Abschlussfahrt
an uns alle. »Also, wir gehen da jetzt wieder rein. Und wenn er aufwacht, muss alles so wirken, als wäre er gerade erst eingeschlafen. Kein Lachen, kein Kichern, keine komischen Blicke, gar nichts, okay?«
Wir gehen leise zurück ins Abteil und nehmen unsere Plätze ein. Marlon füllt die Becher neu auf und wir fangen wieder an zu trinken.
Einer von uns hat natürlich immer nebenbei ein Auge auf Diego, der weiterhin sanft und ahnungslos schlummert.
Als Marlon später den letzten Rest Havana auf unsere Becher verteilt, schiebt plötzlich jemand die Tür auf. Wir zucken alle erschrocken zusammen.
»Siehst du? Ich hab’s dir doch gesagt. Wieder mal am Saufen, die Herren der Schöpfung.«
Gott sei Dank, es ist nur Nele.
»Ob die Herren der Schöpfung vielleicht noch was für drei liebenswerte Damen wie uns übrig haben?« Und Henny. Und wen haben sie da noch im Schlepptau?
»Was müffelt hier denn so? Seid ihr das? Ist ja eklig.«
Ah ja, das ist unüberhörbar Prinzessin Yvonne, die darf natürlich nicht fehlen. Eigentlich eine ganz Süße, wenn sie nur ihre Nase nicht so hoch tragen würde. Und ihre Stimme zwei Oktaven tiefer wäre. Mindestens. Wir haben uns zwar im Laufe der letzten Schuljahre irgendwie daran gewöhnt, aber Fremde zucken immer wieder zusammen, wenn Yvonne den Mund aufmacht. Eine Rückkopplung bei einem Rammstein-Konzert klingt angenehmer.
»Leise, verdammt!«, zischt Marlon die Mädels an. »Vor allem du, Yvonne! Kein Ton mehr! Da wachen ja ganze Friedhöfe wieder auf!«
Yvonne holt gerade Luft, um etwas zu erwidern, aber Lars steht schnell auf und hält ihr den Mund zu. Sie protestiert fiepend.
»Hey, lass sie sofort los!«, fährt Henny Lars an.
»Mädels!«, zischt Marlon wieder. »Ihr versaut uns sonst alles!«
Er zeigt auf Diego.
Und wie verabredet fängt Diego gerade wieder an, in seinem Schritt herumzukneten.
»Was macht der denn da?«, kichert Nele. »Macht der das schon die ganze Zeit?«
»Sein Gesicht!«, sage ich. »Ihr müsst euch sein Gesicht angucken!«
Noch schlimmer als eine sprechende Yvonne ist nur eine lachende Yvonne.
Nele lässt einen kurzen Quiekser los, macht einen Schritt rückwärts und stolpert über meine Füße. Ich kann sie gerade noch so abfangen und auf meinen Schoß ziehen. Hey, Moment, was wird das denn jetzt? Sie beißt in meine Schulter, um ihr Lachen zu dämpfen. Au, das tut weh! Aber es fühlt sich irgendwie klasse an. Nicht das Beißen, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen. Ich stehe nicht auf Schmerzen, so einer bin ich nicht, echt nicht. Aber Nele insgesamt, Nele auf meinem Schoß an mich geschmiegt, das fühlt sich gut an. Wie lange hatte ich kein Mädchen mehr auf meinem Schoß sitzen? Ewig. Ewig und drei Tage. Wenn nicht noch länger. Ein schönes Gefühl. Ein sehr schönes Gefühl. Auch wenn es nur Nele ist. Nein, nicht nur , das klingt jetzt ja irgendwie abwertend, das meine ich nicht. Ich meine nur, dass ich bei jedem anderen Mädel wahrscheinlich tierisch nervös werden würde und nicht wüsste, wohin mit meinen Händen. Aber bei Nele muss ich zum Glück nicht nervös werden, weil es eben Nele ist und ich ja nichts von Nele will und sie auch nicht von mir. Wir sind quasi Kumpels, also ist das absolut okay. Wobei, wenn Lars sich auf meinen Schoß setzen und mir in die Schulter beißen würde, fände ich das mit Sicherheit alles andere als schön, und er hätte sofort eine hängen. Also doch keine Kumpels. Aber was sind wir dann? Keine Ahnung. Eigentlich auch egal, wie man es nennt. Jetzt gerade ist es jedenfalls sehr schön. Solange sie nicht noch fester zubeißt und ich mit einem Loch in der Schulter durch die Toskana rennen muss.
Henny zückt ihr Handy und macht ein Foto von Diego.
»Wenn er jetzt aufwacht, müsst ihr aber so tun, als wäre nichts, okay?«, sagt Marlon. »Kriegt ihr das hin?«
»Kommt drauf an«, sagt Henny grinsend. »Was springt denn für uns dabei raus?«
»Ihr dürft hierbleiben und unsere vorzügliche Gesellschaft genießen«, schlägt Marlon vor.
»Nee, ganz falsch«, erwidert Henny. »Wenn ihr was Ordentliches zu trinken rausrückt, dann dürft ihr euch weiterhin an unserem sensationell schönen Anblick erfreuen.«
»Was meint ihr, Männer? Sind diese Mädels eine Flasche unseres kostbaren Wodkas wert?«
»Kommt drauf an«, lacht Lars dreckig. »Wenn sie für jeden Schluck ein Kleidungsstück ablegen, könnte man drüber reden.«
»Ach, Lars, du bist soooo süß«, flötet Henny. »Ist er
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