Absätze – Dramatische Kraftzellen im Roman
mittels Absätzen
Wie bei Dialogen und Rückblenden lassen sich mit Absätzen
alle Wechsel im Text abgrenzen, wie
- Wechsel des Sprechers,
- Wechsel des Ortes,
- Wechsel der Zeit,
- Wechsel der Perspektive (Siehe 1. – Beim Wechsel der
Erzählperspektive innerhalb einer Szene empfiehlt sich ein
klarerer Bruch als nur das Beginnen eines neuen Absatzes.
Sie machen es dem Leser leichter, wenn Sie beim Wechsel der
Erzählperspektive eine Leerzeile einfügen.).
Zahlreiche weitere Ereignisse im Text können einen Absatz
sinnvoll erscheinen lassen. Pascale Mercier etwa
verdeutlicht in
»Nachtzug nach Lissabon«
(Hanser 2004)
mittels Absatz einen Einwand:
Er spürte, wie enttäuscht er wäre und wie mutlos er würde,
wenn er dem melancholischen Mann, der die portugiesische
Sprache neu hatte setzen wollen, weil sie in der alten Form
so abgegriffen war, nicht mehr begegnen könnte.¶
Trotzdem holte er sein Notizbuch hervor und schrieb alle
Namen mit den Geburts- und Todesdaten auf.¶
Häufig ist ein (harter) Absatz die bessere Alternative zu
einer gezwungenen, schlechten oder überflüssigen Überleitung
– wie etwa dieser:
Grete überließ die Reste den Hunden. Und wie ein Hund mit
eingezogenem Schwanz schlich sie nach Hause. Daheim
angekommen, nahm sie als erstes ein Bad.
¶
Weniger künstlich – und durchschlagender – ist da die
übergangslose Variante:
Grete überließ die Reste den Hunden.¶
Daheim angekommen, nahm sie als erstes ein Bad.¶
Letztlich entscheiden Sie als Autor, wann Sie einen Absatz
beenden oder einen neuen beginnen.
Sie bestimmen, ob sie zwei Gesichtspunkte als eine Einheit
präsentieren möchten. Oder als zwei getrennte Gedanken.
Anders gesagt:
Sie bestimmen, ob sie zwei Gesichtspunkte als eine Einheit
präsentieren möchten.
¶
Oder als zwei getrennte Gedanken.
11. Weitere Möglichkeiten, mit Absätzen Ihren Text noch stärker zu machen
Beginnen Sie einen neuen Absatz, fördern Sie die
Lesbarkeit, indem sie vom Personalpronomen wieder zum Namen
wechseln, selbst wenn keine Verwechslungsgefahr besteht. Die
neue Sinneinheit wird dadurch in sich gefestigt.
Grete liebte dieses Gefühl. Hans hatte sie nie so berührt.
Torben aber ging mit ihr um wie mit einem wertvollen
Werkstück, einem Diamanten vielleicht, einer Gemme, die er
zu einem Brillanten schliff. Sie fühlte sich an, als glänzte
sie überall dort, wo dieser Mann sie angefasst hatte.¶
Dennoch versuchte Grete, einen klaren Kopf zu behalten.
Torben hatte seine Schwächen, und die durften ihnen nicht
zum Verhängnis werden.¶
Mit dem Leerraum hinter der letzten Zeile eines Absatzes
lässt sich eine vielsagende Offenheit erzeugen. Der Leser
kann sie mit Gedanken füllen, die das Verstreichen von Zeit
deutlich macht oder das Öffnen eines Raums. So wird aus ...
Dann stützte er die Ellbogen auf das gestärkte Tischtuch
und blickte zur Brücke hinüber. Es war unsinnig zu hoffen,
sie würde dort noch einmal auftauchen.
¶
... im Original bei Pascal Mercier,
»Nachtzug nach
Lissabon«
:
Dann stützte er die Ellbogen auf das gestärkte Tischtuch
und blickte zur Brücke hinüber.¶
Es war unsinnig zu hoffen, sie würde dort noch einmal
auftauchen.¶
Das Hinüberblicken des Protagonisten zur Brücke und die
Hoffnung, die er im nächsten Satz schon wieder zerstört,
findet die Entsprechung in dem Leerraum, den der Absatz
schafft.
Die Möglichkeiten sind unbegrenzt. Durch eine Absatzmarke
an der richtigen Stelle erzielt J. R. Moeringer in
»Tender
Bar«
(S. Fischer 2007) einen ironischen Effekt:
An diesem Morgen wusste ich, ich würde den Männern überall
hin folgen. In die Schlacht. In den Schlund der Hölle.¶
Aber nicht ins Meer. Ich blieb am Rand des kalten grünen
Wassers stehen, während die Männer schnurstracks in die
Brandung schritten.¶
Je mehr Schreib- und Leseerfahrung Sie mitbringen, desto
eher sollten Sie Ihrer Intuition das Ruder überlassen,
gerade bei Erstfassung Ihres Textes – es gibt keine festen
Regeln. Bei der Überarbeitung bleibt Ihnen genügend Zeit, zu
prüfen, ob Ihr Text durch andere Verteilung von Absätzen
stärker und besser verständlich wird.
Erzählende Prosa lebt von einem angenehmen Verhältnis aus
schnellen und langsamen Passagen, der richtigen Balance aus
Handlung, Dialog, Beschreibung. Entsprechend gefällt dem
Leserauge der Wechsel aus
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