Absender unbekannt
logisch vor.“ „Und warum rufen wir dann nicht die Bullen?“
„Und was erzählen wir denen? Zwei Typen mit frischen Einschusslöchern in der Stirn hätten uns gesagt, Gerry ist ein böser Junge?“ „Und was ist mit dem FBI?“
„Wir haben keine Beweise. Und wenn es Gerry ist und wir es ihm zu früh zeigen, entwischt er uns vielleicht wieder, macht einen Winterschlaf oder so und killt irgendwelche Penner, die keiner vermisst.“ „Und warum sind wir dann hier?“
„Weil ich sehen will, wenn er sich bewegt. Die kleinste Bewegung, Phil.“
Phil wischte über seine Windschutzscheibe und spähte auf die Kneipe. „Vielleicht gehen wir einfach rein und stellen ihm ein paar Fragen.“
Ich starrte ihn an: „Bist du verrückt?“
„Warum nicht?“
„Weil, wenn er es ist, bringt er uns um, Phil!“
„Aber wir sind zu zweit, Patrick. Beide bewaffnet.“
Ich merkte, dass er es sich einzureden versuchte, dass er versuchte, den Mut zusammenzunehmen, der nötig war, um diese Türschwelle zu überschreiten. Aber er war noch weit davon entfernt. „Das ist die Anspannung“, erklärte ich. „Vom Warten.“
„Was ist damit?“
„Manchmal kommt einem das Warten viel schlimmer vor als eine direkte Auseinandersetzung, so als müsste man einfach irgendwas tun, und dann würde man das Gefühl loswerden, dass man sich so unwohl fühlt in seiner Haut.“
Er nickte. „Ja, so fühlt sich das an.“
„Das Problem ist nur, Phil, dass die Auseinandersetzung mit Gerry, wenn er denn derjenige ist, viel schlimmer sein wird als das Warten. Er bringt uns um, ob mit oder ohne Waffen.“
Er schluckte kurz, dann nickte er.
Eine ganze Minute lang ließ ich den Eingang zum Emerald nicht aus den Augen. Seit wir hier waren, hatte ich niemanden hineinoder hinausgehen sehen. Das war mehr als seltsam für eine Kneipe so kurz nach Mitternacht in dieser Gegend. Der Regen rauschte vor uns auf die Strasse herab, in der Ferne heulte der Wind. „Wie viele Menschen?“ fragte Phil.
„Was?“
Phil zeigte mit dem Kopf in Richtung des Emerald. „Wenn er es ist, wie viele hat er dann umgebracht, was meinst du? Sein Leben lang? Ich meine, wenn man bedenkt, dass er im Lauf der Jahre vielleicht die ganzen Penner abgemurkst hat und vielleicht noch einen Haufen Leute, von denen keiner was weiß und…“ „Phil!“
„Ja?“
„Ich bin schon nervös genug. Es gibt ein paar Sachen, über die ich jetzt nicht nachdenken will.“
„Oh.“ Phil rieb sich über die Bartstoppeln am Kinn. „Gut.“ Ich starrte zur Kneipe hinüber und zählte noch einmal bis hundert. Niemand ging hinein oder kam heraus.
Plötzlich klingelte mein Handy. Phil und ich zuckten so zusammen, dass wir mit dem Kopf gegen die Wagendecke stießen.
„Oh, Mann!“ fluchte Phil. „Lieber Gott!“
Ich klappte das Handy auseinander. „Ja?“
„Patrick, ich bin’s, Devin. Wo bist du?“
„In meinem Auto. Was ist los?“
„Ich habe gerade mit Erdham vom FBI gesprochen. Er hat einen Teilfingerabdruck unter den Bodendielen in deiner Wohnung genommen, wo die Wanzen versteckt waren.“
„Und?“ Das Blut erstarrte in meinen Adern.
„Es ist Glynn, Patrick. Gerry Glynn.“
Ich blickte durch die beschlagene Fensterscheibe und konnte die Umrisse der Kneipe so gerade erkennen. In mir stieg eine Angst auf, wie ich sie noch niemals gespürt hatte.
„Patrick? Noch da?“
„Ja. Hör mal, Devin, ich steh bei Gerry vor der Wohnung.“ „Bitte wo bist du?“
„Du hast mich verstanden. Ich bin vor ‘ner Stunde zu der gleichen Lösung gekommen.“
„O Gott, Patrick! Hau ab da! Los! Mach keinen Scheiß! Los, hau ab!“
Ich wollte ja auch, wirklich.
Aber wenn er jetzt da drinnen war, sich Eispickel und Rasierklingen in die Tasche stopfte und sich auf seinen nächsten Ausflug vorbereitete, wo er das nächste Opfer…
„Ich kann nicht, Dev. Wenn er hier ist und etwas macht, werde ich ihm folgen.“
„Nein, nein, nein. Nein, Patrick! Hast du mich verstanden? Hau jetzt ab da, verfluchte Scheiße!“
„Ich kann nicht, Dev.“
„Scheiße!“ Er schlug gegen etwas Hartes. „Okay. Ich komme jetzt mit einer ganzen Armee herüber. Verstanden? Du bleibst da sitzen, wir sind in fünfzehn Minuten da. Wenn was passiert, rufst du die folgende Nummer an!“
Er nannte mir eine Nummer, die ich auf einen am Armaturenbrett befestigten Notizblock schrieb.
„Beeil dich!“ sagte ich.
„Ich beeile mich.“ Devin legte auf.
Ich warf Phil einen Blick zu. „Jetzt ist es sicher. Gerry ist unser Mann.“
Phil sah auf
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