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lässt.“
„Sonst noch etwas, Doktor?“
„Ja. Ich denke, dass er Mr. Kenzie kennt. Und zwar nicht so, dass er schon von ihm gehört hat. Nein, er kennt ihn schon sehr lange. Sie haben miteinander gesprochen. Von Angesicht zu Angesicht.“ „Warum glauben Sie das?“
„Ein Mensch wie er baut seltsame Beziehungen auf, aber auch wenn sie sehr seltsam sind, sind sie ihm ungeheuer wichtig. Es ist für ihn von größter Wichtigkeit, dass er einen seiner Verfolger kennt. Aus irgendeinem Grund hat er Sie ausgesucht, Mr. Kenzie. Und das ließ er Sie wissen, indem Hardiman ein Gespräch mit Ihnen verlangte. Sie und John kennen sich, Mr. Kenzie. Darauf wette ich.“
„Vielen Dank, Doktor!“ sagte Bolton. „Ich nehme an, Sie haben uns aus Ihren Aufzeichnungen vorgelesen, weil Sie nicht die Absicht haben, sie uns zu überlassen.“
„Nicht ohne gerichtliche Anordnung“, antwortete Dolquist, „und selbst dann gäbe es großen Ärger. Wenn ich hier noch etwas finde, was die Morde vielleicht aufhalten kann, melde ich mich auf der Stelle. Mr. Kenzie?“
„Ja?“
„Kann ich kurz mit Ihnen alleine sprechen?“
Bolton zuckte mit den Achseln, so dass ich den Lautsprecher ausschaltete und mir den Hörer ans Ohr drückte. „Ja, bitte, Doktor?“ „Alec hat sich geirrt.“
„Womit?“
„Mit meiner Frau. Er hatte unrecht.“
„Das freut mich zu hören“, erwiderte ich.
„Ich wollte nur…. dass Sie das wissen. Er hatte unrecht“, wiederholte Dolquist. „Auf Wiedersehen, Mr. Kenzie.“
„Auf Wiedersehen, Doktor.“
„Stan Timpson ist in Cancun“, meldete Erdham.
„Was?“ rief Bolton.
„Das ist korrekt, Sir. Vor drei Tagen ist er für eine kleine Erholungsreise mit Frau und Kindern runtergeflogen.“
„Eine kleine Erholungsreise“, wiederholte Bolton. „Er ist der Staatsanwalt des Verwaltungsbezirks Suffolk, wo gerade ein Serienmörder umgeht. Da fliegt er nach Mexiko?“ Er schüttelte den Kopf. „Holt ihn her!“
„Wie bitte? Ich bin doch kein Feldjäger!“
Bolton zeigte mit dem Finger auf ihn. „Dann schickt welche runter. Schickt zwei Agenten hinter ihm her und holt ihn zurück!“ „In Haft, Sir?“
„Zur Vernehmung. Wo wohnt er?“
„Seine Sekretärin sagt, er wohne im Marriott.“
„Jetzt kommt gleich ein Aber. Ich kann es spüren.“
Erdham nickte. „Er hat dort nicht eingecheckt.“
„Vier Agenten“, verbesserte sich Bolton. „Ich will vier Agenten ins nächste Flugzeug nach Cancun! Und holt mir seine Sekretärin her.“ „Ja, Sir.“ Erdham griff nach dem Telefon, während der Wagen auf die Schnellstrasse fuhr.
„Die sind alle untergetaucht, was?“ warf ich ein.
Bolton seufzte. „Sieht so aus. Jack Rouse und Kevin Hurlihy sind nicht aufzufinden. Diedre Rider ist seit der Beerdigung ihrer Tochter nicht mehr gesichtet worden.“
„Was ist mit Burns und Climstich?“ fragte Angie.
„Beide tot. Paul Burns war Bäcker. ‘77 hat er den Kopf in einen seiner Öfen gesteckt. Climstich starb ‘83 an einem Herzinfarkt. Keine Hinterbliebenen.“ Er ließ das Foto auf seinen Schoss fallen und sah es an. „Sie sehen Ihrem Vater sehr ähnlich, Mr. Kenzie.“ „Ich weiß“, erwiderte ich.
„Sie haben gesagt, er sei ein Tyrann gewesen. War das alles?“ „Wie meinen Sie das?“
„Ich muss wissen, wozu der Mann fähig war.“
„Der war zu allem fähig, Agent Bolton.“
Bolton nickte und blätterte durch seine Akten. „Emma Hurlihy wurde ‘75 ins Della-Vorstin-Heim eingeliefert. Davor gab es in ihrer Familie keine Hinweise auf Geisteskrankheit, auch ihre psychischen Störungen begannen erst Ende ‘74. Diedre Riders erste Festnahme wegen Trunkenheit und Erregung öffentlichen Ärgernisses war im Februar ‘75. Von da an wurde sie regelmäßig von der Polizei aufgegriffen. Jack Rouse wandelte sich innerhalb von fünf Jahren von einem kleinen korrupten Ladenbesitzer zum Kopf der irischen Mafia. In den Berichten, die ich vom Amt für Organisiertes Verbrechen und von der Abteilung für Schwerstkriminalität der Bostoner Polizei bekommen habe, heißt es, Rouse’ Aufstieg an die Spitze der irischen Mafia sei der blutigste in der Geschichte von Boston gewesen. Er brachte einfach jeden um, der ihm im Weg war. Wie konnte das gehen? Woher bekam ein unbedeutendes kleines Würstchen den Mumm, sich über Nacht zur Nummer eins aufzuschwingen?“ Bolton sah uns an, doch wir schüttelten den Kopf.
Wieder blätterte er um. „Staatsanwalt Stanley Timpson, ja, das ist ein interessanter Fall. Hat in Harvard
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