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Achilles' Verse - mein Leben als Laeufer

Achilles' Verse - mein Leben als Laeufer

Titel: Achilles' Verse - mein Leben als Laeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Achim Achilles
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nicht überholen.
    Ein Rennen um Leben und Tod beginnt. Ich will mich nicht überholen lassen. Nicht mit mir, nicht mit Achim Achilles. Lieber tot als Zweiter. Aber er hat den psychologischen Vorteil des Verfolgers, des Jägers. Zart beschleunigen, dann wieder hören. Kommt er näher? Riecht er deinen Angstschweiß? Wird er schneller? Oder verschwindet das Beben? Nein. Es kommt näher. Verdammt. Er erlegt dich. Schneller werden. Mist, hilft nicht. Das Schnaufen wird lauter. Peinlich, was der Idiot alles anstellt, nur um einen wie mich zu überholen. Wie mag er aussehen? Übergewicht? Wie alt? Bestimmt hat er eine Glatze.
    Er überholt. Eigentlich sieht er ganz normal aus. Nicht übermäßig sportlich. Etwas jünger vielleicht, T-Shirt von einem Volkslauf in Leipzig. Ossi, wa? Die machen ja aus jedem Läufchen eine Systemfrage. Aber ich will keinen kalten Läuferkrieg. Ich bin zum Entspannen hier. Zum Glück keine Spaziergänger da, die mitleidig gucken. Auf jeden Fall habe ich es ihm schwer gemacht, sehr schwer. Noch 100 Meter und er hätte aufgegeben. Der Arme. Er hat erbärmlich geschnauft. Manche Läufer atmen hochgradig unästhetisch, der speichelnde Hechler zum Beispiel oder ein pfeifender Pressatmer, was ernste Verkrampfungen verrät. Es gibt auch die Schnauber, die wie ein Pferd klingen. Oder Spucker, die alle paar Meter widerliches Zeug ausrotzen.
    Wirklich individuell sind nur die Schritte. Jeder Läufer hat seinen eigenen Klang. Es gibt leichte und schwere Schritte, elegante und stampfende, schlurfende, hüpfende, lange, kurze, schlabberige, eiserne. Kein Schritt ist wie der andere. Meine Schritte zum Beispiel
klingen bestimmt, nicht wirklich leicht, aber kräftig dafür, entschlossen.
    Ein Laufstil ist individuell wie ein Fingerabdruck. Wäre vielleicht eine Zukunftsidee. »Laufen Sie mal ein paar Schritte«, sagen die Grenzer dann bei der Einreise am Frankfurter Flughafen. Der Klang wird direkt vor dem Grenzerhäuschen digital aufgenommen und abgeglichen mit einer Sounddatei, die auf einem Chip im Ausweis gespeichert ist. Schwere Zeiten für Fälscher. Und einen Namen für das neue Dokument gibt es auch schon: Laufpass.

Alleine laufen oder in der Gruppe
    Es gibt wunderbare Laufgruppen. Fidele Herrschaften, stilvoll und angenehm, die die feine Balance zwischen Leistungssteigerung und Wohlfühlatmosphäre pflegen. Es gibt ekelhafte Laufgruppen. Kalte Killer wollen die Mitläufer einfach nur demütigen. Sie riechen nach Latschenkiefer und tragen im November noch kurze Hosen. Schlechte Laune garantiert.
Die Frage, ob Gruppe oder nicht, hängt entscheidend von der Qualität derselben ab. Alleine laufen hat den Vorteil: Ruhe. Nachdenken. Eigenes Tempo. Nachteil: Langeweile. In der Gruppe verhält es sich umgekehrt. Der größte Vorteil einer Gruppe ist die Motivation. Ein Läufchen mit den Kameraden lässt man nicht aus, vor lauter Angst vor den garstigen Kommentaren beim nächsten Mal.

Der leichte Läufer kommt eher ins Ziel. Prima. Aber wenn es doch so gut schmeckt? Neumodische Proteincocktails sind keine Alternative? Im Vergleich dazu mundet selbst Jugendherbergskost wie ein Vier-Sterne-Menü.
    Â 
    Etwas Furchtbares ist passiert. Mona hat mich erwischt. Sie hat breit gegrinst. Es ist eine Katastrophe. Sie wird mich auslachen. Für den Rest unseres Lebens hat sie tödliche Waffen gegen mich in der Hand. Ich überlege auszuwandern.
    Alles begann damit, dass Karl sich den Magen verdorben hatte. Er war am Samstag bei einer Geburtstagsfeier und hatte alles in sich hineingestopft, was Deutschlands chemische Industrie zu bieten hat. Ich war währenddessen natürlich laufen, mit knurrendem Magen. So strikt, wie es mir möglich ist, halte ich mich an meine Diät, die Achim-Methode. Habe ich selbst entwickelt. Eines Tages werde ich sie mir patentieren lassen.
    Grundlage ist die Erkenntnis, dass nicht Fett, sondern Kohlehydrate die wirklichen Dickmacher sind. Nudeln, Brot, Fanta, Reis – alles Gift. Sagt Mona. Und die weiß es aus Amerika. Auf der Liste der Top-Volksfeinde rangieren Kohlehydrate gleich hinter Terroristen und Investment-Bankern.
    Die Achim-Methode vereint nun alle Erkenntnisse der modernen Ernährungswissenschaft: Kohlehydrate sind der Treibstoff für die
Muskelmotoren. Nimmt der Ausdauersportler, ich zum Beispiel, trotz harten Trainings keine Kohlehydrate zu sich, lernt der

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