Das Pete Buch 06 - Blitz und Donner solche Luemmel
Erstes Kapitel
DER WUNSCH IST DER VATER DES GEDANKENS!
Ein Kalendersprichwort und ein Horoskop aus dem Tucson Star beflügeln John Watsons Tatendrang — Der Hilfssheriff von Somerset ist anderer Meinung als der Hilfslehrer Clever — Aber der Bauchladenkrämer Anything trifft den Nagel auf den Kopf und verkauft eine „gesiebte" Idee
John Watson, der derzeitige Hilfssheriff von Somerset, schlenderte an einem trüben Sommernachmittag durch das Städtchen, um sein Nase in jeden Winkel hinein riechen zu lassen. Dazu fühlte er sich verpflichtet; denn er befand sich im Dienst! Und er nahm diese Spaziergänge sehr ernst. Was nicht ausschloß, daß er immer wieder über den Sinn eines Sprichwortes nachgrübeln mußte, das er auf dem heutigen Kalenderblatt gefunden hatte und ihm seitdem nicht mehr aus dem Kopf wollte.
„Der Wunsch ist der Vater des Gedankens!"
Was sollte er davon halten? Dieser Spruch gab ihm noch größere Rätsel auf als das Horoskop im Tucson-Star, in welchem immerhin ziemlich eindeutig prophezeit wurde, daß er, der Stier John Watson, heute einen schwerwiegenden Entschluß fassen würde. Wenn er nur ergründen könnte, was dieser geheimnisvolle Satz mit dem Vaterwunsch oder Wunschvater zu bedeuten hatte!
Denken war nicht Watsons stärkste Seite; es wurde ihm manchmal verdammt schwer. Wollte man Pete und seinen Freunden glauben, dann hatte der brave Sheriffsgehilfe mitunter eine mehr als lange Leitung. Es dauerte immer erst ein Weilchen, ehe bei ihm der Cent fiel.
Übrigens war Watson nicht gerade gut gelaunt. Das war bei ihm eine Art Dauerzustand und lag weder am bewölkten Himmel noch daran, daß er aus besagtem Kalenderwort einfach nicht schlau wurde. Wo andere Menschen herzlich lachten, brachte er höchstens ein teuflisches Grinsen zustande, das leicht Pferde scheu machen konnte. Wenn also jemandem in Somerset eine Laus über die Leber gekrochen war, dann pflegten die Leute von diesem zu sagen, er mache ein Gesicht wie John Watson!
Der gute Watson war aber im Grunde genommen kein schlechter Mensch. Es wäre gemein, so etwas von ihm behaupten zu wollen! Er war nur ein Mucker und Miesmacher; ein Mann, der sich selber nicht traute. Seinen guten Kern verbarg er gewissenhaft hinter einer harten Schale aus Angst, ihn verlieren zu können. Wenn er auch nicht zu den Sonntagskindern des Distrikts gehörte und durch sein unausgeglichenes Wesen nicht nur seine, sondern auch seiner Mitmenschen Nerven schon für gewöhnlich allzu oft unnötig strapazierte, in den letzten vier Wochen wurde es mit seiner Nörgelei und Pedanterie immer schlimmer. Er war noch unverträglicher, noch mürrischer geworden, und die Bewohner des Städtchens schlugen lieber gewaltige Bogen, sobald sie seiner ansichtig wurden.
Die Ursache für diese auffallende Verschlechterung im Gemütszustand des Sheriffsgehilfen war wieder einmal der „Bund der Gerechten". Pete Simmers und seine Freunde hatten ihn nämlich gerade während der letzten
vier Wochen mehrere Male so stark blamiert, daß er sich kaum noch sehen lassen konnte, und nun versuchte er, den verlorenen Respekt durch unnötige Schärfe wiederherzustellen. Andererseits aber waren Pete und seine Anhänger durchaus keine unerzogenen und bösartig veranlagten Bengel, die grundsätzlich keiner Amtsperson Achtung entgegenbringen konnten! — Sie konnten es schon, wie ihr Verhalten zu Sheriff Tunker und anderen Honoratioren der Stadt zur Genüge bewies. Aber sie vermochten beim besten Wollen an dem Hilfssheriff Watson nichts zu entdecken, was jemandem Respekt einflößen konnte! Statt die Ordnung zu hüten, verwandelte er sie durch seine Begriffsstutzigkeit und durch übereilte Handlungen nur zu oft in Unordnung. Wo er großzügig sein mußte, war er pedantisch genau, wo Genauigkeit am Platze gewesen wäre, war er von einer erstaunlichen Nachlässigkeit. So hatte Watson die Jungen selber gezwungen, ihm manchen Strich durch die Rechnung zu machen. Meistens hatte er bei derartigen Auseinandersetzungen den kürzeren gezogen ... und sich obendrein lächerlich gemacht, was wiederum die Bewohner von Somerset und Umgebung jedesmal in höchstem Maße begeisterte und erfreute. Nichts konnte auf diese einfachen Menschen lächerlicher wirken als ein Mann ohne Humor.
Während sich also sein „Gesetzes-Auge" immer noch mit den Vorfällen ringsum beschäftigte, arbeitete sein Hirn heute angestrengt, um endlich den Sinn jenes merkwürdigen Sprichwortes zu ergründen, das auf dem Kalender
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