Ach, Herbert (German Edition)
bezahlte Arbeit? Hast Du Dir schon tolle Unterwäsche gekauft?
Ganz liebe Grüße,
Deine Else
6. Juni
Liebe Else,
ich brauche keine tolle Unterwäsche, sondern passende Schuhe. Deshalb habe ich Horst-Joachim noch nicht getroffen. Tolle Unterwäsche habe ich mir mal bei Tchibo gekauft und für besondere Gelegenheiten in den Schrank gelegt. Und solange ich meine neuen Pumps vom Tanz in den Mai noch nicht eingelaufen habe, kann ich Horst-Joachim doch nicht treffen. Und da ich nicht weiß, ob das etwas für länger wird mit Horst-Joachim, investiere ich keinen Cent für neue Schuhe. Irgendwo muss ich ja auch mal sparen, oder?
Dass Du mir rätst, tolle Wäsche zu kaufen, verwundert mich. Machst Du so etwas auch für Herbert? Vielleicht ist das die Lösung gegen Eure Langeweile. Und sich von Herbert mit dem Trecker überfahren zu lassen bringt ja auch nicht wirklich längerfristig Abwechslung.
Von Horst-Joachim mag ich noch nicht so viel erzählen, es ist noch alles so neu und aufregend.
Liebe Grüße,
Deine Anne
16. Juni
Meine liebe Anne,
da hast Du mich auf eine Idee gebracht. Ich war mit Her bert in der Stadt und wollte mir einen neuen BH kaufen. Hab ich viele Jahre nicht gemacht, meine Mutter hatte ja die gleiche Größe wie ich jetzt habe, ihre fleischfarbenen Baumwoll-BHs trage ich jetzt nach ihrem Tod auf. Werde ich auch weiter tun, damit muss Herbert zurecht kommen. Denn der Einkauf eines neues Wäschestücks hat nicht geklappt.
Wir gingen in ein hiesiges Fachgeschäft für Übergrößen. Einer eifrigen Verkäuferin schilderte ich meinen Wunsch. Sie wollte meine Größe wissen und ich sagte ihr, dass ich die BHs meiner mit 92 Jahren verstorbenen Mutter auftra ge und meine Größe nicht weiß. Und dass ich einen schwarzen BH wolle. Mensch, war mir das peinlich so etwas sündiges zu kaufen. Aber wenn es meiner Ehe hilft? Sie guckte mich rundherum an und riet meine Größe. Ich traute mich nicht zu fragen, ob sie das nicht ausmessen könne, das Ganze war mir ja so schon peinlich genug.
Ich ging also in die Kabine mit dem Vorhang und zog mich obenherum aus. Nun lief die gute Dame zu Hochtouren auf und brachte mir eine Menge BHs in der falschen Größe. Jedes mal wenn sie neue Modelle gefunden hatte, riss sie beherzt den Vorhang auf und ich verschränkte schnell die Arme vor der Brust. Schließlich sollte mich nicht jeder im Laden nackt betrachten dürfen und Herbert auch nicht. Die Verkäuferin hatte eine sehr laute Stimme, mit der sie jeden Fehlgriff kommentierte. Als sie wieder einmal den Vorhang aufriss und vorwurfsvoll und lauthals trompetete, dass ich für meine sonstige Fülle aber beachtlich wenig Busen hätte, gab ich es auf. Schließlich saß Herbert vor der Umkleidekabine auf einem Sessel und bekam alles mit. Und bisher war er mit meiner Brust sehr zufrieden, die Verkäuferin sollte ihn nicht auch noch auf dumme Gedan ken bringen. Außerdem hat Mutti mir viele BHs hinterlassen. Die brauche ich gar nicht alle, die kann meine Tochter noch erben. wenn sie will. Basta!
Aber nun mal „Butter bei die Fische“: ich will alles über Horst-Joachim wissen. Und sollte er es wert sein, kauf Dir doch noch ein paar neue Schuhe. Man muss als Frau auch mal investieren.
Ganz liebe Grüße,
Deine Else
PS: Hast Du schon von Analog-Käse gehört?
22. Juni
Liebe Else,
ich bin mir wirklich nicht sicher, ob Deine Tochter die fleischfarbenen Büstenhalter ihrer Oma auftragen will. Da sollte sie als Frau lieber mal selbst investieren. Und braucht sie überhaupt bei ihrer Figur einen BH?
Nun zu Horst-Joachim,
wir mailen immer noch und inzwischen haben wir auch schon telefoniert. Er hat so eine tolle Stimme, irgendwie männlich-arrogant, aber doch verständnisvoll. Ich glaube, ich kaufe mir tatsächlich neue Schuhe. Er will mich nun endlich persönlich kennenlernen.
Er hat mir sogar ein Foto gemailt. Er hat tolle, schwarze Haare, na ja, nicht mehr am ganzen Kopf, aber sein Kranz um die Glatze ist noch recht ansehnlich. Er ist Finanzbeamter, ledig und lebt bei seiner Mutter. Deshalb können wir auch immer erst telefonieren, wenn die alte Dame schläft. An jedem zweiten Wochenende nimmt sein Bruder Hans-Jürgen die Mutter. Da hat er mehr Zeit.
Alles kein Problem nur dieses: Er ist genau so groß wie ich, das bedeutet, ich müsste mir flache Schuhe kaufen. Wenn es also nichts wird mit uns, flache Schuhe würde ich ja nie wieder anziehen.
Ach ja, Analog-Käse ist kein richtiger Käse, sondern
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