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Absender unbekannt

Absender unbekannt

Titel: Absender unbekannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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nach. Haustür ist zu. Kellertür ist zu. Warte, ich gehe gerade nach hinten.“
„Auto von rechts!“ warnte Angie.
Unser Fahrer trat aufs Gaspedal, und wir schössen in südlicher Richtung über die Kreuzung, während das Auto, das von rechts auf uns zukam, auf dem Eis in die Bremsen ging, hupte und über die Kreuzung schleuderte. Die Karawane von Wagen hinter uns wich nach rechts aus und schlitterte hinter dem kreuzenden Auto her. „Hintertür ist zu“, sagte Grace. „Jetzt gucke ich nach den Fenstern.“ „ Gut.“
„Du machst mir verdammte Angst.“
„Ich weiß. Tut mir leid. Die Fenster.“
„Vorderes Schlafzimmer und Wohnzimmer: beide zu. Jetzt gehe ich in Maes Zimmer. Zu, zu…“
„Mommy?“
„Ist schon gut, Schatz. Bleib liegen! Ich bin sofort wieder da.“ Unser Lincoln raste mit mindestens neunzig auf die Auffahrt zur 93. Die Hinterräder hüpften über einen Buckel aus Eis oder gefrorenem Schlamm und prallten gegen die Leitplanke.
„Jetzt bin ich in Annabeth’ Zimmer“, flüsterte Grace. „Zu. Zu. Offen.“ „Offen?“
„Ja. Sie hat es einen Spalt offengelassen.“
„Scheiße.“
„Patrick, sag mir jetzt sofort, was los ist!“
„Mach es zu, Grace! Mach es zu!“
„Hab ich doch. Was glaubst du eigentlich…“
„Wo ist deine Pistole?“
„Meine Pistole? Ich habe keine. Ich hasse Waffen.“
„Dann ein Messer!“
„Was?“
„Hol dir ein Messer, Grace. O Gott! Hol dir…“
Angie riss mir das Telefon aus der Hand, legte den Finger auf die Lippen und machte „Psst!“ zu mir.
„Grace, hier ist Ange. Hör mal zu! Du bist vielleicht in Gefahr. Wir sind nicht ganz sicher. Bleib einfach am Telefon und beweg dich nicht von der Stelle, es sei denn, du bist sicher, dass ein Eindringling bei euch im Haus ist.“
Die Ausfahrten flogen an uns vorbei: Andrew Square, Massachusetts Avenue. Der Lincoln schwenkte auf die Frontage Road, vorbei an den verschwommenen Umrissen von Halden für Industrieabfälle rasten wir in Richtung East Berklee.
„Bolton“, mahnte ich, „sie ist kein Köder.“
„Ich weiß.“
„Ich will, dass sie in polizeilichen Gewahrsam kommt, und zwar so sicher, dass selbst der Präsident sie nicht mehr finden kann.“ „Ich verstehe.“
„Hol Mae“, wies Angie Grace an, „und geh mit ihr in ein Zimmer und schließ die Tür zu! Wir sind in drei Minuten da. Wenn einer versuchen sollte, die Tür aufzubrechen, steig aus dem Fenster und lauf Richtung Huntington oder Mass. Avenue und schrei dabei, so laut du kannst!“
In East Berklee rasten wir über die erste rote Ampel, ein Auto wich uns aus, fuhr gegen die Bordsteinkante und landete vor einer Laterne vor dem Pine Street Inn.
„Schon wieder ein Prozess“, stöhnte Bolton.
„Nein, nein“, rief Angie. „Du gehst nur nach draußen, wenn du etwas im Haus hörst. Wenn er draußen ist, dann wartet er ja nur auf dich. Wir sind fast da, Grace! In welchem Zimmer bist du?“ Der linke Hinterreifen schrammte am Bordstein vorbei, als wir auf die Columbus Avenue bogen.
„In Maes Zimmer? Gut. Wir sind noch acht Häuserblocks entfernt.“ Die Fahrbahn war unter einer schweren, mindestens fünf Zentimeter dicken Eisschicht begraben, so dass es uns schien, als führen wir über eine Schicht Lakritz.
Ich schlug mit der Faust gegen die Tür, während die Reifen durchdrehten, wieder griffen und dann erneut durchdrehten.
„Ruhig Blut“, sagte Bolton.
Angie klopfte mir aufs Knie.
Während der Lincoln nach rechts auf die West Newton abbog, explodierten in meinem Kopf Schwarzweißbilder wie Blitzlichter. Kara, in der Kälte gekreuzigt.
Jason Warrens Kopf, der an einem Kabel baumelt.
Peter Stimovich, der mich ohne Augen anstarrt.
Mae, die mit dem Hund im Gras herumtollt.
Grace’ feuchter Körper, der sich mitten in einer warmen Nacht auf mich rollt.
Cal Morrison, eingeschlossen im Laderaum des schmierigen weißen Lieferwagens.
Das blutrote höhnische Grinsen des Clowns, als er meinen Namen aussprach.
„Grace“, flüsterte ich.
„Ist schon gut“, sprach Angie ins Telefon, „jetzt sind wir sofort da.“ Wir bogen auf die St. Botolph Street, und der Fahrer trat auf die Bremse, befand sich jedoch wieder auf Eis, so dass wir an Grace’ rötlichbraunem Sandsteinhaus vorbeirutschten und erst zwei Häuser weiter zum Stehen kamen.
Die Wagen hinter uns versuchten, ebenfalls zu halten, während ich nach draußen sprang und auf das Haus zulief. Auf dem Bürgersteig rutschte ich aus und fiel aufs Knie. In dem Moment kam ein Mann zwischen zwei

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