Absender unbekannt
flehe dich an! Red dir besser ein, dass da heute nichts passiert ist. War nur ein böser Traum. Kevin und Jack sind irgendwo im Urlaub.
Weil, wenn du das nicht auseinanderhältst in deinem Kopf, dann redest du irgendwann.“
„Tu ich nicht.“
„Doch. Irgendwann erzählst du’s deiner Frau oder deiner Freundin oder irgend jemandem in der Kneipe, und dann sind wir alle tot. Und der, dem du das erzählt hast, ist auch tot. Verstehst du das?“ „Ja.“
„Außerdem lassen sie dich beobachten!“
„Was?“
Ich nickte. „Find dich damit ab und leb damit! Eine Zeitlang werden sie dich beobachten.“
Er schluckte, seine Augen quollen hervor. Ich befürchtete, ihm würde wieder schlecht.
Doch statt dessen drehte er den Kopf weg, starrte aus dem Fenster und drückte sich tiefer in den Sitz.
„Wie kannst du das machen?“ flüsterte er. „Tagein, tagaus?“ Ich lehnte mich zurück, schloss die Augen und lauschte dem Brummen des Motors.
„Wie kannst du mit dir selbst leben, Patrick?“
Ich legte den ersten Gang ein und sagte nichts mehr, während wir durch Southie fuhren und dann in unseren Stadtteil.
Ich ließ den Porsche vor meinem Haus stehen und ging auf den Crown Victoria zu, der einige Autos weiter hinten geparkt war, weil ein Porsche Baujahr ‘63 so ungefähr der letzte Wagen ist, mit dem man durch unsere Gegend fährt, wenn man nicht bemerkt werden will.
Phil stand neben der Beifahrertür, doch ich schüttelte den Kopf. „Was?“ fragte er.
„Du kannst nicht mitkommen, Phil. Das mache ich alleine!“ Jetzt schüttelte er den Kopf. „Nein. Ich war mit ihr verheiratet, Patrick, und dieses Arschloch hat auf sie geschossen. „
„Soll er dich auch erschießen, Phil?“
Er zuckte mit den Schultern. „Glaubst du, ich komme nicht klar damit?“
Ich nickte. „Ich denke, damit kommst du nicht klar, Phil.“ „Warum nicht? Wegen der Sache auf der Bowlingbahn? Kevin, den kenne ich schon seit meiner Kindheit. War früher ein Freund. Ja gut, ich kam nicht gut damit zurecht, dass er erschossen wurde. Aber Gerry?“ Er legte seine Hand mit der Waffe auf das Dach des Wagens, betätigte den Schlitten und schob eine Kugel in die Kammer. „Gerry ist der letzte Dreck. Gerry muss sterben!“
Ich sah ihn an und wartete darauf, dass auch er merkte, wie albern er aussah, als er die Pistole wie ein Filmschauspieler lud und coole Sprüche von sich gab.
Er hielt meinem Blick stand und richtete die Mündung seiner Waffe langsam über das Wagendach auf mich.
„Willst du mich jetzt erschießen, Phil, oder was?“
Seine Hand zitterte nicht. Die Waffe verharrte regungslos in der Luft.
„Sag schon, Phil! Willst du mich erschießen?“
„Wenn du die Tür nicht aufmachst, Patrick, dann schieße ich ins Fenster und klettere durch!“
Ich ließ die Waffe in seiner Hand nicht aus den Augen.
„Ich liebe sie auch, Patrick.“ Er ließ die Pistole sinken.
Ich stieg ein. Er klopfte mit der Waffe gegen das Fenster, und ich atmete tief ein, weil ich wusste, dass er mir, wenn nötig, zu Fuß hinterherkommen oder in das Fenster
von meinem Porsche schießen und ihn kurzschließen würde. Gegen Mitternacht begann es zu regnen. Zuerst nieselte es kaum, einige Tropfen vermischten sich mit dem Schmutz auf der Windschutzscheibe und liefen zu den Scheibenwischern herunter. Wir hatten vor einem Altersheim auf der Dorchester Avenue geparkt, ein paar Häuser vom Black Emerald entfernt. Plötzlich goss es in Strömen, der Regen peitschte auf das Wagendach und rauschte wie eine schwarze Wand auf die Strasse herunter. Der Regen war eiskalt, so wie gestern, und er bewirkte nur, dass die Eisschicht auf den Bürgersteigen und Häusern etwas sauberer, aber auch gefährlicher aussah.
Anfangs waren wir dankbar dafür, da unsere Fensterscheiben beschlugen und wir beide im Innern des Autos nur dann zu sehen waren, wenn sich jemand direkt neben uns stellte.
Doch bald war es gar nicht mehr günstig, weil wir die Kneipe und den Eingang zu Gerrys Wohnung nicht mehr richtig sehen konnten. Das Gebläse war kaputt, die Lüftung auch, die feuchte Kälte stieg an uns hoch. Ich machte das Fenster einen Spaltbreit auf, und Phil tat es mir nach. Dann wischte ich mit dem Ellbogen über die beschlagene Scheibe, bis die Eingänge zu Gerrys Wohnung und dem Emerald wieder verschwommen zu sehen waren.
„Warum bist du dir so sicher, dass es Gerry war, der mit Hardiman zusammengearbeitet hat?“ wollte Phil wissen.
„Bin ich mir gar nicht“, erwiderte ich. „Kommt mir nur
Weitere Kostenlose Bücher