Absolut WILD - Kleiner Affe, großes Chaos
Unterricht endlich vorbei, und wir hatten zwei schulfreie Wochen vor uns. Cazza dampfte ab, sobald es schellte. Dabei rempelte sie Tori an und riss ihr die Tasche von der Schulter. Tori hob ihre Tasche gelassen auf und fing an, sich mit Joe über Schach zu unterhalten, als wäre nichts geschehen. Mich beschlich ein ungutes Gefühl, als wir die Schule verließen. War die ganze Kumpelei mit Cazza etwa umsonst gewesen?
»Mit der Schule ist jetzt Schluss«, sang Joe an der Bushaltestelle.
»Und da kommt auch schon der Bus!«, reimte Tori weiter.
»Unsere Mutter ist Wildtierpflegerin«, erklärte ich Biro, als wir einstiegen. Ich fühlte mich auf einmal ein bisschen unbehaglich. Mir war klar geworden, dass er eigentlich nichts über unser verrücktes Leben wusste, außer dass wir unser Haus verloren hatten. Und nun hatten wir ihn mitgeschleppt, und er konnte hautnah dabei sein, wenn Makaken fürs Fernsehen beim Schwimmen gefilmt wurden. Das war nicht gerade eine normale Nachmittagsverabredung.
»Und unser Vater hat eine Filmtier-Firma«, fuhr ich fort. »Mama kümmert sich zurzeit um den kleinen Schimpansen, mit dem sie beim Weihnachtskonzert war. Papa hat die Geschichte mit den schwimmenden Affen organisiert. Die zwei sind ein perfektes Team.«
Dass bei den beiden im Moment der Wurm drin war, musste Biro ja nicht unbedingt wissen.
»Mein Vater ist Arzt«, sagte Biro. »Meine Mutter ist Mutter.«
»Das muss schön sein«, sagte ich neidisch.
Ich fand Mamas Beruf wirklich toll, doch es hatte sich viel verändert, seit sie nicht mehr zu Hause arbeiten konnte. In den letzten Wochen hatte ich eine Ahnung davon bekommen, wie Joes Leben war: ohne Mutter und mit einem Vater, der rund um die Uhr beschäftigt war. Das schöne Haus und der riesige Kühlschrank waren eigentlich kein Trost für Joe – aber wir hatten nicht einmal das.
»Donnerwetter, Mädels«, rief Charlie, der wie immer am Tor stand. »Heute gleich zwei Freunde!«
»Dein Hosenschlitz ist offen, Charlie, hast du das noch nicht gemerkt?«, sagte Tori.
Während Charlie erschrocken an sich hinunterschaute, machten wir uns auf den Weg zum Affenhaus. Es war schon dunkel, aber das grelle Scheinwerferlicht war von Weitem zu sehen.
»Wow!«, sagte Joe beeindruckt, als wir um die Ecke bogen. »Hollywood!«
Im Makakengehege war ordentlich was los. Es war voll von Kameras und Kränen, Leuten mit schwarzen Wollmützen und Sicherheitswesten, brummenden Generatoren und Unmengen von aufeinandergestapelten Kisten. Matt war im Stress. Er telefonierte und versuchte gleichzeitig, die dringenden Fragen von vier Fernsehtypen zu beantworten, die ihn umringten. Das Tor zum Weg stand weit offen. Entweder waren die Makaken drinnen eingesperrt, oder sie waren abgehauen und feierten im Café eine große Bananeneis-Party.
»Hey, Papa!«, rief Tori, als wir das Gehege betraten. Hasi kam fröhlich auf uns zugehoppelt, um uns zur Begrüßung zu beschnuppern.
»Tut mir leid, dass ich euch nicht abholen konnte«, sagte Papa. Er sah ziemlich angespannt aus, also war der Tag bisher wohl nicht besonders gut verlaufen. »Ich hatte zu viel zu tun. Der Affe mit dem Bauch – Dickmops habt ihr ihn genannt, nicht wahr? – will einfach nicht ins Wasser. So, aber ihr habt jetzt erst mal Ferien, was?«
»Hallo, Mr Wild«, sagte Joe.
Papa nickte ihm zu. Als er Biro fragend ansah, stellte ich ihn schnell vor.
»Willkommen in der verrückten Welt der Tierfilmer, Biro«, sagte Papa.
Biro sah sich mit großen Augen um, während Joe die leise dampfende Wasserlandschaft bestaunte. Tori steckte die Hände tief in die Taschen und beobachtete alles auf ihre gewohnt ruhige Art. Mama war nirgends zu sehen. Wahrscheinlich war sie im Affenhaus und gab Opi sein Fläschchen.
»Wo sind die Makaken?«, fragte ich.
»Drinnen, bis wir das Problem mit dem großen Stein da hinten gelöst haben«, antwortete Papa. Er zeigte auf den Rand der Wasserlandschaft, wo die Betonkante des Beckens zum Vorschein gekommen war, weil ein kunstvoll platzierter Felsbrocken verrutscht war. Zwei Männer bestrichen den Beton mit Mörtel, um den Stein wieder an die richtige Stelle zu setzen.
»Warum ist da Nebel?«, wollte Biro wissen, als er den Dunst bemerkte, der vom Wasser aufstieg.
»Unsere Makaken sind Tropentiere, und das Wasser wurde erwärmt, damit sie sich wohlfühlen«, erklärte Papa. »Der Nebel schafft eine schöne Dschungelatmosphäre, findest du nicht auch?« Er fröstelte und zog den Reißverschluss seiner
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