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Acacia 01 - Macht und Verrat

Acacia 01 - Macht und Verrat

Titel: Acacia 01 - Macht und Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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erblickte von dort aus den Augenblick, den er benötigte. Leodan antwortete gerade auf einen Gruß aus der Menge. Er suchte den Betreffenden mit dem Blick, dann trat er lächelnd vor, als habe er einen alten Freund wiedererkannt. Der König zwängte sich zwischen zwei Tischen hindurch, sodass die Leibwächter ihm im Gänsemarsch folgen mussten. Als Leodan sich anschickte, den Mann zu umarmen, regten sich die Vögel auf seinem Gewand.
    Thasren zog den Dolch unter dem Gewand hervor. Dabei schwang er ihn diagonal vom Körper weg, eine so rasche Bewegung, dass sie zahlreiche Blicke auf sich zog. Die Klinge reflektierte das helle Lampenlicht, ein scharfes Ding in einer Hand, die nichts Scharfes hätte halten dürfen. Thasren stürmte die letzten paar Schritte vor. Der König wandte erstaunt den Kopf und spitzte den Mund, als wollte er den Namen des Botschafters aussprechen. Der Attentäter neigte die geschwungene Klinge, um sie in die linke Augenhöhle des Mannes zu stoßen. Das wäre ihm auch gelungen, wäre nicht einer der Leibwächter auf den Tisch gesprungen und hätte das Schwert hochgerissen, um dem Angreifer die Hand abzuhacken. Thasren stieß gegen den Ellbogen des Leibwächters, sodass dessen Klinge ihn verfehlte. Noch während der Mann um sein Gleichgewicht kämpfte, packte der Attentäter ihn mit der freien Hand am Knöchel und riss ihn von den Beinen. Den Sturz des Mannes lenkte er so, dass dieser gegen einen anderen Leibwächter stürzte, der beim Zusammenprall seine gezückte Waffe verlor.
    Der Freund des Königs hatte sich vor den Monarchen gestellt, gleichzeitig schützend und mit vor Angst offen stehendem Mund. Thasren holte mit dem Bein aus und rammte ihm die Ferse seitlich gegen das Knie. Der Mann brach zusammen. Von links ging ein weiterer Leibwächter mit dem blanken Schwert auf ihn los. Der Attentäter machte mit der Waffenhand eine zustoßende Bewegung. Als der Leibwächter die Waffe hob, um den seltsamen Angriff zu parieren, wirbelte Thasren herum und kauerte sich nieder. Er drehte sich einmal um die eigene Achse und rammte dem Mann den Griff des Dolchs in die Achselhöhle; der mit Widerhaken versehene Dorn drang mehr als zwei Fingerbreit tief ins Fleisch ein. Dann riss er den Dolch nach unten und riss eine klaffende Furche, die erst endete, als der Dorn am Nabel austrat.
    Eine hohe Stimme schrie gellend – der Sohn des Königs, begriff er. Welchen Befehl der junge Mann auch erteilt haben mochte, er blieb unbeachtet. Noch immer hatte Thasren die Klinge des Dolchs nicht eingesetzt, doch jetzt tat er es. In dem kurzen Augenblick, bevor sich ihm ein neuer Widersacher entgegenstellen konnte, setzte er dem zurückweichenden König nach. Den Blick fest auf sein entsetztes Gesicht gerichtet, stach er ihn in die linke Brustseite, genau durch das Auge eines der aushenischen Kraniche. Der Stoß sah nicht viel anders aus als ein Ausfall beim Fechten. Er ließ auch nur einen kleinen Blutfleck aufblühen, der fast sogleich von der Hand des Königs bedeckt wurde. Und das war es, es war vollbracht. Eigentlich war es leichter gewesen, als Thasren erwartet hatte.
    Er ließ die Waffe sinken und richtete sich aus seiner geduckten Kampfstellung auf. Reglos stand er inmitten des Kreises der ihn umgebenden Leiber, sowohl der Lebenden als auch der Toten. Ein Dornenkranz aus Schwertspitzen war jetzt auf ihn gerichtet. Blitzschnell hatte die Elitetruppe des Königs ihn umzingelt. Sie hätten ihn auf der Stelle getötet, doch nichts verwirrt übermäßig gut ausgebildete Soldaten so sehr wie unerwartete Tatenlosigkeit. Sie zögerten ihrerseits, und der Attentäter hatte Zeit, sich umzusehen. Sein Blick fiel auf den König, der jetzt an der Wand lehnte und von einer Mauer von Leibwächtern umringt war. Thasren sah dem Monarchen direkt in die Augen und nannte in seiner Heimatsprache seinen Namen, sprach wie eine Heldengestalt aus einer alten Legende. Er erklärte, er sei Thasren Mein, der Sohn des Heberen, der jüngere Bruder von Hanish und Maeander. Er sagte, er sterbe mit freudigem Herzen, denn er habe eine gerechte Tat vollbracht. Er habe den acacischen Despoten getötet. Das sei eine Handlung ohne Tadel, die längst überfällig gewesen sei. Und deswegen habe sich sein Leben erfüllt.
    »Viele werden meinen Namen rühmen«, sagte er auf Acacisch, mit starkem Akzent. »Viele werden mich preisen und mir folgen.«
    Er drückte sich die gebogene Dolchspitze gegen seinen Hals und riss die Klinge mit einem sauberen Schnitt

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