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Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Titel: Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Boscher
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meines Opas (oder war es nun die meines Vaters?) zurückzog. Opa war mitsamt seinem Rollstuhl verschwunden. Dafür hatte mein Hotelzimmer die Ausmaße einer riesigen Höhle angenommen, einer düsteren Kathedrale des Bösen, an deren Wänden das schwarze Licht wie etwas Lebendiges glimmte, gerade noch so viel Helligkeit verbreitend, dass ich die Dinge sehen konnte, die notwendig waren. Und was ich sah, ließ mich unwillkürlich zurücktaumeln. Ich wusste, ich brauchte keine Angst zu haben, aber dennoch konnte ich bei aller Faszination die Furcht in meinen Gliedern nicht zurückhalten. Er war gewaltig, und mögen auch noch so viele Geschichten über Satan nicht wahr sein, damit, dass sein Anblick wirklich alles andere als angenehm ist, hat es auf jeden Fall seine Richtigkeit. Aber dennoch, so schrecklich Seine Erscheinung für meine menschlichen Augen auch war, ich fühlte eine Zärtlichkeit und Liebe in mir aufwallen, wie ich sie nie zuvor gekannt hatte. Ich ahnte, dass Satan, um meinen kleinen Verstand nicht in den Wahnsinn zu treiben, mir nur einen Bruchteil Seiner wahren Kraft zeigte. Welch’ unvermutetes Zartgefühl. Er war sogar so rücksichtsvoll, dass ich weder etwas hörte oder von ihm roch. Umso deutlicher spürte ich aber die enorme Macht, der ich hier gegenüberstand. Oh, diese Macht! Wie sie in jeder meiner Körperzellen nachklang! Und ich war Teil dieser Macht, oh ja, ein Gutteil dieser Macht war auch in mir! Stärker als durch Opas Worte empfand ich in jenen Momenten, was das bedeutete. Was für ein Glück, das ich endlich verstanden hatte. So ähnlich muss sich Odysseus gefühlt haben, als er nach jahrelanger Irrfahrt die Ufer seiner Heimat Ithaka betreten hatte. Auge in Auge mit dem absolut Bösen war ich endlich zu Hause angekommen.
    Ach, was sag’ ich, Auge in Auge , wagte ich doch nur verstohlen, Ihn anzublicken, und waren es zudem auch mehr als zwei Augen, die mich anblickten, wesentlich mehr Augen als nur zwei. Satans Gestalt, wenigstens das, was ich davon wegen seiner enormen Größe fassen konnte, hatte etwas von einer dicken, schwarzen Suppe an sich, in der weit aufgerissene Augen schwammen, und Nasen und Ohren und Arme und Hände, Füße auch, und Brüste und auch ausgesprochen männliche Gliedmaßen, von denen manche keck aus der teuflischen Ursuppe herausstanden, und Münder, offenstehende Münder, weil ich nichts hörte, stumm schreiende Münder. Dann fühlte ich einen Augenblick lang einen vertrauten Blick auf mir ruhen. Es war Opa, der mich ansah, aus zwei weit, weit auseinanderliegenden Augen. Dann ging dieser selbst in seiner Verzerrung vertraute Blick in der dunklen Gestalt Satans unter. Aber irgendwo in diesem ganzen Wust aus zerrissenen Gesichtern entdeckte ich nun Opas Mund. Obwohl zu einem Schrei verzerrt, hatte er diese typischen, spöttischen Grübchen um die Mundwinkel. Ich musste lächeln, und Opa lächelte zurück. Alle lächelten sie mir auf einmal zu, aus allen Ecken und Winkeln Satans lächelte es, und sie winkten mir zu mit Händen, Füßen und mit allem, womit man so winken kann. Dann ging ein Zittern, ein Beben durch Satans Gestalt. Und es kam dergestalt Bewegung in Seinen Leib, dass Seine gewaltige Masse in sich zusammenzufließen schien, als gäbe es dort irgendwo ein Zentrum, zu dem nun alles wieder zurückströmte. Dieses ganze Winken und Lächeln und Blinzeln wurde mitgerissen und verschwand schließlich in einem schwärzer und schwärzer werdenden Punkt unweit der hoch über mir sich auftürmenden Decke dieses Tempels, dass einmal mein Hotelzimmer gewesen war, bis schließlich von Satan nicht mehr zu sehen war als dieser Punkt, der sich nun langsam zu mir herabsenkte. Und dann konnte ich erkennen, dass es nicht einfach nur ein schwarzer Punkt war, schwärzer als alles, was ich bislang gesehen hatte, der sich mir näherte, sondern eine Gestalt. Eine menschliche, zumindest menschenähnliche Gestalt, die zu meinem Erstaunen, trotz des Pferdefußes und der Schlangen und Würmer und Skorpione an Haares statt, eine ziemliche Ähnlichkeit mit dem hatte, was ich sehen konnte, wenn ich in einen Spiegel blickte.
    Satan lächelte, selbst all das wimmelnde Gezücht auf seinem Kopf schien zu lächeln, und ich lächelte natürlich zurück. Dann nahm er den freundlichen Bann von meinen Ohren und ich hörte ihn sagen: »So Jung’ lass’ es dir eine Lehre sein, das Böse hat mehr Gestalten und Gesichter, als du dir bislang träumen ließest! Jetzt weißt Bescheid. Also halt

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