Acacia 01 - Macht und Verrat
Dolmetscher und stellte sie dem Anführer der Numrek vor. Calrach musterte sie spöttisch von oben bis unten. Er machte eine Bemerkung, die die anderen Numrek aufhorchen ließ. Auch Rialus musterte sie erstaunt. »Prinzessin«, sagte er, »stimmt es, dass Ihr ein Kind erwartet? Ich kann es kaum erkennen, aber die Numrek... die haben eine Nase dafür.«
Corinn hatte kein Interesse daran, das Gespräch auf diese Weise zu beginnen. Sie musste sich zusammennehmen, um sich nicht mit der Hand über den Bauch zu streichen. »Calrach«, sagte sie, »wie viele Kämpfer habt Ihr mitgebracht?«
Rialus antwortete, ohne die Frage zu übersetzen. »Zweihundert.«
»Zweihundert?«, wiederholte Corinn. »Ich habe Euch gebeten, eine Streitmacht mitzubringen, die in der Lage ist, den Palast und Teile der Unterstadt einzunehmen. Und Ihr kommt mit ganzen zweihundert Kämpfern?«
»Prinzessin, mehr konnten wir nicht mitbringen«, sagte Rialus. »Es ist auch so schon erstaunlich, dass man uns nicht bemerkt hat. Könnt Ihr Euch vorstellen, wie schwierig es ist, zweihundert Männer bei Nacht mit kleinen Booten herzuschaffen? Wären wir zahlreicher gewesen, wäre unser Plan entdeckt worden. Wenngleich ich sagen muss, dass dieser Geheimgang schon unglaublich ist! Wenn man sich vorstellt, dass Generationen von Feinden ins Herz von Acacia hätten vordringen können, wenn sie nur den Weg gekannt hätten...« Als er Corinns schmallippige Ungeduld bemerkte, verkniff er sich weitere Abschweifungen. »Jedenfalls sind zweihundert Numrek mehr als genug, um den Palast von innen her zu erobern. Sie sind schwer zu töten.«
»Hanish hat hier eine ganze Armee versammelt. Auch Punisari; die sind auch schwer zu töten.«
Calrach, der sich übergangen fühlte, versetzte Rialus einen Stoß. Der kleine Mann redete in der Sprache der Numrek auf ihn ein. Calrach fand das, was er sagte, erheiternd. Er sah Corinn an und gab eine misstönende Antwort.
Rialus übersetzte. »Die Punisari sind kein Problem. Er sagt, er kann den Palast in wenigen Stunden einnehmen. Das Aufräumen dürfte allerdings etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen.«
Corinn sah dem Numrek in die weit auseinanderstehenden Augen. Die Iris hatte die Farbe von Bernstein. Das war ihr bisher noch nie aufgefallen. Eigentlich waren sie fast anziehend. Seltsam, hier zu stehen und sich leise mit Calrach über das zu unterhalten, was sie gerade besprachen. Die Numrek brauchten nicht zu hassen, um zu töten. Ihnen machte es nichts aus, dass sie keinen tief verwurzelten Groll gegen Hanish und dessen Volk hegten. Gewiss gab es Reibungspunkte, doch an diesem schon Generationen währenden Kampf hatten sie eigentlich keinen Anteil. Solange sie ihren Nutzen davon hatten, war es ihnen gleich, wer siegte. Corinn war das recht. Die Beweggründe und das Denken der Numrek waren von keiner Gesinnung getrübt. Ihre schlichte Habgier war aufrichtig und eine nachvollziehbare Begründung für die Forderungen, die sie an sie stellen würden. Bei diesen Leuten wüsste sie immer, wo sie standen und wo sie selbst stand.
»Ihr werdet es schaffen?«, fragte sie. »Seid Ihr Euch ganz sicher?«
Calrach erwiderte, im Krieg sei nichts sicher. Dann aber sagte er grinsend: »Außer dass die Numrek siegen.« Beifallheischend blickte er seine Begleiter an, die seine Bemerkung grollend bekräftigten. Es dauerte eine Weile, bis wieder Ruhe herrschte, denn die Numrek standen bis weit in den Gang hinein, und alle wollten sich äußern.
»Drückt Euch nicht in Widersprüchen aus«, sagte Corinn schließlich. »Wenn etwas schiefgeht...«
Der Numrek fiel ihr ins Wort. Er sprach ein paar Augenblicke lang, dann übersetzte Rialus. »Er sagt, sie werden alle töten.«
»Das ist alles, was er gesagt hat?«
Rialus feixte. »Im Wesentlichen schon. Er hat auch ihre Methoden beschrieben, doch ich glaube nicht, dass Euch das interessiert.«
Corinn wandte sich wieder an Calrach und sagte: »Dann geht.
Tötet alle. Jeden Einzelnen, ohne zu zögern. Zeigt keine Gnade, lasst euch nicht erweichen. Tötet alle bis auf Hanish. Lasst ihn für mich am Leben.«
Calrach zuckte auf diese letzte Anweisung hin mit den Schultern. Ihm sei das recht, sagte er. Hanish interessiere ihn nicht mehr. Dann bat er sie, die getroffenen Vereinbarungen noch einmal zu bestätigen. Als sie seiner Bitte entsprochen hatte, bleckte er grinsend die vorstehenden Zähne. »Wir sind damit zufrieden. Aber woher soll ich wissen, dass Ihr Euer Versprechen haltet?«
»Ihr könnt
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