Abschlussfahrt
nicht süß, Mädels? Er kann einfach nicht genug von uns kriegen. Und das, obwohl er uns sowieso jede Nacht im Traum nackt vor sich sieht und sich beim Aufwachen wundert, warum das komische Ding in seiner Schlafanzughose auf ganze fünf Zentimeter angeschwollen ist.«
Das hat gesessen. Wir müssen alle lachen, nicht nur die Mädels. Lars’ Hirn sucht sichtbar angestrengt nach einer Retourkutsche, findet aber keine. Ihm bleibt nichts anderes übrig, als sich schmollend in seinen Sitz zu verkriechen.
»Also, was ist jetzt?«, fragt Henny. »Kriegen wir endlich was zu trinken?«
Marlon öffnet die Kühltasche.
»Was darf’s denn sein, Ladys?« Stolz präsentiert er den Inhalt.
»Ey, geil!«, jubelt Henny. »Guckt mal, was die alles dabeihaben!«
Nele wirft ebenfalls einen Blick in die Kühltasche.
»Wodka-Lemon«, sagt sie. »Ich nehme einen Wodka-Lemon.«
»Ich auch!«, fiepst Yvonne.
Henny nickt. »Ja, das hört sich gut an.«
»Okay, eine Runde Wodka-Lemon für alle.« Marlon packt drei neue Becher aus.
Als jeder versorgt ist, stoßen wir an, was sich für mich als etwas umständlich herausstellt, da Nele immer noch auf meinem Schoß sitzt und auch keinerlei Anstalten macht, das zu ändern.
Henny nimmt sich plötzlich ein Beispiel an Nele und pflanzt sich völlig ungefragt auf Marlons Schoß. Marlon verzieht keine Miene, als wäre es das Normalste der Welt. Ich meine, das ist immerhin Henny. Wunderschöne, supersexy Henny. Das ist genau das, was ich vorhin meinte. Wenn es Henny wäre, die sich auf meinen Schoß gesetzt hätte, würde ich vor Nervosität eingehen. Ihr körperlich so nah zu sein, würde sämtliche Schweißdrüsen in meinem Körper in die Niagarafälle verwandeln. Aber Marlon ist nichts anzumerken, absolut nichts. Jetzt legt er auch noch seine freie Hand auf ihren linken Oberschenkel. Dieser verdammt coole Hund. Ja, natürlich bin ich neidisch. Ein bisschen zumindest. Nein, sehr. Ich bin sehr, sehr und über alle Maßen neidisch. Nicht, dass ich es ihm nicht gönne, darum geht es nicht. Aber Henny war so lange meine Traumfrau, und ich durfte nie meine Hand auf ihren Oberschenkel legen. Ob sie sich wohl auf meinen Schoß gesetzt hätte, wenn er frei gewesen wäre? Blöde Nele, blöde. Konnte sie nicht über Marlons Füße stolpern und auf seinem Schoß landen? Dann würde meine Hand jetzt auf Hennys Oberschenkel liegen und sie würde mich anlächeln und dann würde sie sich endlich in mich verlieben und wir würden uns küssen und wären glücklich bis an unser Lebensende. Genau so würde das laufen, jawohl. Und der Weihnachtsmann würde uns trauen und James Bond wäre unser Chauffeur zum Flughafen und die Enterprise würde uns zu unseren Flitterwochen nach Mittelerde beamen. So viel zum Thema realistische Chancen bei Henny. Na ja, träumen wird man wohl noch dürfen.
»Au!«
Nele weckt mich unsanft, indem sie wieder mal ihr Gewicht verlagert.
»Oh, sorry!«, sagt sie und rutscht ein Stück auf meinem Schoß nach oben. »Besser so?«
»Ja.« Ich lege meine Hand stützend um ihre Hüfte.
Das schöne Gefühl kommt langsam zurück. Besser eine Nele in der Hand als eine Henny auf dem Dach, oder wie ging dieser Spruch?
Der Zug fährt ruckelnd in eine Kurve. Yvonne, die als Einzige noch steht, gerät ins Schwanken und muss sich an der Gepäckablage festhalten.
»Hui!«, fiept sie. »War das grad eben der Zug oder der Wodka? Ich glaub, ich setz mich auch mal besser.«
»Hier ist noch Platz, Baby«, bietet Lars ihr schmierig grinsend seinen Schoß an.
Sie verzieht pikiert das Gesicht. »Nein, danke. Wer weiß, was da schon alles gesessen hat.«
Sie lässt sich ohne jede Vorwarnung auf Sebas Schoß plumpsen.
»Ist doch okay, Schätzchen, oder?«, flötet sie.
»Äh … ja … klar … kein Problem«, stammelt Seba.
Ich fass es nicht. Ist die wirklich so blöd und naiv, oder tut sie nur so? Okay, das frage ich mich bei Yvonne ständig, aber in diesem Fall dann doch ganz besonders. Ausgerechnet Seba? Sie weiß haargenau, dass er total in sie verknallt ist. Und sie hat ihn bereits drei- oder viermal eiskalt abblitzen lassen, als er sie küssen wollte. Aber so richtig fies. Den ganzen Abend Schätzchen hier und Schätzchen da und von vorne bis hinten bedienen lassen und mit ihm geflirtet, als ginge es um die Weltmeisterschaft, und dann, jedes Mal, wenn er sich richtig sicher war und anscheinend alle Ampeln auf Grün standen, hat sie ihn einfach stehen lassen und ist ohne ein Wort
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