber im Moment haben sie alle Beziehungen abgebrochen. Wegen dieser kleinen Schlampe.«
    Zu meinem größten Bedauern mußte ich also einsehen, daß ich selbst mich des Onkels nicht bedienen konnte. Wegen der kleinen Schlampe. Das Leben ist neuerdings hart geworden. »Ich will Sie nicht länger aufhalten, Fräulein«, ich schlug die Augen nieder, »ich glaube, ich werde das Geld doch über Ihre Postsparkasse anweisen lassen.«
    Ich konnte spüren, wie meine Dralle hinter ihrem Postschalter steif und formell wurde. Offensichtlich hatte sie meine Entscheidung als persönliche Beleidigung aufgefaßt.
    »Bitteschön«, äußerte sie in frostigem Amtston, »wie Sie wünschen.«
    Sie holte ein Bündel Formulare aus einem Regal hervor.
    »Ich muß Sie in Kenntnis setzen, mein Herr, daß der Empfänger den Betrag innerhalb von zwei Monaten abholen muß.«
    »Jawohl, Fräulein«, sagte ich untertänig. »Ich horte, daß der Postweg nach Jaffa nicht zwei Monate dauern wird.«
    Im Ton der Betrogenen fügte sie hinzu:
    »Ich möchte Sie warnen: wenn diese Anweisung auf dem Postweg verloren geht, kann jeder, der sie findet, das Geld abheben!«
    »Ich weiß, ich weiß«, hauchte ich, ohne den Blick zu heben. »Dieses Risiko, mein Fräulein, muß ich eingehen.«
    Sie würdigte mich keiner Antwort. Durch das Schalterfenster schmiß sie mir etliche Formulare zu und sagte höhnisch: »Füllen Sie jedes einzelne Formular

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