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Acacia

Titel: Acacia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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Amt bekleidete. Die Akaran aber ignorierten sie nahezu. Es ärgerte ihn, dass man von ihm erwartete, in alle Ewigkeit für ein Verbrechen zu büßen, das niemand mehr benennen konnte. Ebenso quälte es ihn, dass man in der Außenwelt den messerscharfen Verstand missachtete, der in seinem verkümmerten Körper wohnte und stets im falschen Moment von seinem Mundwerk im Stich gelassen wurde. Hätten die anderen nur hinter die schwächliche Fassade blicken können, hätten sie längst eingesehen, dass er auf diesem Posten nichts verloren hatte.
    Rialus pflegte gern darauf zu verweisen, dass der Schöpfer die Verdienstvollen belohne, doch bislang waren ihm die göttlichen Mächte den Beweis schuldig geblieben, dass sie sein Vorhandensein überhaupt zur Kenntnis nahmen. Nach zehn Jahren der Missachtung war Rialus anfällig für Intrigen geworden. Der ältere Mein-Bruder hatte sich diese Schwäche rasch zunutze gemacht. Hanish war ein gewandter Redner, ein stattlicher Mann, in dessen blauen Augen sich eine solche Gemütsruhe widerspiegelte, dass man ihm einfach vertrauen musste. Wenn er über den eigenartigen Glauben der Mein sprach, klang es auf einmal ganz überzeugend. Die Welt der Lebenden sei flüchtig, erklärte Hanish, die Macht, welche die Tunishni darstellten, sei hingegen von Dauer. Die Tunishni wurden von allen würdigen Männern seines Volkes gebildet, die einst gelebt und geatmet hätten. Sie bestanden aus deren Lebenskraft, die außerhalb ihrer sterblichen Hüllen verweilte. Sie waren die greifbare Energie ihres Zorns, der Beweis, dass die Toten mehr galten als die Lebenden. Das Leben sei der Fluch, der der Seele auferlegt werde, bevor sie sich zu einer höheren Seinsebene emporschwinge. Das gelte auch für den Körper, der vom Geist in seinem Innern getrennt sei und diesem dennoch alle mögliche Pein bereite. Die Lebenden fesselten die Toten an sich und machten ihnen durch Unwissenheit das Leben nach dem Tod zur Last, das doch eigentlich die süße Erfüllung der Lebensreise sein sollte. Die Ahnen, so behauptete Hanish, flehten ihn an, sie von ihren Qualen zu erlösen.
    Als der Gouverneur sich erkundigt hatte, was die Tunishni denn wollten und wie genau man sie von ihrem Leid erlösen könne, hatte ihm Hanish die Schulter gedrückt wie einem alten Freund. Er besaß die Angewohnheit, übergangslos von einer ernsten Unterhaltung zum leichten Plauderton überzugehen. »Das haben sie mir noch nicht verraten«, meinte er. »Doch ich weiß, dass sich in der Welt der Lebenden etwas ändern muss. Das ist meine Lebensaufgabe. Und Ihr, Rialus Neptos, seid ein Mann meines Feindes.«
    Auch das sagte er leichthin, doch die Liste der unter acacischer Hegemonie verübten Verbrechen fiel lang aus, wenn sie von Hanish vorgebracht wurde. Welches Volk leide nicht unter ihrer Herrschaft? Angefangen von den bleichen Menschen des Nordens bis zu den schwarzhäutigen des Südens, von Ost nach West, so viele verschiedene Nationen, so viele verschiedene Völker; alle litten unter schweren Ungerechtigkeiten. Viele Generationen hätten unter dem Joch des acacischen »Friedens« gelebt und seien gestorben, die Mein jedoch hätten nie vergessen, wer ihr wahrer Feind sei. Jetzt endlich werde Acacia von einem König regiert, der so schwach sei, dass sie zuschlagen könnten. Hanish hielt Leodan für den schwächsten Herrscher in einer langen Reihe von Thronfolgern. Jetzt jedoch könne ein neues Zeitalter anbrechen, mit einer neuen Zeitrechnung, neuen Vorstellungen von Gerechtigkeit und einer Neuverteilung des Wohlstands, die endlich diejenigen begünstige, die so lange für das Wohl anderer geschuftet hätten. Rialus vermochte darauf nur wenig zu erwidern. Schließlich wusste er selbst am besten, wie hoch Acacia seine Verbündeten besteuerte.
    Rialus konnte sich nicht einmal mehr daran erinnern, wann die Mein-Brüder ihn ins Vertrauen gezogen hatten, doch er erinnerte sich noch gut an seine Skepsis. Hanish behauptete, seine Verbündeten aus den Anderländern seien mächtiger als die Akaran. Sie seien enttäuscht von den Akaran und zürnten Leodan. Sie glaubten, der König wolle die Quote und den Nebelhandel abschaffen. Aus diesem Grund hätten sie über sein Schicksal entschieden. Er würde beseitigt und durch jemanden ersetzt werden, der ihren Wünschen gegenüber aufgeschlossener sei. Hanish behauptete, dies sei seit Tinhadins Zeiten im Laufe der zweiundzwanzig Generationen bereits zweimal geschehen, doch diesmal läge der Fall anders. Der

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