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Acacia

Titel: Acacia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Anthony Durham
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vorteilhaftes Tauschgeschäft gesehen haben. Für ihr Einverständnis verlangten sie nichts weiter als die Zusage, ihnen alljährlich eine gewisse Anzahl von Kindersklaven zu überlassen, ohne Fragen zu stellen und unter der Voraussetzung, dass sie nach Belieben mit den Sklaven verfahren könnten und dass diese Acacia nie wiedersehen würden. Als Gegenleistung boten sie Tinhadin den Nebel an, ein Mittel, so versicherten sie ihm, das seine streitbaren Untertanen besänftigen werde. Die Einzelheiten wurden später ausgehandelt, doch das war der Kern ihrer Vereinbarung. Seitdem waren abertausende Kinder der Bekannten Welt in die Gefangenschaft geschickt worden, und Millionen von Einwohnern des Akaran-Reichs hatten ihr Leben, die Früchte ihrer Arbeit und ihre Träume den flüchtigen Visionen geopfert, die der Nebel ihnen schenkte. Dieselbe Droge, die auch Leodan Akaran allabendlich einatmete. Das war die Wahrheit über Acacia.
    »Forderung?«, wiederholte Leodan nach einer Weile. »Ihr nennt es eine Forderung?«
    »Dem Tonfall nach ist es eine, Herr, ganz gewiss klingt es nach streitbarer Gewissheit.«
    »Die Streitsucht der Lothan Aklun ist nichts Neues«, erwiderte Leodan. »Nichts Neues... Sie haben bereits die Seele meines Volkes in Besitz genommen. Was wollen sie denn noch? Die Lothan Aklun sind nicht besser als das Gesindel, das uns umgibt: die Bergarbeiter, die Händler, die Gilde überhaupt … Ich mag ja niemals einen Lothan Aklun zu Gesicht bekommen haben, aber ich kenne sie gut. Sagt der Gilde, sie soll ihnen folgende Botschaft übermitteln: Die Quote bleibt, wie sie immer war. Die Übereinkunft war nicht zeitlich begrenzt, sie wurde vor meiner Zeit geschlossen und wird mich überdauern; ich werde keinerlei Änderung daran hinnehmen, jetzt oder später.«
    Das sagte er mit großer Entschiedenheit, doch das Schweigen, mit dem Thaddeus darauf reagierte, wurde bald unbehaglich. »Wir sollten noch eine andere Angelegenheit besprechen«, sagte Leodan. »Ich habe einen Brief von Leeka Alain erhalten, dem General der Nördlichen Schutztruppe.«
    »Tatsächlich?« Thaddeus räusperte sich, erst leise, dann hustete er mehrmals laut. »Was hat der General zu berichten?«
    »Es ist ein seltsamer Brief, bedeutungsschwanger, aber vage im Detail. Er wollte wissen, ob seine Botin angekommen sei. Eine gewisse Szara, im Rang eines Leutnants. Offenbar sollte sie eine wichtige Nachricht übermitteln.«
    Thaddeus beobachtete den König. »Habt Ihr die Nachricht erhalten?«
    »Ihr kennt die Antwort. Sie hätte durch Eure Hände gehen müssen.«
    »Gewiss, aber ich weiß nichts davon. Hat Leeka in dem Brief Einzelheiten der Nachricht erwähnt?«
    »Nein. Er hat kein Vertrauen ins geschriebene Wort.«
    »Daran tut er gut. Was geschrieben ist, kann jeder lesen.« Der König ließ träge den Blick schweifen. Er sah den Kanzler an und musterte ihn forschend, von der Droge benebelt, aber durchaus noch zu klarem Denken fähig. Die Miene des Kanzlers wirkte gelassen, allerdings hatte er die Stirn in Falten gelegt. »Ja, mag sein... Ich frage mich, warum er sich nicht an den Gouverneur, sondern gleich an mich gewandt hat. Ich weiß, dass er nicht viel für Rialus Neptos übrighat; ich übrigens auch nicht. Wusstet Ihr, dass Rialus mir mindestens zweimal jährlich schreibt, sich seiner Vorzüge rühmt und andeutet, man solle ihn aus dem Mein abberufen und ihm hier in Acacia eine wichtigere Aufgabe übertragen? Das fehlte gerade noch, dass er hier im Palast Trübsal bläst. Er verweist auf seine reine acacische Abstammung und erklärt, das Klima beeinträchtige seine Gesundheit. Das kann man ihm nicht verdenken, das Mein ist wirklich eine grässliche Gegend... Jedenfalls wünscht Leeka, sich unmittelbar mit mir auszutauschen, und das macht mich neugierig. Wo steckt diese Szara?«
    Thaddeus hob die Schultern bis an die Ohren und ließ sie wieder fallen. »Ich weiß von nichts, doch selbst in diesen friedlichen Zeiten kann allerlei passieren. Wir befinden uns mitten im Winter. Hier heißt das nicht viel, doch im Hochland des Mein herrscht meistens übles Wetter. Wie sollte sie denn reisen? Zu Pferd oder über den Ask?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Leodan.
    »Ich kümmere mich darum«, versicherte Thaddeus. »Schlagt Euch die Angelegenheit so lange aus dem Kopf, bis ich Nachforschungen angestellt habe. Ich schicke einen Gesandten mit bewaffneter Eskorte zu Leeka. Mit Eurer Erlaubnis werde ich ihn mit königlichen Rechten ausstatten,

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