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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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Schwertern, die auf einem Knie kauerten, bronzefarben gekleidet und mit Bronzepuder bestäubt, damit sie wie Statuen wirkten, die im Falle einer Bedrohung jederzeit zum Leben erwachen konnten. Man hatte ihm erzählt, sie seien in der Deutung der Körpersprache und des Verhaltens anderer ebenso gut ausgebildet gewesen wie in der Kampfkunst. Doch das war lange her. Der Überfluss verweichlichte ein Volk unweigerlich und ließ es vergessen. Heute würde er an einem völlig anderen Bankett teilnehmen, ein Bankett, das die ersten Könige nicht wiedererkannt hätten.
    Er nickte den Wachposten am Eingang zu. Sie begrüßten ihn mit dem Namen des Botschafters und einem arglosen Lächeln. Wie Gurnal es ihm geschildert hatte, musste er zunächst einen lang gestreckten Empfangsraum durchschreiten. An beiden Wänden hingen Gemälde der alten Acacier. Davor standen Statuen, die wohl Könige darstellten. Hinter ihnen waren Soldaten in ganz ähnlicher Haltung postiert, die Arme an den Körper gelegt, die Hände über den Schwertknäufen verschränkt. Die Soldaten waren ebenso reglos wie die unbelebten Figuren, die sie beschützten. An dem gegenüberliegenden Eingang zum Festsaal hatten sich ein paar Männer versammelt – der offizielle Gastgeber und seine Leibwächter. Thasren ging auf sie zu, wobei ihm klar war, dass jeder seiner Schritte aufmerksam beobachtet wurde, jede Bewegung seiner Hände, seine Haltung, sein Gesichtsausdruck. Er hatte einen Schlitz in seine Weste geschnitten, ein Zugang zu der darunter befestigten Waffe. Im Stillen musste er ein beruhigendes Gebet aufsagen, damit seine Finger nicht zuckten, so begierig waren sie, das Heft zu packen und die erste Kehle durchzuschneiden, aus der ein Vorbehalt gegen ihn geäußert wurde.
    Der Befehlshaber der Marah-Wache lächelte zum Gruß und trat ihm auf freundliche Weise in den Weg, flankiert von zwei Soldaten mit ernsten Gesichtern. Über ihre Schultern hinweg erblickte der Attentäter einen von zahllosen Lampen erhellten Saal voller angeregt plaudernder Menschen. Im Hintergrund spielten Saiteninstrumente. Es duftete nach erlesenen Speisen. Der Marah berührte ihn an zwei Stellen, eine Hand auf seiner Schulter und die andere an der Hüfte. Er begrüßte den Attentäter mit Gurnals Namen und erkundigte sich, ob ihm das Wetter behage, doch dabei blickte er an ihm vorbei zu den Wachposten im Vorraum. Mit den Augen, mit einer Kinnbewegung bedeutete er ihnen, dass sie jetzt, da der letzte Gast eingetroffen sei, die Außentüren schließen könnten. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Mann ihm gegenüber zu, der – trotz seiner augenscheinlichen Gelassenheit – angespannt und jederzeit bereit war, notfalls von hier aus eine Schneise der Verwüstung zu schlagen.
    Bevor der Wächter ihn abzutasten begann, was ihn das Leben gekostet hätte, erscholl an der anderen Seite des Saals ein Horn. Ein lauter Ton, gefolgt von einer sanfteren Melodie, die von den Saiteninstrumenten aufgegriffen wurde. Der Offizier machte eine fröhliche Bemerkung und klopfte ihn ab, ein flüchtiger Tanz der Finger, der die Waffe verfehlte. Er winkte den Attentäter in den Saal.
    Die größte Hürde lag damit bereits hinter ihm. Jetzt brauchte er nur noch die ersten Momente des Banketts zu überstehen. Er sah zu, wie der König eintrat, umringt von seinem Gefolge, seinem Sohn und seiner Tochter, dem aushenischen Prinzen und dem Kanzler Thaddeus Clegg, den Leibwächtern, die sie alle flankierten. Obwohl das Bankett als Feier im engsten Kreise bezeichnet wurde, befanden sich etwa hundert Menschen im Saal, viele davon standen zwischen ihm und dem Monarchen. Zunächst verharrte er regungslos. Obwohl ihm der Schweiß aus allen Poren brach, bemühte er sich, ruhig zu sein und langsam zu atmen. Er brachte seinen Verstand zur Ruhe und konzentrierte sich, so wie man es ihn gelehrt hatte. Es galt, die Todessekunde seines Opfers zu gestalten, zahllose veränderliche Kräfte in der Welt zu bündeln und sie alle zu durchstoßen wie ein Pfeil in die Luft geworfene Ringe. Er verschaffte sich einen Überblick über die verschiedenen Spieler im Raum, registrierte ihr Auftreten, ihr Aussehen, wie nahe sie dem König standen und welche Einschränkungen sie beachten mussten.
    Als er sich in Bewegung setzte, geschah dies als Teil eines allgemeinen Luftholens der Menge, mit anderen, die zusammen mit ihm zu dem Monarchen hingezogen wurden. Zweimal trat er einen Schritt zur Seite, drängte sich in freie Räume und

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