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Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition)

Titel: Abschied ist ein scharfes Schwert. Ein Mordsroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Boscher
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    3.
     
    »Ja, mein Jung’, so war das also, bzw. unter normalen Umständen wäre es das ganz gewesen. Kurzschluss im Gehirn! Vor Angst gestorben! Schluss, aus und vorbei! Ich kann dir sagen, es war die Hölle los, als du zwischen den Pommes einfach abgekratzt bist! Damit hatte niemand gerechnet, am wenigsten wohl der Herr . Überraschenderweise. Denn ist Er auch nicht allwissend, so ist Er für gewöhnlich doch recht gut unterrichtet. Ich sag’ dir, vor Wut gekocht hat Er! Und wenn ich das so sage, dann meine ich auch vor Wut kochen! Schließlich ist Er nicht gerade als die ausgeglichenste Persönlichkeit bekannt. Neigt ein wenig zur Cholerik, der Gute. Aber jetzt quatsch’ ich schon wie du um den heißen Brei herum, denn sicherlich fragst du dich, wovon ich da eigentlich rede, wer Er ist, und was so Besonderes an dir ist, dass du dem Tod ein Schnippchen schlagen konntest.
    Um es kurz zu machen: Er ist der Teufel, und du bist Sein Sohn. Also damit wir uns richtig verstehen: nicht Sein leiblicher Sohn. Satan kann keine Kinder zeugen. Stimmt auch so vieles an den Geschichten über Ihn nicht, so doch das: Sein Samen ist kalt und leblos. Außerdem: Kannst du dir Deine Mutter vorstellen, wie sie sich, was ja so eine gängige Vorstellung wäre, von einem Schakal beglücken lässt? Hat ja kaum deinen Vater rangelassen. Nein, Satans Fleisch und Blut bist du nicht, du bist ein Kind Seines Geistes! Frag’ mich jetzt nicht, wie das funktioniert hat. Es ist einfach so. Allerdings ist es noch nicht dieses, was dich zu etwas Besonderem macht. Denn was seine Brut angeht, ist Satan eher Löwenzahn als Löwe. Er streut gern’, und eigentlich kommt es Ihm nicht in den Sinn, sich um Seinen Nachwuchs zu kümmern. Würde wohl auch nicht so recht zu seinem Motto Tue, was du willst! passen, wenn er einen auf Glucke machen würde. Aber an dir scheint Er erstaunlicherweise einen Narren gefressen zu haben. Ich hab’ mir das mittlerweile so zusammengereimt, denn Er selbst schweigt über seine Beweggründe: Als du so verkrüppelt auf die Welt kamst und dir Deine Eltern, kaum dass du den ersten Schrei getan hattest, eine satte Handvoll Knochen brechen ließen, hat Ihn das irgendwie an seinen eigenen Zustand erinnert, nachdem er aus dem Himmel gestürzt worden war. Nicht nur cholerisch, sondern auch noch sentimental, der Herr. Ja, und dann war da noch dein gelegentliches Humpeln. Ich glaub’, dein Humpeln gefiel Ihm außerordentlich. Ganz der Vater, sozusagen.
    Tja, Jung’, jetzt weißt du Bescheid! Jetzt weißt du, wem wir es zu verdanken haben, dass wir hier hocken und plaudern können. Jetzt weißt du, wem du mit dem ständigen Leugnen deines wahren Wesens an den Karren gepinkelt hast. Umso erstaunlicher, dass er aktiv eingegriffen hat. Ich mein’, dir ein wenig unter die Arme zu greifen wie bei Carmen, oder einen Bierdeckel verschwinden zu lassen, ist eines, dir aber ein zweites Leben, eine zweite Chance zu schenken, was gänzlich anderes! Ich glaub’ ja, dass es auch eine Rolle gespielt hat, dass es Ihn furchtbar wurmte, nicht mitbekommen zu haben, wie schlimm es wirklich um dich stand. Ich mein’, wenn ich sage: Da ist Hopfen und Malz noch nicht verloren! , und damit falsch liege, hat das doch einen anderen Stellenwert, als wenn Satan dies denkt – und sich irrt. Klar, Er weiß, dass er genauso wenig allwissend wie allmächtig ist. Aber dieses Wissen passt Ihm natürlich nicht in den Kram. Hat’s noch nie. Letztlich griff er wohl deswegen in seine Trickkiste, denk‘ ich, weil Ihn dein unvermuteter Tod in seiner Eitelkeit getroffen hat. Und was machst du, wie dankst du es Ihm?!
    Oh, ich wusste, was Opa meinte. Nicht nur, dass ich in meiner Blindheit nicht gesehen habe, was Vater für mich tat, ich hatte zudem aus lauter Verzweiflung damit begonnen, all die Erscheinungen, die mich ängstigten, Satan in die Schuhe zu schieben. Plötzlich hatte ich von Ihm nicht mehr nur in übertragenem Sinne gesprochen, plötzlich war Er nicht mehr nur ein Sprachspiel neben anderen aus Religion, Philosophie, Film oder griechischer Mythologie gewesen, sondern seine Existenz schien blutiger Ernst für mich geworden zu sein. Jedenfalls hatte ich manchmal so geschrieben, als sei der Leibhaftige wahrhaftig hinter mir her. Schlimm genug, dass ich die ganze Zeit zuvor schon ständig in klassischer Manier Bilder und Metaphern nach dem Motto Alles Gute kommt von oben, alles Schlechte von unten benutzt hatte, aber dass ich aus Ihm nun den

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